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Bayreuth

Bayreuther Damenschneiderin erhält Ehrung: seit über 40 Jahren meisterhafte Arbeit

72 Handwerksmeister erhalten in Bayreuth ihren Goldenen Meisterbrief. Eine der Geehrten ist Damenschneidermeisterin Renate Goller.

Renate Goller leitet die letzte Damenschneiderei Bayreuths. Nun erhält sie den Goldenen Meisterbrief – auf den Lorbeeren ausruhen will sie sich aber nicht.

„Ich sehe am Abend, was ich geleistet habe“

Die Bayreutherin Renate Goller arbeitet seit rund 41 Jahren als selbständige Damenschneidermeisterin. „Ich habe einen so tollen Beruf“, sagt sie. „Bei mir lächeln die Leute schon, wenn sie von der Tür reinkommen. Und ich sehe am Abend, was ich geleistet habe.“

Renate Gollers Laden in der Mittelstraße ist der letzte seiner Art in Bayreuth. Sie schneidert Hochzeitskleider, Trachten, elegante Abendkleidung für die Bayreuther Festspiele. Wobei selbst die Festspiel-Gäste nun öfters von der Stange kaufen: „Das war früher viel mehr. Jetzt kann man auch in Jeans zu den Festspielen.“ Lesen Sie auch: Ein großes Bayreuther Bauprojekt steht auf der Kippe.

Aus der Industrie ins Handwerk

Renate Goller hat ihre Lehre zur Damenschneiderin 1976 begonnen, bei „Hohe Modelle“ in Pegnitz. In der Industrie, also nach dem Fließband-Prinzip. So hat sie gelernt, in einer Stunde 45 Krägen anzunähen. Statt über die Monotonie zu klagen, hat sie daraus gelernt: „Es war toll, dass ich das machen durfte“, sagt sie. Denn so habe sie eine flinke Arbeitsweise entwickelt.

Danach wagte sie den Weg in die Selbständigkeit, zuerst in Obernsees, ab 1983 in Bayreuth. Damals habe es noch deutlich mehr Damenschneidereien in Bayreuth gegeben. Auch ihr Geschäft hat viele Veränderungen durchgemacht: Sie ist mehrfach umgezogen, hat viele junge Menschen ausgebildet, hatte zeitweise sieben Mitarbeiter.

Wieso fehlt der Nachwuchs?

Heute bestreitet sie das Geschäft im Alleingang. „Früher habe ich oft die Nacht durchgearbeitet“, sagt sie. Jetzt mache sie das nicht mehr – sie sitze höchstens mal bis Mitternacht über den Stoffen. „Man darf nicht arbeitsscheu sein. Und die Stunden nicht zählen.“

Doch so begeistert Renate Goller von ihrem Beruf ist: Der Nachwuchs fehlt. „Das will kein Mensch mehr machen“, sagt sie. „Es wird überall bestellt: Morgen ist es da, und wenn es nicht gefällt, ist es übermorgen wieder weg. Und wer sich ein T-Shirt für 3,99 Euro kauft, lässt es sich nicht für 14 Euro ändern.“

Auch sie hat keinen Nachfolger. Der Beruf an sich habe eine Zukunft, sagt sie – aber wer sich heute als Damenschneiderin selbständig machen wolle, müsse in Mode-Metropolen wie Paris oder München gehen. „Hier in Bayreuth ginge es leider nicht mehr, trotz der Festspiele.“

Die Schneidermeisterin macht sich aber keine Sorgen mehr um ihr Geschäft. Aufträge habe sie nach wie vor genug. „Ich habe meine Stammkundschaft“, sagt sie. Neue Kunden könne sie meistens dank der Mundpropaganda gewinnen.

Ehrung mit Goldenem Meisterbrief

Für ihre mehr als 40-jährige Arbeit als Meisterin erhält sie den Goldenen Meisterbrief. Die Kreishandwerkerschaft Oberfranken-Mitte ehrt am heutigen Mittwochabend, am 6. März 2024, im Bayreuther Herzogkeller insgesamt 72 Handwerksmeister.

Ans Aufhören denkt Renate Goller aber nicht: „Ich habe mir das Ziel gesetzt: So lange die Augen und die Finger funktionieren, mache ich weiter.“

Die Tugenden des ehrbaren Handwerks

Der Präsident der HWK Oberfranken Matthias Graßmann würdigt die langjährigen Handwerksmeister in seiner Festrede als Vorbilder für schwierige Zeiten. „Sie mussten in Ihrer langen Selbstständigkeit immer wieder verschiedene Krisen und Krisenzeiten durchleben”, so Graßmann. Ihren Weg hätten sie dank der “Tugenden des ehrbaren Handwerks” gemeistert: “Begeisterung, Fleiß, Mut, Anspruch an die eigene Arbeit und Durchhaltevermögen“.

Genau deshalb seien die Handwerksmeister „für alle nachfolgenden Generationen ein Leitbild“.