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Bayreuth
Flüchtlinge in Bayreuth: Warum es an Sprachkursen fehlt
Die Stadt Bayreuth organisiert Sprachkurse für Flüchtlinge. Der Bedarf ist groß – doch es fehlt an ehrenamtlichen Lehrern.
Größtenteils sind es Flüchtlinge aus der Ukraine, die auf Sprachkurse warten. Doch die Stadt kann nur einen Bruchteil von ihnen versorgen.
Bayreuther Lehrer kehrt für Sprachkurse aus Ruhestand zurück
Der pensionierte Lehrer Alfred Haas zeigt seinen zehn erwachsenen Schülern zwei Bilder: eins vom Himmel, eins von einem Auto. Seine Schüler überlegen, was die deutschen Worte dafür sind. Schließlich lösen sie das Rätsel. Und lernen damit den Begriff „Himmelfahrt“, das deutsche Wort für den Feiertag, den sie auch aus ihrer ukrainischen Heimat kennen.
„Der Kulturkreis der Ukrainer ist unserem sehr nah“, sagt Alfred Haas. Die meisten seiner Schüler kommen von dort, aber auch wenige Russen sind dabei, ein Teilnehmer kommt aus Afghanistan, eine Teilnehmerin von der Elfenbeinküste. Alfred Haas verständigt sich mit seinen Schülern auf Englisch, Französisch, etwas Tschechisch – und mit buchstäblicher Handarbeit.
Zu wenige ehrenamtliche Lehrer in Bayreuth
Alfred Haas hat 35 Jahre lang am Bayreuther WWG Englisch und Französisch unterrichtet. Der Ukraine-Krieg hat ihn aus dem Ruhestand geholt. „Ich wollte etwas für die Ukraine-Hilfe machen“, sagt er. Nun bringt er den Flüchtlingen an drei Stunden pro Woche die Grundlagen des Deutschen bei.
Bayreuth hat viel zu wenige ehrenamtliche Lehrer wie ihn, sagt der Integrationsbeauftragte der Stadt Bayreuth, Ibukun Koussemou. Ihm zufolge wollen zurzeit rund 130 Flüchtlinge in Bayreuth einen Sprachkurs machen – doch das Angebot reicht nur für 26 Teilnehmer. Lesen Sie auch: Die Stadt Bayreuth hat ihren Kulturpreis vergeben.
Ganzwöchiger Sprachkurs bisher nicht möglich
Gerade organisiert der Bayreuther Integrationsbeauftragte drei Sprachkurse für Flüchtlinge. Die Kurse können aber nur ein- bis zweimal pro Woche stattfinden. „Es wäre toll, Freiwillige zu finden, die einen Kurs von Montag bis Freitag leiten würden“, sagt Koussemou.
Man muss ihm zufolge kein professioneller Lehrer sein, um einen solchen Sprachkurs zu leiten. Die wichtigste Voraussetzung: gute Deutschkenntnisse. „Und man muss sich trauen, das zu machen.“
Bund kommt mit Angeboten nicht hinterher
Eigentlich hätten die ukrainischen Flüchtlinge das Recht auf einen Sprachkurs, so Koussemou. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sei in der Pflicht, genügend Sprachkurse anzubieten. Wenn das funktionieren würde, gebe es das Problem mit den fehlenden ehrenamtlichen Lehrern nicht, so der Integrationsbeauftragte.
Liegt das Problem also beim Bund? Das bt hat beim BAMF nachgefragt. Ukrainische Flüchtlinge haben das Recht, an einem Integrationskurs teilzunehmen, heißt es in der Antwort. Die Kurse werden vom BAMF durchgeführt. Das Bundesamt räumt gegenüber dem bt ein: „Nach dem enormen Aufwuchs der vergangenen Monate – die Zahl der Kursteilnehmenden wurde seit Anfang 2022 vervierfacht – kommen die Träger mittlerweile zunehmend an ihre Grenzen.“
Mehr Flüchtlinge haben das Recht auf einen Integrationskurs
Dass die Nachfrage so zugenommen hat, liegt einerseits an den gestiegenen Flüchtlingszahlen. Aber auch an einer Gesetzesänderung. Laut BAMF ist am 31. Dezember vergangenen Jahres ein neues Gesetz in Kraft getreten. Durch das Gesetz können nun auch Asylsuchende, deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist, an den Integrationskursen teilnehmen. Aus allen Herkunftsländern, unabhängig von einer Bleibe-Perspektive.
Das BAMF spricht aber nicht von einer generellen Überlastung: „Bundesweit betrachtet stehen grundsätzlich gegenwärtig noch ausreichend Plätze in den Kursen zur Verfügung, wobei aufgrund der anhaltend hohen Nachfrage regional einige Kursträger trotz des bereits enorm erweiterten Angebots zunehmend an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen.“
Zahl der Lehrer gesunken
Auch dem BAMF zufolge liegt das größte Problem bei den fehlenden Lehrern. Das Bundesamt habe zwar seit der verstärkten Zuwanderung ab 2015 mehr Lehrkräfte eingestellt, doch während der Corona-Pandemie hätten sich viele „beruflich anders orientiert“.
Das BAMF hat nach eigenen Angaben seit 2015 rund 30.000 Lehrkräften eine Zulassung erteilt; aktuell seien aber nur noch rund 18.000 Lehrer für das Bundesamt im Einsatz. Nun wolle man die verlorenen Lehrer zurückgewinnen, das Bundesamt habe im Sommer 2022 rund 16.000 Lehrkräfte angeschrieben und für die Integrationskurse geworben.
Bayreuth sucht Freiwillige
Der Bayreuther Integrationsbeauftragte Koussemou hofft, dass sich bald mehr Freiwillige finden, die Deutsch an Flüchtlinge unterrichten. Wer Interesse hat, kann sich direkt bei ihm melden. Tel.: 0921 25-1740 oder 0151 16997074, E-Mail: ibukun.koussemou@stadt.bayreuth.de.