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Interview

Stehen Bayreuths Grüne noch hinter Habeck? Das sagt die Fraktions-Vorsitzende

Die Grünen haben zuletzt viel Kritik auf sich gezogen. Nun schildert die Grünen-Vorsitzende im Bayreuther Stadtrat ihre Sicht.

Sabine Steininger ist Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bayreuther Stadtrat. Was sagt sie zum Streit um „Habecks Heizhammer“? Und wie oft wird sie von wütenden Bürgern beleidigt?

Das bt hat mit ihr gesprochen.

Hinweis: Das Interview entstand vor der aktuellen Einigung beim Heizungsgesetz. Die letzte Frage wurde im Nachhinein schriftlich ergänzt.

„Früher war es normal, dass wir verbal angegriffen wurden“

bt-Redaktion: Frau Steininger, wie oft müssen Sie persönliche Anfeindungen einstecken?
Sabine Steininger: Früher war es an den Infoständen normal, dass wir verbal angegriffen wurden. Ein älterer Herr hatte mich zum Beispiel vor Jahren gefragt: „Na, junge Frau, haben Sie schon mal was gearbeitet?“

Wie hat sich das entwickelt?
Es hat nachgelassen. Bei der Kommunalwahl 2020 kamen auch ältere, konservative Herrschaften auf uns zu und sagten, dass sie unsere Arbeit im Stadtrat gut fänden. Höhen und Tiefen bei Wahlergebnissen und Umfragen sind für mich übrigens nichts Neues.

„Wann waren Sie zuletzt sauer auf Robert Habeck?“

Die Grünen stehen aber auf der Bundesebene zurzeit unter Beschuss. Wann waren Sie zuletzt sauer auf Robert Habeck?
Ich war nicht wirklich sauer auf Herrn Habeck. Ich bin massiv von dem Gebäudeenergie-Gesetz betroffen. Mein Elternhaus, ein Mehrfamilienhaus, ist Baujahr 1892, wir haben vor drei Jahren von Öl auf Gas umgestellt. Da war meine Angst: Was mache ich, wenn meine Gasheizung jetzt defekt ist?

Und was ist die Antwort?
Ich habe recherchiert. Es gibt auf der Seite des Wirtschaftsministeriums eine Antwort auf diese Fragen und weitere Fragen sowie ein schönes Erklärvideo von Robert Habeck, das auch technische Alternativen aufzeigt. Darüber hinaus wird es begleitend zum GEG noch ein Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung und eine Überarbeitung des Energieeffizienzgesetzes geben.

Hat Habecks Erklärvideo Ihre Ängste genommen?
Ein Stück weit schon. Denn ich weiß jetzt: Ich kann eine Gastherme 30 Jahre lang drin lassen. Sollte sie kaputtgehen, darf ich sie reparieren lassen. Bei einer schlimmen Havarie könnte ich für drei Jahre sogar eine gebrauchte fossile Heizung betreiben. Darüber hinaus gibt es diverse Fördermöglichkeiten und Klimaboni, um soziale Härten abzumildern. Sogar eine Befreiung von der Austauschpflicht für ältere Menschen ist vorgesehen.

Sind die Bürger nur zu schlecht informiert?

Ist die Kritik am „Heizhammer“ also auf mangelnde Informationen zurückzuführen?
Teilweise schon. Und: In der Ampel versucht sich die FDP gerade stark zu profilieren. Ich würde mir ein Machtwort von Olaf Scholz wünschen. Alle reden vom Gesetz von Habeck, aber Bauministerin Klara Geywitz von der SPD hat genauso daran mitgearbeitet.

Aber wenn die Heizungspläne aus Ihrer Sicht gar nicht so schlimm sind: Wieso hagelt es dann Kritik?
Die wenigsten haben sich die Mühe gemacht, selbst nach Informationen zu suchen. Die Bürger sprechen auch mich kaum darauf an, obwohl ich sie als Stadträtin informieren und Fragen zur Beantwortung an unsere Bundestagsabgeordnete weiterleiten könnte.

Also fehlt der Rückhalt der Koalitionspartner?
Absolut.




Waffenlieferungen und LNG-Terminals

Wie stehen Sie zu den Waffenlieferungen an die Ukraine?
Mein Vater wurde 1933 in Ostpreußen geboren. Er hat nie viel über seine Erfahrungen gesprochen, man konnte sich das Schlimmste nur ausmalen. Daher bin ich sehr kritisch, was Kriegseinsätze angeht. Andererseits kann man einem Land nicht die Möglichkeit absprechen, sich selbst zu verteidigen.

Sind Sie also mit allem einverstanden, was die Grünen machen?
Mit LNG-Terminals bin ich gar nicht glücklich. Und es hat mir in der grünen Seele weh getan, als ich in den Medien gesehen habe, wie Robert Habeck sich in Katar verneigt hat. Aber er musste diese Kröte schlucken, weil die Bundesregierung 16 Jahre lang nichts für die Energiewende getan hatte.

Wer ist schuld, wenn es teuer wird?

Das heißt: Wenn die Energiewende jetzt im Geldbeutel weh tut, sind nicht die Grünen Schuld, sondern die CDU?
Die große Koalition ist schuld. Die SPD schafft es prima, sich zu verstecken – dabei war sie ja auch mit an der Macht.

Werden Sie auch bei der kommenden Landtagswahl im Herbst wieder im Infostand mit den Bürgern reden?
Ja. Uns Grüne zeichnet aus, dass wir uns der Diskussion stellen und uns nicht wegducken.

Was die Einigung beim Heizungsgesetz bedeutet

Beim Heizungsgesetz scheint es nun eine Einigung zu geben. Haben die SPD und die FDP also gegen die Grünen gewonnen?
Das GEG wird kommen, es bleibt im Kern erhalten, auch wenn Ausnahmen sowie die finanzielle Unterstützung weiter gefasst und Fristen – insbesondere für Gebäude im Bestand – verlängert wurden. Das Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung wird nicht im Parallelverfahren geführt, sondern vorgezogen. Unter dem Strich kann ich mit diesen Kompromissen leben.

Allerdings finde ich es sehr ärgerlich, dass durch das Quertreiben des kleinsten Koalitionspartners, der FDP, und dem Nichteingreifen des SPD-Kanzlers eine starke Verunsicherung der Bürgerinnen und Bürger hervorgerufen wurde, und dass diese einzig und allein den Grünen zugeschrieben wird. Da dies nicht zum ersten Mal passiert, sollten die Grünen daraus die Konsequenzen ziehen und wieder zu dem zurückkehren, was sie zu Beginn ausgezeichnet hat: Klar und deutlich kommunizieren und selbstbewusst auftreten.