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Coronavirus

Weniger als 25 Prozent erhalten Corona-Tests auf der Arbeit: Experten fordern Testpflicht in Betrieben

Corona-Tests in Betrieben scheinen kaum Anklang zu finden. Deshalb fordert eine Expertin eine Testpflicht.

Corona-Schnelltests in Betrieben sollten das Infektionsgeschehen beherrschbar machen. Bereits der Bund-Länder-Beschluss vom 3. März nimmt hierfür auch die Arbeitgeber in die Pflicht: Unternehmen sollen allen in Präsenz Beschäftigten mindestens einmal pro Woche einen kostenlosen Schnelltest anbieten. Das ist nach einer aktuellen Studie allerdings in weiter Ferne.

Nur jeder vierte Arbeitnehmer erhält Corona-Test

Trotz eindringlicher Appelle aus der Politik, von Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften läuft das Testprogramm bisher nur schleppend an: Nur 23 Prozent der befragten Beschäftigten berichteten in der zweiten Märzhälfte, dass alle Präsenzbeschäftigten in ihrem Betrieb schon mindestens einmal pro Woche einen Schnelltest machen können. Zu diesem Ergebnis kommt eine Auswertung von 2.832 Datensätzen des Portals Lohnspiegel.de, das vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung betreut wird.

Weiter ergeben die Zahlen: Für 6 Prozent werden Schnelltests zwar schon angeboten, jedoch noch nicht im vorgesehenen Umfang. Weitere 17 Prozent geben an, dass der Arbeitgeber die Einführung von Schnelltests bereits angekündigt, aber noch nicht umgesetzt hat.

Für die Mehrheit (54 Prozent) gebe es hingegen weder betriebliche Schnelltests, noch seien diese angekündigt.

Expertin fordert verpflichtende Corona-Tests in Betrieben

„Corona-Schnelltests sind überall dort eine sinnvolle Ergänzung für den betrieblichen Gesundheitsschutz, wo Beschäftigte nicht von zu Hause arbeiten können“, sagt Dr. Elke Ahlers, WSI-Expertin für Arbeit und Gesundheit. „Sie können helfen, Ausbrüche am Arbeitsplatz frühzeitig zu erkennen oder ganz zu unterbinden.“

Allerdings sind betriebliche Schnelltests für Präsenzbeschäftigte auch mit dem Bund-Länder-Beschluss vom 22. März noch nicht verbindlich eingeführt worden. Stattdessen setzt die Politik bei den Unternehmen weiter auf Freiwilligkeit. Aus dem deutschen Arbeitsschutzgesetz ergebe sich jedoch schon jetzt eine allgemeine Fürsorgepflicht, betont Ahlers. Danach ist der Arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu treffen und diese an sich ändernde Gegebenheiten anzupassen. Die Kosten hierfür hat der Arbeitgeber zu tragen.

Corona-Tests in Betrieben: “enttäuschend gering”

„Die Lage ist eindeutig: Corona-Schnelltests sind inzwischen breit verfügbar und es gibt keinen guten Grund, diese nicht auch flächendeckend einzusetzen“, so WSI-Expertin Ahlers. „Ein Verweis auf die Kosten taugt jedenfalls nicht als Entschuldigung – zumal diese verhältnismäßig gering sind“, sagt Ahlers.

„Die enttäuschend geringe Umsetzungsquote zeigt, dass eine verbindliche Regulierung notwendig ist, die eine konsequente und rasche Einführung von betrieblichen Schnelltests garantiert“, so Ahlers. „Nur so können die Gesundheit der Beschäftigten und lückenlose betriebliche Abläufe sichergestellt werden.“ Sachsen und Berlin sind diesen Schritt schon gegangen und haben für Betriebe mit Präsenzbeschäftigten ein Testangebot zur Pflicht gemacht.

Das Robert-Koch-Institut führt die bundesweit hohen Fallzahlen in seinem täglichen Lagebericht neben Ansteckungen in privaten Haushalten zunehmend auch auf zahlreiche Häufungen in Kitas, Schulen und im beruflichen Umfeld zurück. „Deswegen ist es wichtig, dass nicht nur in Kitas und Schulen regelmäßig getestet wird, sondern auch in den Betrieben“, so Ahlers. „Wenn Infektionsketten am Arbeitsplatz unerkannt bleiben, bringen die Beschäftigten das Virus mit nach Hause in ihre Familien – und von da aus tragen es die Kinder weiter in ihre Kita oder Schule.“

Informationen zur Mess-Methode Bon WSI

Für die Analyse wurden 2832 Datensätze ausgewertet, die zwischen dem 15. März und dem 31. März 2021 im Rahmen einer kontinuierlichen Online-Erhebung vom WSI-Portal Lohnspiegel.de erhoben wurden. In der Auswertung nicht berücksichtigt wurden Beschäftigte, für die Corona-Schnelltests im Betrieb etwa aufgrund von Homeoffice nicht relevant sind. Die Umfrage ist nicht-repräsentativ, erlaube aber aufgrund der hohen Fallzahlen detaillierte Einblicke in die Arbeitsbedingungen in Deutschland. Lohnspiegel.de ist ein nicht-kommerzielles Angebot der Hans-Böckler-Stiftung.

Bayreuther Tagblatt - Redaktion

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