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Landtagswahl Bayern 2023

Landtagswahl: Grünen-Kandidat Tim Pargent im bt-Interview

Bayern wählt am 8. Oktober seinen neuen Landtag. Tim Pargent kandidiert für die Grünen im Bayreuther Wahlkreis.

Der Bayreuther Grünen-Kandidat Tim Pargent erklärt im bt-Interview, wieso er Kommunen gerne zum Klimaschutz verpflichten würde.

Alle Interviews mit den Bayreuther Direktkandidaten finden Sie hier.

Kann Bayern das Klima retten?

bt-Redaktion: Die Grünen stehen vor allem für Klima- und Umweltschutz. Können solche globalen Probleme überhaupt regional gelöst werden?

Tim Pargent: Weltweit haben sich Staaten dem Klimaschutz verpflichtet, insbesondere im Pariser Klimaabkommen. Da müssen auch die Kommunen mithelfen. Deswegen kämpfen wir Grünen dafür, dass Klimaschutz für die bayerischen Kommunen zur Pflichtaufgabe wird. Das vereinfacht es für die Kommunen, Maßnahmen zu finanzieren. Denn solange es freiwillige Leistungen sind, kann die Regierung sie streichen.

Welche Klimaschutzmaßnahmen wären denn aus Ihrer Sicht in der Bayreuther Region nötig?

Stadt und Landkreis könnten zum Beispiel Vorranggebiete für Windräder ausweisen. Die Bayreuther Stadtwerke könnten mehr erneuerbare Energie selbst produzieren. Natürlich muss vieles davon im Landkreis passieren, denn für Windräder und Photovoltaik-Anlagen brauchen wir Flächen. Die Stadtwerke könnten hier als Scharnier zwischen Stadt und Land fungieren.

Wo der Strom für die E-Autos herkommen soll

Wie soll der Verkehr der Zukunft in Bayern aussehen?

Im städtischen Raum wie in Bayreuth müssen wir den Radverkehr und den ÖPNV stärken. Im ländlichen Raum ist der ÖPNV auch wichtig, aber wir können den Verkehr nicht komplett darauf verlagern. Dort müssen wir die Elektro-Mobilität ausbauen. Indem wir beispielsweise schauen, ob die Netze schon gut genug ausgebaut sind, um den nötigen Strom bereitzustellen. Außerdem sollten die Kommunen auf ihren Gebäuden mehr Photovoltaik-Anlagen installieren.

Wo sind dabei die Grenzen? Wäre beispielsweise eine Solaranlage auf dem Festspielhaus für Sie denkbar?

Auf dem Festspielhaus wahrscheinlich nicht. Aber wir haben Turnhallen, große Industriedächer oder auch Supermärkte. Da könnten wir ganz einfach Flächen finden. Auch die Überdachung von Parkplätzen wäre eine Idee. Denn dann können direkt darunter E-Autos laden. Auch im Denkmal-Bereich muss es einfacher werden, Photovoltaik-Anlagen zu installieren. Das betrifft aber vor allem Privatleute, denen es erleichtert werden soll, Anlagen auf ihren denkmalgeschützten Gebäuden zu installieren.

Solaranlagen auf landwirtschaftlichen Feldern?

Was halten Sie davon, landwirtschaftliche Felder für Solaranlagen zu verpachten?

Wir müssen da steuernd eingreifen. Die Anlagen sollten nicht auf die fruchtbarsten Böden kommen. Sondern auf Flächen, die für die Landwirtschaft nicht allzu ertragreich sind. Bei der Windkraft schauen wir ja auch nicht nur, dass genug Wind da ist, sondern dass das Windrad einen guten Standort hat, der beispielsweise nicht zu nah neben Wohnhäusern liegt.

Wie ist es mit Windrädern im Wald?


Das kann ich mir grundsätzlich vorstellen. Unter den Erneuerbaren Energien haben Windräder den geringsten Flächenverbrauch. Ein Windrad braucht nicht mal einen halben Hektar Fläche. Natürlich sind dann Ausgleichspflanzungen an anderer Stelle nötig. Aber wir sollten uns nicht zu sehr auf den Wald konzentrieren. Und in sensiblen Waldbereichen bin ich gegen Windräder.

Wird es einen “Veggie-Tag” in Bayern geben?

Werden die Grünen einen verpflichtenden vegetarischen Tag pro Woche in Bayern einführen?

Nein, das wollen wir nicht. Aber wir wollen ein kostenloses Mittagessen an allen Schulen in Bayern finanzieren. Damit wollen wir die Verbreitung von regionalen Lebensmitteln an Schulen verbessern. Und die Kinder würden sich mit dem Thema gesunde Lebensmittel mehr auseinandersetzen.

Welche anderen Hilfen für sozial Schwache würden die Grünen in Bayern gerne umsetzen?

Uns schwebt vor, staatliche Leistungen sozial zu staffeln, beispielsweise das Familiengeld. Bisher kriegen bei manchen Leistungen alle gleich viel – ob Zahnarzt oder Krankenschwester. Wenn wir die Leistungen staffeln, werden Mittel frei, die wir anderweitig im Sozialbereich einsetzen können.

“Cannabis ist keine harmlose Droge”

Die Ampel-Regierung will Cannabis legalisieren, die bayerische Regierung ist dagegen. Wie stehen Sie dazu?

Ich halte die Cannabis-Legalisierung für grundsätzlich richtig. Wir brauchen nichts beschönigen: Es ist keine harmlose Droge. Aber das Totalverbot bringt keinen Jugendschutz. Der Dealer fragt nicht nach dem Ausweis. Und das Cannabis, das im Umlauf ist, ist verunreinigt. Wir brauchen eine vernünftige Legalisierung verbunden mit Kontrolle und Aufklärung.

Grüne Politik steht im Ruf, der Industrie zu schaden. Wie könnte man aus Ihrer Sicht in Oberfranken die Industrie stärken?

Wir haben in Oberfranken die größte Industriedichte in Bayern. Es geht erst mal darum, die Betriebe hier am Standort zu halten. Ein Problem sind die fehlenden Fachkräfte. Neben der Integration von Flüchtlingen müssen wir dafür sorgen, dass die Betreuung von Kindern verbessert wird. Denn wir haben viele Eltern, die mehr arbeiten wollen, aber nicht können. Auch günstigere Energie ist wichtig. Da haben wir grad in Oberfranken großes Potential, besonders für Windkraft.

Der Blick auf den Flugblatt-Skandal

Der Wahlkampf war zuletzt von der Aiwanger-Diskussion dominiert. Wie blicken Sie darauf?

Ich blicke fassungslos darauf. Nicht aufgrund dessen, was Hubert Aiwanger vielleicht in seiner Schulzeit gemacht hat. Sondern aufgrund dessen, wie er jetzt damit umgeht. Ich habe keine glaubhafte Entschuldigung gehört, sondern nur ein Schimpfen auf die Medien. Das hat großen Schaden am Ruf des Freistaats angerichtet. Er ist als stellvertretender Ministerpräsident nicht mehr haltbar.