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Comedy
Michl Müller live in Bayreuth: Mit dem Übergangsjäckle auf der Busengardine raus aus der Pandemie
von Jürgen Lenkeit
Michl Müller live in Bayreuth: Der selbsternannte Dreggsagg aus der Rhön rief und das Publikum kam. Am Freitag (10. Juni 2022) war es im Zentrum „Verrückt nach Müller“.
Michl Müller, der bekannte Kabarettist aus „Fastnacht in Franken“ hat am Freitag (10. Juni 2022) im Zentrum in Bayreuth gastiert.
Dort stellte der Dreggsagg sein aktuelles Programm „Verrückt nach Müller“ vor.
Michl Müller live in Bayreuth
Michl Müller begann seinen Aufstieg in die fränkische, wenn nicht gar bundesweite Comedy-Elite, 2007. Seitdem tritt der Kabarettist aus Bad Kissingen vor der Rhön regelmäßig in der Kultsendung „Fastnacht in Franken“ des Bayerischen Fernsehens auf. Dass Müller mehr kann als „Franken helau“ bewies er am Freitagabend im Zentrum in Bayreuth. Dort machte seine Tour 2022 Station mit „Verrückt nach Müller“. Auch interessant: So blödelte Kultkomiker und Multiinstrumentalist Helge Schneider im Vorjahr in Bayreuth.
Immer wiederkehrendes Thema seiner Show war die Corona-Pandemie. In den vergangenen beiden Jahren haben die Menschen Masken genäht – sei es aus Gardinen oder alten Unterhosen. Letztere habe Müller nach eigenem Bekunden auch selbst getragen: “Zum Glück mit Eingriff über der Nase.” Bei manchen Frauen wäre eine Maske auch über der Busengardine gut aufgehoben gewesen, zerlegt er den für ihn nicht nachvollziehbaren Trend der Brust-Tattoos. In der Zeit zu Hause könne man viel Sinnvolles (wie Müller 24 neue Lieder in zwei Jahren schreiben, für die die Welt wohl teilweise noch nicht bereit sei) und auch weniger Sinnvolles machen. Stichworte: Waldbaden bei den Bäumen oder Thermomix-Abend in der Videokonferenz. Überhaupt: Für so manche “Thermomix-Trulla” sei die Allzweckwaffe für gebrannte Mandeln oder Eierlikör schon fast Religion. “Evangelisch, katholisch, Thermomix!”, zählte Müller die großen Drei auf.
Michl Müller Tour 2022 in Bayreuth: Wer hart im Nehmen ist, nimmt alles mit
Wie viele andere Menschen auch habe Müller in der Pandemie viel ferngesehen – nur um festzustellen, dass “eigentlich fast nur Schrott” über die Sender flimmere. Vordergründig Klamauk und hintergründig nachdenklich konnte Müller an diesem Abend öfter. Seine Generation und die vorherige seien wohl härter im Nehmen gewesen als alle nach 1990 Geborenen, mutmaßte er. “Wir haben immer draußen gespielt. Auch bei Winter. Minus 30 Grad. Ohne Schuhe. Und naggerd”, wie er nicht ganz ernst bekannte. “Eben bis es geblutet oder komisch weggestanden hat.”
Die einzige Gesundheitsvorsorge, in deren Genuss der heranwachsende Michl Müller gekommen sei, war der eindringliche Ratschlag, sich nicht zu verkühlen. Auf kalten Treppen sei er mit seinem Hosenboden schließlich stets Stammgast gewesen.
Dreggsagg Michl Müller liefert auf kleine Fragen große Antwort: Nicht verrückt machen lassen, selbst verrückt sein
Ein Ed von Schleck oder Calippo-Eis habe ihm auch nur dann geschmeckt, wenn es vor dem Essen ob der zweifelhaften Verpackung beim Herausdrücken drei Meter weit in den Dreck geflogen sei. Und heute? “Da ham mir alle unser Übergangsjäckle dabei. Wirklich gut angezogen sind wir trotzdem nicht. Entweder frieren wir wie blöd, oder vorn und hinten leffd die Brüh nur so nunter”, stellte der Komiker deutschem Pedantentum ein Zeugnis von eher zweifelhaftem Wert aus.
Und wieder Corona: Was 2019 noch schlecht war, sei laut Müller 2022 im Rückblick vielleicht doch ganz gut gewesen, etwa spanische Kastagnettenspieler im Urlaub. Angesichts der sich überschlagenden Ereignisse der letzten beiden Jahre sei 2019 schon das neue “Früher”.
Müller berichtete von seinen schier endlosen Problem beim Hausbau: Fließbetonboden oder Fließen in Betonoptik? Fensterrahmen aus Holz in der Farbe Rosskastanie oder doch lieber aus Aluminium in Anthrazit? Sein esoterischer Architekt Rudi sei bei diesen kostentreibenden Fragen keine große Hilfe, wenn denn überhaupt Material lieferbar sei. Auf diese teils kleinen, kräftezehrenden Fragen des Alltags lieferte Müller eine große Antwort des Lebens, die ihm so wohl nicht jeder zugetraut hätte: “Macht euch nicht verrückt, Leute. Seid lieber selbst verrückt.”
Den ersten Schritt in diese Richtung könnte so mancher Besucher mit “Verrückt nach Müller” an diesem Abend gemacht haben.