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Bayern

Atomausstieg steht bevor: Steigen die Strompreise?

Die Abschaltung der letzten deutschen Atomkraftwerke könnte laut einem bayerischen Fachverband die Strompreise beeinflussen.

Allerdings ist laut dem Experten kein Anstieg der Preise zu erwarten, sondern ein anderer Effekt.

Das bt hat mit dem Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft (VBEW) und den Bayreuther Stadtwerken über die Auswirkungen des Atomausstiegs gesprochen.

Letztes bayerisches Atomkraftwerk wird abgeschaltet

Die Bundesregierung will die drei letzten deutschen Atomkraftwerke am kommenden Samstag, am 15. April 2023, abschalten. Eines davon, das Kraftwerk “Isar 2”, steht in Niederbayern. Welche Auswirkungen wird der Ausstieg auf die Stromversorgung und die Preise in Bayern haben?

“Die Strompreise werden durch den Ausstieg voraussichtlich nicht weiter steigen”, sagt VBEW-Vorstand Detlef Fischer gegenüber dem bt. Auswirkungen auf den Preis sind ihm zufolge trotzdem zu erwarten. Der Strompreis ist an den Börsen zuletzt gesunken. Diese “fallende Tendenz der Preise wird wohl etwas abgeschwächt”, so der Verbandsvorstand.

Dämpfer beim Preissturz

Der Strompreis wird also nach Einschätzung des Experten wahrscheinlich weiter sinken – aber nicht so stark, wie es mit der Atomkraft geschehen würde.

Der Atomausstieg hat aus seiner Sicht aber eine andere gravierende Auswirkung auf ganz Bayern. Lesen Sie auch: Das sollten Bayreuther Fahrgäste über das 49-Euro-Ticket wissen.




Bayern wird abhängiger

Das letzte verbliebene bayerische Kernkraftwerk, Isar 2, sorgt laut VBEW-Vorstand Fischer für rund 15 Prozent der bayerischen Stromproduktion. Das Abschalten erhöhe die Abhängigkeit Bayerns. “Bayern ist von einem Strom-Exporteur zu einem Strom-Importeur geworden”, so Fischer.

Künftig müsse der Freistaat im Winter etwa ein Drittel seines Stroms importieren. “Das funktioniert so lange, wie uns die anderen Bundesländer und auch das Ausland mit Strom versorgen können.”

Wie die Atomkraft ersetzt wird

Laut Fischer habe man den Fehler gemacht, die Kernkraftwerke nicht ausreichend zu ersetzen. “Einige dachten, wir machen das mit Photovoltaik-Modulen und Windrädern. Aber so einfach ist das nicht.” Denn bisher könne man den Strom nicht ausreichend speichern – für die Nacht und windstille Zeiten.

Nun müssten Gas- und Kohlekraftwerke mehr Strom produzieren, um die Kernkraft zu ersetzen. Das sei teurer, so Fischer – und stoße CO2 in die Atmosphäre ab. Eine gleichzeitige Abkehr von Atomkraft und fossilen Energien hält er derzeit für nicht machbar. Außer, wenn die Gesellschaft bereit wäre, ihren Lebensstandard zu ändern.

“Wenn eine Gesellschaft bereit ist, Einschränkungen oder neudeutsch ‘flexibles Nachfrageverhalten’ beim Stromverbrauch hinzunehmen, kann sie auf fossile Energieträger und Kernkraft verzichten”, sagt der Verbands-Vorstand. “Aber wir sind nicht mal bereit, höhere Preise zu zahlen.”

Die Folgen für die Industrie

Bei manchen Branchen, etwa bei den Automobilzulieferern, würden die Stromkosten etwa ein bis zwei Prozent der Gesamtkosten ausmachen, so Fischer. Da seien die hohen Preise ärgerlich, aber zu verkraften. Energieintensive Unternehmen wie Stahlhersteller oder die Chemieindustrie hingegen hätten laut Fischer trotz sinkender Preise noch immer “existentielle Probleme”.

Nun sei es aber nicht mehr sinnvoll, über Atomkraftwerke zu diskutieren, so Fischer, das hätte man vor gut zehn Jahren intensiver machen müssen. Heute sei ein Wiedereinstieg in die Kernkraft ohnehin nicht möglich – denn das nötige Fachwissen ist laut ihm verloren gegangen. “Wir wissen gar nicht mehr, wie die Herstellung der entscheidenden Komponenten funktioniert.”

Bayreuther Stadtwerke: “Nicht-Effekt” zu erwarten?

Bei den Bayreuther Stadtwerken kostet die Kilowattstunde Strom derzeit 45,14 Cent. Ob der Atomausstieg den Arbeitspreis ändern wird, ist laut den Stadtwerken schwer einzuschätzen. Grundsätzlich habe der Atomausstieg seit 2011 “die Beschaffungskosten in der Vergangenheit nicht signifikant steigen lassen”, heißt es auf bt-Anfrage. “Preistreiber waren im Zeitraum von 2011 bis 2019 vielmehr die staatlich induzierten Preisbestandteile wie Steuern, Abgaben und Umlagen.”

Das müsse aber nicht heißen, dass es auch diesmal so sein wird, so die Einschätzung der Stadtwerke. “Ob sich dieser Nicht-Effekt nach der Abschaltung der drei letzten deutschen Kernkraftwerke am 15. April wiederholt, können wir angesichts der extremen Verwerfungen an den Energiemärkten im vergangenen Jahr nicht beurteilen.”