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Sozialausschuss

Obdachlos in Bayreuth: “Es kann jeden treffen”

Immer mehr Menschen fragen nach Hilfsangeboten für Wohnungslose in Bayreuth. Deswegen will die Stadt ihr Obdachlosenkonzept überarbeiten, um bessere Hilfsangebote zu schaffen. 

Update vom Mittwoch (22.7.2020): Der Stadtrat hat der Erneuerung des Obdachlosenkonzepts, die der Sozialausschuss beantragt hat, zugestimmt.

In Bayreuth fragen immer mehr Menschen nach Hilfsangeboten für Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit Bedrohten. Noch gibt es allerdings keine statistisch gesicherten Zahlen dafür, dass die Wohnungs- und Obdachlosigkeit in Bayreuth steigt. Der Sozialausschuss hat am Montag (20.7.2020) über die Weiterentwicklung des Obdachlosenkonzepts der Stadt Bayreuth beraten.

Obdachlos ist nicht gleich wohnungslos

Die Stadt Bayreuth hat seit 2016 ein Obdachlosenkonzept. Dieses umfasst verschiedene ambulante Hilfen und Obdachloseneinrichtungen wie die Übernachtungsmöglichkeit in der Cosima-Wagner-Straße. Doch diese Angebote reichen nicht mehr. Besonders im Winter ist die Lage ernst. Zudem gebe es einen Unterschied zwischen den Begriffen obdachlos und wohnungslos, erklärt die Abteilungsleiterin vom Sozialdienst Bettina Wurzel. “Obdachlos ist nicht gleich wohnungslos”, sagt Wurzel. Deswegen differenzierte sie die Begriffe.

“Obdachlos sind Menschen ohne Unterkunft, Wohnungslose dagegen leben in prekären Wohnsituationen und in der dauernden Gefahr ihre Wohnung verlieren zu können. Sie haben befristete Mietverträge, leben bei Verwandten oder in staatlichen Einrichtungen wie Obdachloseneinrichtungen.”

(Bettina Wurzel, Abteilungsleitung Sozialdienst)

Obdachlosigkeit verändert ihr Gesicht

Obdach- und Wohnungslosigkeit sei anders geworden, sagt Wurzel. Denn es könne jeden treffen.

“Es kann jeden treffen. Normalerweise betrifft es Menschen, die aus vielen unterschiedlichen Gründen ihre Miete nicht mehr zahlen können: durch Geldnot, durch psychische oder Suchterkrankungen oder durch schwere Schicksalsschläge innerhalb ihre Familien”.

(Bettina Wurzel, Abteilungsleitung Sozialdienst)

Besonders schwierig sei die Situation für junge Menschen, Senioren, jungen Familien und Alleinerziehenden. Gerade für diese Personen seien klassische Obdachlosenheime nicht geeignet, sagt Wurzel. Während man früher obdachlose Menschen in zentralen Einrichtungen wie der Herzogmühle unterbrachte und damit Stadtteile “ghettorisiere”, bevorzuge man mittlerweile eine dezentrale Unterbringung.

Externe Wohnungen für Obdachlose in Bayreuth

Das Obdachlosenkonzept der Stadt Bayreuth soll deswegen ausgeweitet werden. Es sollen mehr externe Wohnungen angemietet werden, damit diese Menschen den sozialen Halt nicht verlieren. Mit dem Prinzip “Housing first” – also erst eine Wohnung, dann alles andere – gelinge es, den Menschen gar nicht das soziale Stigma der Obdachlosigkeit aufzudrücken, erläutert Wurzel weiter. “Wer eine Wohnung hat und damit keine unmittelbare Existenznot, der ist viel zugänglicher für andere ambulante Beratungsangebote.”

Neben der Anmietung dezentraler Wohnungen umfasst das Konzept nun auch bessere Kommunikation. So sollen die vorhandenen Hilfsangebote besser zusammenarbeiten, um Obdachlosen schneller helfen zu können.

Bayreuther Tagblatt - Ricarda Schoop

 bt-Redakteurin Online/Multimedia
Ricarda Schoop