Zuletzt aktualisiert am

Universität Bayreuth

EU erlaubt Schimmelkäfer in Lebensmitteln: Experte der Uni Bayreuth erklärt Folgen

Die EU hat erlaubt, bestimmte Insekten in Lebensmittel zu mischen. Was das für Verbraucher bedeutet, erklärt ein Professor der Universität Bayreuth.

Hersteller dürfen seit dieser Woche offiziell Getreideschimmelkäfer und Hausgrillen – auch als “Heimchen” bekannt – ihren Lebensmitteln hinzugeben. Das hat die EU beschlossen.

Das bt hat mit Prof. Dr. Kai Purnhagen von der Universität Bayreuth, einem Experten für Lebensmittelrecht, über die Folgen dieser Erlaubnis gesprochen.

Hausgrillen können jetzt in den Pizzateig kommen

Der Getreideschimmelkäfer und die Hausgrille könnten sich künftig in vielen Lebensmitteln finden – zumindest theoretisch. Die Zulassung gelte für eine “breite Palette” an Lebensmitteln, “von Mehrkornbrot über Pizza bis hin zu Molkenpulver”, sagt Dr. Purnhagen gegenüber dem bt.

Verbraucher können sich über einen Blick ins Zutatenverzeichnis informieren, ob im gewählten Lebensmittel Getreideschimmelkäfer oder Hausgrillen enthalten sind. Manchen Verbraucher, der gegenüber der Neuerung skeptisch ist, treibt die Sorge um, aus Versehen ein solches Produkt zu erwischen. Dr. Purnhagen gibt hier eine Entwarnung. Lesen Sie auch: Im Bayreuther Gesundheitszentrum sorgt ein defekter Fahrstuhl für Ärger.

Insekten im Essen – ein Luxus-Gut?

Die Insekten werden vornehmlich in Pulverform in die Lebensmittel kommen, so Dr. Purnhagen. “Die Gefahr, dieses Pulver zu essen ohne es zu wissen, ist äußerst gering”, sagt er. Denn: Er geht davon aus, dass die Hersteller sogar mit dem neuen Zusatzstoff werben werden.

“Das Pulver ist noch deutlich teurer als die Produkte, die es ersetzen soll”, sagt der Professor. “So werden die Produkte mit diesem Insektenpulver wohl auch teurer sein.” Verbraucher müssten bereit sein, einen Extra-Preis zu zahlen, um in den Genuss zu kommen. Die Hersteller müssten daher gezielt Menschen ansprechen, die bewusst das Insektenpulver konsumieren wollen.

Was Grille und Käfer bieten

Die Getreideschimmelkäfer und die Hausgrille könnten vor allem für tierische Proteine in den Lebensmitteln sorgen. Das könne “unter bestimmten Voraussetzungen nachhaltiger” sein als andere Proteinquellen. “Es geht vor allem um nachhaltigere Ernährung”, sagt der Professor.

Eine gesundheitliche Gefahr sei nach bisherigem Erkenntnisstand nicht gegeben – außer für Allergiker. “Allergiker müssen wie immer das Zutatenverzeichnis und die Informationen drum herum genau beachten. Es muss nämlich der Hinweis ‘in unmittelbarer Nähe zur Zutatenliste’ enthalten sein, dass das Pulver ‘bei Verbrauchern, die bekanntermaßen gegen Krebs- und Weichtiere und Erzeugnisse daraus sowie gegen Hausstaubmilben allergisch sind, allergische Reaktionen auslösen kann’. Allergiker mit diesen Allergien sollten daher besonders vorsichtig sein.”

Insekten-Züchtung in Deutschland vorerst unwahrscheinlich

Dass deutsche Firmen nun großflächig Hausgrillen und Getreideschimmelkäfer züchten, hält Dr. Purnhagen für unwahrscheinlich. “Die Zulassung gilt nur für eine spezielle Firma in Vietnam. Sollte sich diese Firma entscheiden, auch großflächig in Deutschland zu produzieren oder ihre Zulassung ‘verkaufen’, so wäre dies der Fall.” Das hält er allerdings für unwahrscheinlich. “Außerdem ist das Pulver noch viel zu teuer. Eine großflächige Einführung des Insektenpulvers sehe ich derzeit nicht.”

Übrigens sind die Hausgrille und der Getreideschimmelkäfer nicht die einzigen Insekten, die in Lebensmitteln zu finden sein könnten. Die EU hat schon vor mehr als anderthalb Jahren erlaubt, Mehlwürmer und Wanderheuschrecken zu verarbeiten.