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Kommentar

Kontra: Bauernproteste bei Rekordgewinnen sind absurd

ein Kommentar von Bjarne Bahrs

Bayreuther Tagblatt - Bjarne Bahrs

Mit den kommenden Streichungen von Investitionen würde die Landwirtschaft sterben, sagen zumindest die “mittelständischen” Bauern, mit Gewinnen in sechsstelliger Höhe. Ein Kommentar.

In einem Jahr voller Kriegen und Krisen sind die geizigen Forderungen der Landwirtschaftslobby trotzdem am lautesten.

Scheinheilige Proteste im Rekordjahr

Es sorgt beim geschulten Auge schon fast für Fremdscham. Tausende Bauern und Landwirte protestieren auf den Straßen und spielen Märtyrer für den zurückgelassenen deutschen Mittelstand. Dabei ging es der Landwirtschaft im vergangenen Jahr besser denn je! Laut dem Deutschen Bauernverband machten die landwirtschaftlichen Betriebe 2023 im Durchschnitt einen Gewinn von etwa 115.000 Euro.

Dagegen sind die geplanten Subventionskürzungen quasi irrelevant. Zum Beispiel kostet die ursprünglich geplante Kürzung für die Subvention von Agrardiesel, laut rheinischem Landwirtschaftsverband, durchschnittlich etwa 7.000 Euro pro Jahr, also gerade einmal 6 Prozent des Gewinns. Nun soll die Kürzung der Subvention nicht sofort geschehen, wodurch die Betriebe in den kommenden zwei Jahren erstmal noch weniger von ihrem Gewinn aufopfern müssen.

Eine gänzlich andere Sicht auf die Proteste hat bt-Redakteur Johannes Pittroff.

Der Familienbauernhof ist schon lange tot

Immer wieder heißt es von Seiten der Protestierenden dann, dass besonders Klein- und Familienbetriebe auf die Weiterführung der Subventionen angewiesen sind, um die heimische Lebensmittelerzeugung aufrechtzuerhalten. Dabei ist der kleine heimische familiengeführte Landwirtschaftsbetrieb schon längst ausgestorben.

Teils durch die Bauernverbände befürwortet, kam es in den letzten 20 Jahren zu einem Konkurrenzkampf zwischen ausländischen Herstellern und auch heimischen Großbetrieben, wobei kleine Bauernhöfe gegeneinander aufgespielt wurden.

Wer die finanziellen Mittel hat, kauft die umliegenden Höfe auf, bis man schließlich selbst zu den regionalen Großbetrieben gehört. Wer die Mittel nicht hat, kann nicht länger mit der Konkurrenz mithalten und finanziert sich mit der Verpachtung seiner Flächen oder dem Verkauf des eigenen Hofs. Schlussendlich sind dadurch bereits die meisten Kleinbetriebe vor der Streichung der Subventionen schon gestorben.

Solidarität mit dem Mittelstand?

Wer im Jahr also rund 115.000 Euro Gewinn macht, zählt für mich schon lange nicht mehr zum sogenannten Mittelstand. Dennoch stellen sich die Bauern immer gerne als Mittelstand dar, obwohl sie teilweise Geld verdienen, von denen Kinderpfleger und Erzieher nur träumen könnten.

Hoffen wir doch mal, dass sie sich nicht nur symbolisch als Mittelständler darstellen, sondern auch tatsächlich mit ihrer Gesellschaftsschicht verbunden sind. Denn wenn dem so ist, freue ich mich schon auf die kommenden deutschlandweiten Proteste, wenn mal wieder bei den Kitas und Schulen gekürzt wird.