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Gesundheitsversorgung
Bayreuther Gesundheitsversorgung bedroht: „Für die Bevölkerung gefährliche Situation“
von bt-Redaktion
Der BRK-Kreisverband Bayreuth schlägt Alarm angesichts der aktuellen Situation im Rettungs- und Gesundheitswesen der Region.
Der Bayreuther Kreisverband des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) warnt vor einem akuten Notstand in der Gesundheitsversorgung der Region.
Der Kreisverband hat eine alarmierende Mitteilung veröffentlicht.
Versorgung in Bayreuth gefährdet
„Ohne ein umgehendes Eingreifen der politisch Verantwortlichen droht im Raum Bayreuth der Gesundheits- und Pflegenotstand“, sagt BRK Bayreuth-Geschäftsführer Markus Ruckdeschel. Der BRK-Kreisverband Bayreuth hat bereits im Juni 2022 die Sozialstation in Pegnitz aufgrund von fehlendem Personal geschlossen. Während der Corona-Hochphase im Frühjahr 2021 schloss das BRK Bayreuth das Pflege- und Betreuungszentrum im Bayreuther Stadtteil Kreuz.
Im Bayreuther Pflegeheim Altstadtpark herrschte kurz vor Weihnachten laut BRK ein Corona-Ausbruch unter den Mitarbeitern, der dafür sorgte, dass die Versorgung der Bewohner nur unter „äußerster Anstrengung“ aufrechterhalten werden konnte. Doch nicht nur die Versorgung in der Pflege sei gefährdet. Lesen Sie auch: Ein Hubschrauber suchte in Oberfranken nach einer bewaffneten Person.
Mit Herzinfarkt in hundert Kilometer entfernte Klinik
Neben der Pflege stecke auch die Notfallrettung in einer Krise, heißt es in der Mitteilung des BRK-Kreisverbands. „So langsam bröckelt nun auch der Kit aus der Fuge unseres Gesundheitssystems“, sagt Ruckdeschel. Der Leiter der Integrierten Leitstelle Bayreuth/Kulmbach, Dr. Christopher Häfner, berichtet, dass die Suche nach geeigneten Unterbringungen längst nicht mehr nur auf die Region beschränkt ist. So mussten Patienten mit einem Herzinfarkt aus dem Landkreis Bayreuth bereits zu hundert Kilometer entfernten Kliniken in benachbarten Landkreisen und Städte anderer Regierungsbezirke verbracht werden, so Häfner.
Das sei nicht nur für die Patienten gefährlich, die den langen Weg aushalten müssen. Der Rettungswagen und der Notarzt würden dadurch außerdem stundenlang für die Versorgung vor Ort fehlen. Es sei glücklichen Umständen geschuldet, dass bis dato dadurch noch kein Patient Schaden genommen habe.
Fehlendes Personal in Kliniken
Auch die Kliniken der Region hätten nicht mehr genug Plätze, so der BRK-Kreisverband. „Grund für die Situation sind meist nicht fehlende Betten oder medizinischen Ausstattung der Krankenhäuser, sondern auch hier fehlendes Pflegepersonal, um die benötigten Kapazitäten aufrechtzuerhalten“, heißt es in der Mitteilung.
Dazu komme ein erhöhter Krankenstand. So musste der Leiter des BRK-Rettungsdienstes in Bayreuth, Dietmar Kasel, für das vierte Adventswochenende dieses Jahres einen Krankenstand von 17 Prozent unter seinen Mitarbeitern verzeichnen. Um alle Schichten zu besetzen, mussten die übrigen Mitarbeiter Überstunden leisten.
Außerdem ist es laut BRK-Mitteilung ein Problem, dass an Corona erkrankte, aber symptomfreie Pflege- und Rettungskräfte keinen Dienst leisten dürfen. Die aktuelle Regelung erlaube es zwar, dass ein Rettungsdienst-Mitarbeiter trotz Corona-Erkrankung arbeiten darf, wenn er ausschließlich bei Einsätzen mit „nicht vulnerablen Personengruppen“ dabei ist. Das sei aber in der Praxis nicht umsetzbar, heißt es vom BRK-Kreisverband.
Weniger Personal, mehr Einsätze
Der Rettungsdienst muss laut BRK-Kreisverband immer mehr Einsätze fahren. „Waren es zu Beginn des letzten Jahrzehnts noch 25.000 Einsätze, sind es 2021 bereits über 30.000 Einsätze im Zuständigkeitsbereich der ILS Bayreuth/Kulmbach und damit ein Plus von 20% im gleichen Zeitraum“, heißt es in der Mitteilung. Oft seien es Bagatelleinsätze – also Einsätze ohne lebensbedrohliche Lage.
Gleichzeitig fehle es an Nachwuchs, die Abbruchquote in der Sanitäter- und Pfleger-Ausbildung sei hoch. „Dies mag auch dem Umstand geschuldet sein, dass die jungen Menschen während äußerst turbulenten Zeiten zum einen in ein überhitztes und gleichzeitig zum anderen noch sehr bürokratisiertes System geraten, aus dem viele andere während der Pandemie, in Anbetracht der enormen Belastung, ausgestiegen sind.“
„Taskforce“ gefordert
Der BRK-Kreisverband fordert die Verantwortlichen in der Politik zum Handeln auf. Es gebe beispielsweise aus Bayreuth den Vorschlag, eine „Taskforce Pflegemigration“ zu gründen. Sie solle es Pflegern und Rettungskräften aus Drittländern ermöglichen, einen schnellen Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt zu finden. Das sei angesichts der Überalterung der Gesellschaft dringend notwendig. „Bis dato kümmern sich hierum noch eine Vielzahl örtlicher Behörden, weswegen Bayern im Vergleich mit anderen Bundesländern einen in der Praxis deutlich spürbaren zeitlichen und bürokratischen Mehraufwand hat“, so der BRK-Kreisverband.
Die aktuelle Lage ist nach BRK-Einschätzung eine „für die Bevölkerung letztlich gefährlichen Situation“. Kreisverbands-Chef Ruckdeschel: „Das Bayreuther BRK hilft, wo es nur kann, aber auch unsere Ressourcen sind irgendwann einmal zu Ende!“