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Schule/Bildung

Elternbeiräte aus Oberfranken schreiben Brandbrief an Söder: „Es reicht uns einfach!“

In einem Brief haben Elternbeiräte aus Oberfranken an Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) geschrieben. Sie sind mit der Situation an Schulen nicht einverstanden. 

In einem offenen Brief fordern Elternbeiräte aus Oberfranken klare, für alle transparente und sinnvolle Maßnahmen und Konzepte, wie nach dem Lockdown die Rückkehr in den Präsenzunterricht erfolgen soll. Die aktuellen Corona-Zahlen aus Oberfranken gibt es hier. 

Elternbeiräte aus Oberfranken schreiben Brandbrief an Söder: Eltern stellen Forderungen

Im offenen Brief stellen die Eltern die großen Herausforderungen von Corona für Schüler, Lehrer und Eltern heraus. Dabei seien die „Schonfristen“ für Schüler und Lehrer seitens des Kultusministeriums nicht ausreichend berücksichtigt worden. Es sei nicht möglich, die durch das Homeschooling entstandenen Lerndefizite auch nur annähernd ausgleichen zu können. Die Lehrpläne seien zum Beispiel nicht ausreichend entschlackt worden. Zudem habe der Notendruck am Anfang des Schuljahrs keine Zeit zum Wiederholen, Intensivieren und Vertiefen des Stoffs aus dem letzten Schuljahr gelassen, als die Schüler ebenfalls zu Hause lernen mussten.

„Erstes Ziel zum Schuljahresbeginn und auch jetzt in der folgenden Zeit MUSS es sein, alle Schüler wieder auf ihr individuelles zufriedenstellendes Lernniveau zu bringen. Für ALLE Schüler, auch im Hinblick auf die unterschiedliche Unterstützung seitens der Familie oder technischer Ausstattung während des Homeschoolings, muss die Möglichkeit geschaffen werden, pandemiebedingte Lernrückstände aufholen zu können.“

(Elternbeiräte aus Oberfranken schreiben einen offenen Brief an Markus Söder)

Elternbeiräte kritisieren Kultusministerium: „Keine sinnvollen und klaren Konzepte“

Hierbei sei es nicht ausreichend und völlig unbefriedigend, eine freiwillige Wiederholung des Schuljahres ohne Anrechnung auf die Ausbildungszeit anzubieten, heißt es im offenen Brief weiter. Die Maßnahmen des Kultusministeriums nach den Sommer- und Herbstferien 2020 hätten bei Schülern, Eltern und Lehrern zu Unsicherheit und Stress geführt.

Es gebe keine sinnvollen und klaren Konzepte, wie der versäumte Stoff jemals aufgeholt werden oder im Lockdown vermittelt werden könne, schreiben die Elternbeiräte weiter. „Die den Schulen vorliegenden Rahmenkonzepte reichten einfach nicht aus oder führten nicht weit genug.“

Die mühevoll erarbeiteten Konzepte der jeweiligen Schulen seien dann im Dezember durch „unerwartete Alleingänge und Schnellschüsse“ des Kultusministeriums ausgehebelt worden.

„Kurzum…es reicht uns einfach!!!“

(Elternbeiräte aus Oberfranken lassen ihrem Unmut freien Lauf)

Eltern stellen Forderungen und bringen Lösungsvorschläge an

Daher stellen die Eltern nun Forderungen. Sie wollen klare, transparente und sinnvolle Maßnahmen und Konzepte, wie nach dem aktuellen Lockdown bei der Rückkehr in den Präsenzunterricht mit dem im Homeschooling erarbeiteten Stoff umgegangen werden soll. Dabei bringen die Eltern folgende Lösungsvorschläge an:

  1. Genehmigung unlimitierter und bezahlter Intensivierungsstunden für die Fachlehrer für jede Schule, anhand des tatsächlichen Bedarfs der Schule. Diese Intensivierungsangebote vor allem in Mathematik und allen Fremdsprachen sollten der Schülerschaft auf freiwilliger Basis zur Verfügung gestellt werden und außerhalb des normalen Unterrichtsbetriebes stattfinden. Lehrer könnten anhand ihrer Einschätzungen Empfehlungen abgeben, bei welchem Schüler sie eine Teilnahme für sinnvoll halten, wobei eine grundsätzliche Teilnahme allen Schülern auch flexibel im laufenden Schuljahr ermöglicht werden sollte.
  2. Vorübergehende deutlichere Lehrplanentschlackung in allen Vorrückungsfächern, um auch im Pflichtunterricht versäumten Schulstoff in kleinen Dosen zumindest wiederholen und vertiefen zu können. Vom Kultusministerium für alle Jahrgangsstufen vorgegeben, für alle gleich verbindlich!
  3. Die bereits genehmigte Reduzierung der großen Leistungsnachweise sind ein Schritt in die richtige Richtung und müsste unserer Meinung nach deutlich über das laufende Schuljahr hinaus gewährleistet werden. Wir wünschen uns eine Reduzierung über die derzeitigen Möglichkeiten hinaus. Zudem erscheint eine Anpassung der Notenschlüssel bei den großen Leistungsnachweisen an das tatsächliche, durchschnittliche Leistungsniveau der jeweiligen Schulklasse zweckmäßig, um Druck von Lehrern und Schülern zu nehmen und eine sinnvolle Akklimatisierung nach CORONA zu gewährleisten. Damit jeder Schüler wieder beim eigenen, individuellen Leistungsstand ankommen darf.

„Schüler dort abholen, wo sie stehen“

Die Elternbeiräte fordern nun, die Schüler da abzuholen, wo sie nach der Pandemie stehen. Ein „Business as usual“ sei nicht sinnvoll. „Dies birgt nämlich die große Gefahr, schwächere Schüler auszusortieren und nach unten fallen und alleine auf ihrem Weg zurückzulassen.“ Es sei nun höchste Zeit, dem Frust und der Demotivation an den Schulen entgegenzuwirken.

Des Weiteren wäre es der absolut falsche Weg, bei schulischen Angeboten wie Arbeitsgruppen, Wahlfächern, Wandertagen oder Klassenfahrten zu kürzen oder diese gar ganz zu streichen, um die Lücken des versäumten Stoffes hierüber zu schließen, um so zulasten unserer Kinder Geld und Zeit für den Kraftakt der Corona-Folgen freizumachen. Es solle nicht vergessen werden, dass Schule mehr ist als pure Wissensvermittlung und Notenerhebung.

„Herr Dr. Söder, wir möchten mit diesem Brief keine Kritik an unseren Schulen üben. Im Gegenteil alle Schüler, Lehrer und Eltern waren bereit, sich der großen Herausforderung CORONA beständig zu stellen. Und alle haben sich nach bestem Wissen und Gewissen der täglichen „Homeschoolingfront“ gestellt und waren dabei auch solidarisch mit der Gesellschaft. Jetzt ist es an der Zeit, dass sich die bayerische Staatsregierung bzw. das Kultusministerium, mit Schülern, Eltern und Lehrern solidarisch zeigt.“

(Kritik von Oberfrankens Elternbeiräten)

Die aufgeführten Probleme seien systemischer Natur. Zu wenig Lehrer und damit einhergehend fehlende Lehrerstunden seien ein Problem, das schon lange vor Corona bekannt gewesen sei. Nun würde es gravierender denn je auffallen. Jetzt, vor der Rückkehr in den Präsenzunterricht, müssten angemessene, klaren Maßnahmenpakete und Konzepte, die auch den Gegebenheiten vor Ort Rechnung tragen, auf den Weg gebracht werden.

Das Schreiben wurde von Elternbeiräten aus verschiedenen Städten Oberfrankens erstellt. Aus Bayreuth waren Eltern des RWG und des GMG beteiligt.

Bayreuther Tagblatt - Redaktion

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