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Politik

Bayreuther Politiker bestehen auf Plakate zur Wahl: “Wer nicht wirbt, stirbt”

Vor der Bundestagswahl: Nach dem Haupt- und Finanzausschuss hat der Bayreuther Stadtrat am Mittwoch (30. Juni) die Wahlplakatierung und -werbung im Stadtgebiet diskutiert – und entschieden.

Die Bundestagswahlen 2021 stehen bald an. Nach dem Haupt- und Finanzausschuss hat sich heute (30. Juni) nun der gesamte Bayreuther Stadtrat mit einem Antrag zum Verbot der Einzelplakate befasst. Schon im Vorfeld der Kommunalwahl 2020 wurde in Bayreuth über Wahlplakate gestritten.

Update: 30. Juni 2021: Einzelplakate im Bundestagswahlkampf in Bayreuth weiterhin erlaubt

Auf Antrag von CSU-Stadtrat Dr. Michael Hohl dürfen in den letzten sechs Wochen (ab Montag, 16. August 2021) vor Wahltermin je Partei insgesamt 100 Einzelplakate im Stadtgebiet anbringen. Dafür machte sich die Mehrheit der 43 stimmberechtigten Stadträte stark.

Vorher haben Thomas Bauske (SPD) und Christopher Süss (JB) ein Verbot solcher Einzelplakate beantragt. 18 Räte jedoch stimmten für das Verbot, das sich jedoch nicht durchsetzte.

Die Antragsteller Thomas Bauske (SPD) und Christopher Süss (JB) halten an ihren Anträgen fest, wie Bauske im Stadtrat ankündigte. Laut Rechtsrefererent und berufsmäßigem Stadtrat Ulrich Pfeifer seien zusätzliche große Sonderanschlagstafeln denkbar, wenn Einzelplakate nicht mehr das Gebot der Stunde sein sollten.

Plakatierer der ersten Stunde in Bayreuth wollen Einzelplakate abschaffen

FDP-Fraktionsvorsitzender Thomas Hacker: “Plakate dienen nicht nur der Befriedigung des eigenen Egos, sie weisen auch darauf hin, dass Wahlen stattfinden.” Die Bürgern solltem demnach eindringlich darauf hinweisen, dass Wahlen stattfänden, die größte gesellschaftliche Relevanz hätten. An Einzelplakaten solle festgehalten werden, eine Reduzierung auf beispielsweise 80 Plakate sei denkbar. Süffisant merkte er an Antragsteller Christopher Süss an, dass es das Junges Bayreuth gewesen sei, dass in Bayreuth einst mit der wilden Plakatiererei begonnen habe.

Widerrede von Christopher Süss: “Man kann sein Handeln auch neuen Zeiten anpassen, auch unter Umweltgesichtspunkten. Vor 25 Jahren war von Social Media noch keine Rede, nun haben wir sie.” Entsprechend sei es legitim das eigene Denken und Handeln im Laufe der Zeit zu hinterfragen – so wie beim Jungen Bayreuth

Social Media als Ausgrenzung im Wahlkampf?

Tobias Peterka: “Gerade für Autofahrer in einer Bezirkshauptstadt sei es wichtig für Autofahrer zu sehen, dass Wahlen seien. Zum Thema Social Media: Wir haben die gleiche Reichweite wie alle anderen Parteien zusammen.” Er appellierte an den Erhalt der Einzelplakate.

“Es ist wichtig, die zur Wahl stehenden Kandidaten sehen zu können – auch außerhalb der Social Media”, sagt Dr. Silke Launert. Nicht jeder hätte Zugang zu Social Media, insbesondere ältere Mitbürger. So könnte auch Ausgrenzung entstehen. Ihre Fraktionskollegin Stephanie Anna Kollmer stimmte ihr zu, Fraktionskollege Helmut Parzen ebenso. “Wer nicht wirbt, der stirbt” sagt er in Bezug auf Wahlkampf entlang den Straßen in Bayreuth.

Einzelplakate im Wahlkampf gegen die soziale Schere

Halil Tasdelen (SPD) widersprach Anna Maria Kollmer. Die Demokratie sei in Bayreuth demnach nicht allein an der Anzahl der Einzelplakate zu sehen. Anders formulierte es Dr. Oliver Ponsel: “Wer mit Inhalten überzeugt, der ist weniger auf Plakate angewiesen.

Kasten Schieseck sprach für die BG: Man müsse bedenken, dass sich nicht alle Leute eine Zeitung leisten könnten oder wollten. Gleiches gelte für digitale Medien. Entsprechend müssten Informationen im Wahlkampf auch über die Straße transportiert werden. Eben in Form von Einzelplakaten.

Haupt- und Finanzausschuss vom 23. Juni 2021: Wahlplakate in Bayreuth

Die Stadt Bayreuth sollte eine neue Richtlinie zur Wahlplakatierung und Wahlwerbung im Stadtgebiet umsetzen. Sollte. Die Mitglieder des Finanz- und Hauptausschusses haben am Mittwoch (23.6.2021) mit unerwartetem Ergebnis diskutiert.

Einzelplakate sollen verboten werden. Dafür machen sich die Stadtratsfraktionen SPD und Junges Bayreuth stark. In ihrem gemeinsamen Antrag begründen die beiden Fraktionsvorsitzenden Thomas Bauske (SPD) und Christopher Süss (JB) das geforderte Verbot.

In einer vorherigen Sitzung beschäftigte sich der Haupt- und Finanzausschuss auf den Antrag eines CSU-Mitglieds hin mit der Attraktivität der Bayreuther Innenstadt.

Wahlplakate in Bayreuth: Deshalb sollen Einzelplakate verboten werden

Bauske und Süss begründen ihren Antrag mit Beobachtungen beim letzten Kommunalwahlkapf 2020. Demnach würden “durch Regen und Wind viele Plakate auf Straßen, Wege und in die Natur transportiert. Dies bedeutet ein ständiges Nachplakatieren und eine Verhüllung der Stadt. Eine “Vermüllung der Stadt” liegt laut Bauske klar auf der Hand. Bauske selbst gehört nicht dem Ausschuss an, war als Gast aber in der Sitzung anwesend.

“Umweltschädlicher Müll” seien diese Einzelplakate laut seines Mitantragstellers Christopher Süss. Sonderanschlagtafeln seien “eleganter und gerechter” als die bisherige Lösung der Einzelplakate.

Einzelplakate in Bayreuth verbieten? Verwaltung macht Alternativvorschlag

Der berufsmäßige Stadtrat und Rechtsreferent Ulrich Pfeifer ordnete den Stellenwert der aktuell geltenden Verordnung ein. “Die Richtlinie orientiert sich an Richtlinien der vorausgegangenen Wahlen und den damit gemachten Erfahrungen.” Er könne die Argumentation Bauskes und Süss’ nachvollziehen.

Entsprechend warb Pfeifer für Alternativen zu den Einzelplakaten. “Acht zusätzliche Großplakatwände sollen im Stadtgebiet aufgestellt werden. Damit wären wir bei insgesamt 45 Plakatwänden.” Ihm zufolge könnten sich Parteien auch ohne Einzelplakate gut präsentieren. Die Menge der Plakate im Vorfeld der letzten Kommunalwahlen nannte er gar “Wildwuchs” im Stadtgebiet.

Verbot als “stumpfes Schwert?”: Diese Fraktionen wollen weiterhin Einzelplakate in Bayreuth

CSU-Stadtrat Dr. Michael Hohl sah das anders. “Parteien und deren Kandidaten müssen sich präsentieren können. Dazu gehören auch solche Einzelplakate. Bei einer Wahl handelt es sich um die wichtigste Entscheidung einer Demokratie.” Entsprechend kündigte er die Ablehnung des Verbots seiner CSU-Fraktion an.

In die gleiche Kerbe schlug auch Frank Hofmann (BG). “Ich stehe beim Kollegen Hohl”, sagte er und kündigte ebenfalls die Ablehnung vonseiten der BG an. Oberbürgermeister Thomas Ebersberger versuchte sich an einer Vermittlung der gegenüberstehenden Lager. “Ich habe Verständnis für den Antrag”, sagte er. Dann folgte das große Aber. “Aber ich habe massive Zweifel an der Durchführbarkeit, was das Wahlrecht betrifft.” Er befürchtete, dass ein solches Verbot der Einzelplakate nicht mehr sei als ein “stumpfes Schwert”. Zumal er wegen der Umsetzung der Kleinstparteien Probleme sehe. Ebersberger stellte sich damit gegen den berufsmäßigen Stadtrat Pfeifer, der unter anderem für die öffentliche Ordnung zuständig ist.

Verbot von Wahlplakaten: Überraschendes Ergebnis, überraschende Lösung

Ebersberger schlug eine getrennte Abstimmung über die Punkte der Richtlinie zur Wahlplakatierung und Wahlwerbung vor. Und so kam es auch. Alle Punkte bis auf den strittigen Punkt “Einzelplakate” wurden einstimmig zur Entscheidung an den Stadtrat weitergereicht.

Dann kam Punkt 7 der Richtlinie: die Einzelplakate. Acht Ausschussmitglieder stimmten für das Verbot, acht dagegen. Pfeifer stellte etwas überrascht fest: “Der Verwaltungsvorschlag ist abgelehnt. Es ist keine Mehrheit zustande gekommen.”

Um die Rückstände der Plakate nach dem Wahlkampf zu minimieren, mahnten sowohl Pfeifer als auch Ebersberger die Parteien an, ihre Plakate sorgfältig und zeitnah abzuhängen. Es sei nicht am Stadtbauhof, diese Arbeit auch noch zu übernehmen, so Pfeifer. Falls jemand besonders gewissenhaft Plakate abhänge und entsorge, so könne der auch “ein heruntergefallenes Plakat einer anderen Partei entsorgen. Das ist keine Straftat.”

Seit einigen Tagen sorgt ein Plakat ganz anderer Art in Bayreuth für Aufsehen.

Jürgen Lenkeit

 bt-Redakteur Online/Multimedia
Jürgen Lenkeit