Zuletzt aktualisiert am

Bayreuth

Sterbebegleitung in Bayreuth: “Wir sind das letzte Gasthaus”

Sterbebegleitung kann hart, aber erfüllend sein. Das Bayreuther Albert-Schweitzer-Hospiz arbeitet seit 2008 mit todkranken Menschen.

Der Leiter des Bayreuther Albert-Schweitzer-Hospizes hat im Gespräch mit dem bt von seiner Arbeit berichtet.

Sterbebegleitung ist oft anders als man denkt

“Die Angehörigen sind oft überrascht, dass es bei uns doch oft freundlicher zugeht, als man es von der Arbeit in der Sterbebegleitung vielleicht erwarten würde”, sagt Andreas Hummel. Er arbeitet bereits seit 15 Jahren im Bayreuther Albert-Schweitzer-Hospiz und ist inzwischen der Leiter.

Was in der Sterbebegleitung besonders wichtig ist: auf die Bedürfnisse der Gäste einzugehen. “Unheilbar kranke Menschen haben einfach auch sehr andere Bedürfnisse, an die sich unser Pflegeangebot auch anpassen muss”, sagt Hummel. Da das Hospiz nur jeweils zehn Gäste gleichzeitig betreut, kann die Betreuung auch um einiges individueller erfolgen.

“Wir versuchen auch immer wieder auf letzte Wünsche unserer Gäste so gut es geht einzugehen, manchmal auch in Kooperation mit dem Wünschewagen”, erklärt Hummel. So konnte zum Beispiel eine Frau noch ein letztes Mal mit ihrer Familie nach Bamberg. Einem weiteren ehemaligen Gast erfüllten sie den Wunsch, ein Konzert der Kastelruther Spatzen zu besuchen.

Zwischen Mitgefühl und Distanz

Eine Arbeit, bei der man jeden Tag mit dem Tod konfrontiert ist, das ist etwas, was sich viele Menschen nicht für ihren Arbeitsalltag wünschen. “Man braucht für diesen Job natürlich auch eine gewisse Einstellung. Aber es hilft oft schon, wenn man sieht, wie sehr wir mit unserer Arbeit den Angehörigen helfen”, erklärt Hummel.

Mitgefühl gehöre bei der Arbeit im Hospiz natürlich dazu, so Hummel. Gleichzeitig müsse aber auch ein gewisser Abstand zu den Angehörigen und auch zu den Gästen selbst gewahrt werden. “Wir dürfen nicht zu sehr involviert sein, weil es uns sonst zu sehr beeinflusst.”

Patient als “Gast”

Die Patienten des Albert-Schweitzer-Hospizes bezeichnen die Pfleger immer lieber als Gäste. “Das hat vor allem historische Gründe. Früher waren Hospize ja im Endeffekt Herbergen, die auch schwerkranke Menschen betreut haben. Um auch den Unterschied zwischen Krankenhaus und Hospiz zu bewahren, sprechen wir also von Gästen”, erklärt Hummel.

Das letzte Gasthaus

“In der Belegschaft kam irgendwann mal der Spruch auf, wir sind das letzte Gasthaus der Menschen, die wir hier aufnehmen”, so beschreibt Andreas Hummel seine Einrichtung. Hospize sind Einrichtungen für Menschen mit unheilbaren Krankheiten im Endstadium. “Das bedeutet, so gut wie alle Gäste, die wir aufnehmen, verlassen das Hospiz nicht wieder”, erklärt Hummel.

Ebenfalls wichtig ist der Unterschied zu einem Alten- oder Pflegeheim. Auch wenn man beim Betreten des Hospizes erst einmal an ein Altenheim denkt, ist der Unterschied groß. “In einem Altenheim ist der Aufenthalt natürlich länger als bei uns. Außerdem kommen zu uns nicht nur alte Menschen, sondern Menschen jeder Altersgruppe, ausgenommen von Kindern”, sagt Hummel.

Ein Hospiz hat letztlich die Aufgabe, die Nachversorgung nach dem stationären Aufenthalt durchzuführen. Wichtig dabei ist, dass es hier nur noch darum geht, Schmerzen und Symptome zu lindern. “Wir im Hospiz können keine lebenserweiternden Maßnahmen durchführen”, so Hummel.

Wer darf ins Hospiz?

Im Hospiz werden nur unheilbar kranke Menschen aufgenommen. “In unserem Fall sind davon fast 90 Prozent Tumorpatienten”, erklärt Hummel. “Man muss natürlich auch immer betrachten, wer genau bei uns aufgenommen wird”. Menschen, die in Hospizen betreut werden dürfen, sind nicht nur unheilbar krank, sondern leiden weiterhin unter bestimmten Symptomen, die eine Pflege zu Hause oder in einem Pflegeheim unmöglich machen.

Über einen möglichen Hospizaufenthalt entscheidet am Ende aber die Krankenkasse. “Wir hatten bisher immer ein sehr gutes Verhältnis zu den Kassen, also auch nie wirklich den Fall, dass es zu einer Diskussion kam, ob jemand bei uns seine letzten Tage oder Wochen verbringen darf”, erklärt Hummel.

“Es kommt aber auch immer auf die Situation an”, sagt der Leiter. “Wer Hilfe bei der Pflege eines todkranken Angehörigen benötigt, kann jederzeit bei uns oder auch einem anderen Hospiz kostenfrei anfragen.”