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Bayreuth

Mit dem Bierkutscher durch Bayreuth: Als das “Seidla” noch zehn Pfennig kostete

Der Bayreuther Bierkutscher führt auf unterhaltsame Weise durch die Stadtgeschichte. Das bt gibt einen Vorgeschmack.

Süffige “Gschichtla” statt trockener Fakten: Selbst Einheimische können noch viel lernen, wenn der Bayreuther Bierkutscher sie mit auf seine Tour durch die Stadt nimmt.

Das bt war bei einem Rundgang dabei.

Bayreuth ist für den Bierkutscher “nicht nur Wagner und Wilhelmine”

Wenn der Bayreuther Sigfried Jantsch die Lederschürze überzieht, verwandelt er sich in Bierkutscher Siggi. Mehr als 300 Führungen in neun Jahren hat er hinter sich – und denkt nicht ans Aufhören. “Ich zeige den Leuten, dass Bayreuth nicht nur Wagner und Wilhelmine bedeutet”, sagt er.

Im Zentrum seiner historischen Führung: das Bier. Indem er die Geschichte des Biers in Bayreuth aufzeigt, erzählt er auch die Geschichte der Stadt. Angefangen mit der spätmittelalterlichen Stadtmauer – die noch deutlich sichtbar und doch oft übersehen ist.

Die Bayreuther Stadtmauer erlaubte das Bierbrauen

Eine neue Epoche der Bayreuther Biergeschichte brach im Jahre 1493 an, als die “Bayreuther Stadtfreiheiten” eingeführt wurden. Sie sicherten das Braurecht zu. “Man durfte aber nur innerhalb der Stadtmauern brauen”, sagt Bierkutscher Siggi.

Die Stadtmauern sind noch teilweise erhalten. “Aber wer es nicht weiß, sieht sie nicht.” Er macht sie seinen Gästen sichtbar: in der Dammallee, wo Häuser auf den Resten der Stadtmauer gebaut wurden. Hinter dieser Mauer galt das Braurecht – und davon haben die Bayreuther früher regen Gebrauch gemacht. Lesen Sie auch: Biergeschichte versteckt sich auch in den Bayreuther Katakomben.




Warum alkoholarmes Bier früher “ein sozialer Abstieg” war

Im Jahre 1615 habe Bayreuth rund 3.000 Einwohner gezählt, so Bierkutscher Siggi. 100 davon hätten ihr Braurecht genutzt. Ihm zufolge trank der durchschnittliche Bayreuther damals einen Liter Bier pro Tag.

Allerdings hätten nur die Wohlhabenden und Geistlichen Bier erhalten, das so stark war wie unser heutiges. Das Bier der unteren Schichten hingegen habe einen Alkoholgehalt von oft nur einem Prozent gehabt. “Deswegen sage ich immer: Alkoholfreies Bier zu trinken ist ein sozialer Abstieg”, scherzt Bierkutscher Siggi.

“A weng a bleeds Gschmarre”

Sigfried Jantsch ist 65 Jahre alt, früher arbeitete er als Finanzbuchhalter, kürzlich ist er in Rente gegangen. Er bezeichnet sich als “Bayreuther Ureinwohner”, der Geschichts- und Bierfreund geleitet seine Gäste mit Witz und Mundart durch die Stadt. Denn so eine Führung brauche auch “a weng a bleeds Gschmarre”, sagt er.

Er lernt zurzeit einen Nachfolger an. Doch Sigfried Jantsch will auch selbst weiter die Lederschürze des Bierkutschers überziehen. “Bis ich nimmer kann”, sagt er. Auch nach der offiziellen Führung sitzt er noch mit seinen Gästen bei einem Bier zusammen, erzählt weitere Anekdoten. Zum Beispiel vom Bayreuther Bierstreik.

Als das “Seidla” noch zehn Pfennig kostete

Bierkutscher Siggi erzählt vom Jahr 1910, als der Bierpreis von zehn auf elf Pfennig pro “Seidla” steigen sollte. Bayreuther Bürger seien damals in den Bierstreik getreten, sie hätten die Wirtshäuser schlicht boykottiert. Zumindest zeitweise.

“Nach einigen Wochen war der Durst größer als der Streikwille”, erzählt der Bierkutscher. Und fügt hinzu: Schon die zehn Pfennig seien damals bei manchem Arbeiter ein halber Stundenlohn gewesen.

Hier geht es zur Bierkutscher-Führung

Wer noch viel mehr Bayreuther Bier-Geschichte(n) kennenlernen will, kann eine der regelmäßigen Führungen buchen. Veranstaltet werden sie von “Maisel & Friends”, Startpunkt ist das “Liebesbier”-Restaurant. Für Gruppen bis 20 Personen kostet die Führung 12 Euro pro Person, bei Einzelanmeldungen 14 Euro.

Weitere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung finden sich auf der Homepage von “Maisel & Friends”.