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Nachrichten aus Bayreuth
Queer leben in Bayreuth: Vor dem Rathaus sollen Regenbogenflaggen wehen
Es tut sich was in der queer community in Bayreuth. Diverses Leben soll für die ganze Stadt sichtbar werden. Flaggen in Regenbogenfarben vor dem Rathaus wären ein Anfang. Das und mehr findet gerade Eingang in ein Grundsatzprogramm der Bayreuther Grünen.
Queer leben in Bayreuth – das gibt es bereits. Nur ist die queere Community bisher nur für jene wahrzunehmen, die genau hinsehen. Das soll sich nun ändern. Ein Grundsatzprogramm der Grünen nimmt aktuell konkrete Formen an. Die Stadtratsfraktion der Grünen und der Kreisverband Bayreuth-Stadt haben am Freitag (7. Mai 2021) zum Zoom-Meeting eingeladen. Die Resonanz ist groß gewesen. Ein Bayreuther Fußballverein hat in der Vergangenheit beim Thema Queer bereits für positive Schlagzeilen gesorgt.
Queer in Bayreuth – das soll ins Grundsatzprogramm der Grünen
„Wir müssen weniger quer, und viel mehr queer denken“. Mit dieser Ansage eröffnet Grünen-Stadtrat Dr. Klaus-Wührl-Struller den Abend. Damit gibt er die inhaltliche Richtung des Abends vor. Die Erwartungen sollen mehr als erfüllt werden.
Eine Antidiskriminierungsstelle ist das größte Anliegen des grünen Grundsatzprogramms. Die Stadt Bayreuth müsse sie einrichten, mit einem qualifizierten Ansprechpartner für queere Belange in der Stadt. Auch Tessa Ganserer aus Nürnberg verfolgt die Diskussion. Sie ist queerpolitische Sprecherin der Grünen im Bayerischen Landtag. Sie berichtet: „Jede zweite queere Person in Bayern ist in den letzten drei Jahren diskriminiert worden. Der Bedarf für solch eine Anlaufstelle ist akut.“
Genauso sieht es die grüne Bamberger Stadträtin Tamara Pruchnow. Sie ist offen lesbisch. Auch sie ist als Redegast eingeladen. In Bamberg gebe es bereits eine Gleichstellungskommission, Bayreuth dürfe nicht länger warten, fordert sie.
Queere Vielfalt: Bayreuth soll sich zu LGBTIQ bekennen
Im vermeintlich aufgeklärten Europa zeigen sich in den letzen Jahren klare Bestrebungen, queeres Leben und Denken einzuschränken oder gar illegal zu machen, wie Louisa Hübner anmerkt. Sie verweist auf Ungarn und Polen.
Die Stadt Bayreuth müsse hier ein klares Zeichen setzen – zumal sie im Sommer während der Festspiele eine Weltstadt auf Zeit sei. Auch Siegfried Wagner, nach dem die Allee zum Festspielhaus benannt ist, sei höchstwahrscheinlich homosexuell gewesen. Ein Bekenntnis zu LGBTIQ sei „ein Bekenntnis zur sexuellen Vielfalt: Lesbisch, schwul, bi-, trans- und intersexuell. Queer eben.“
Regenbogenflaggen vor dem Bayreuther Rathaus?
Um ein breites Bewusstsein für queeres Leben in Bayreuth zu schaffen, müsse es vor allem sichtbar sein, so Hübner. Sie sagt dem bt über sich selbst: „Ich bin queer.“
„Im Juni als sogenanntem pride month der queer community, am liebsten noch öfter, sollen Flaggen in Regenbogenfarben in Bayreuth wehen. Und das nicht irgendwo, sondern an einem symbolträchtigen Ort: vor dem Rathaus.“
Zudem solle sich die Stadt um ein symbolträchtiges Wahrzeichen für queeres Leben bemühen. Als Vorschlag steht eine regenbogenfarbene Treppe im Raum. Außerdem solle die Stadt sich mit einem Denkmal für all jene Menschen auseinandersetzen, die für ihre sexuelle Identität verfolgt würden, so Hübner. Es ist noch nicht lange her, dass ein großer Radiosender einen Song zensiert hat, der Homosexualität thematisiert.
Ehemalige Transfrau aus Bayreuth: „Ich darf kein Blut spenden“
In einem weiteren Redebeitrag erzählt Jacqueline Liebel aus Bayreuth von ihrem Leben als ehemaliger Transfrau. Sie stellt sich als 54 Jahre alte, verpartnerte sowie zweifache Oma vor.
Ansehen sei ihr besonders wichtig, und zwar in doppelter Hinsicht: „Wenn ich von ‚Ansehen’ spreche, dann will ich nicht angestarrt werden. Ich will respektiert werden. So wie jeder andere Mensch auch. Ich bin ein Mensch mit einer einzigartigen Identität. Deshalb lebe und liebe ich, wie ich mich am wohlsten dabei fühle.“ Liebel nennt ein konkretes Beispiel für Benachteiligung im Alltag: „Ich darf kein Blut spenden, würde es jedoch gerne. Ich bin überzeugt davon, dass mein Blut im Ernstfall auch Leben retten kann – auch wenn ich nichts davon mitbekommen würde.“ Das Bayreuther Rote Kreuz hat vor wenigen Monaten bayernweit als Erster eine Bonus-App für Blutspender gestartet.
Queer Bayreuth e. V. – bekommt Bayreuth einen Christopher Street Day?
Neben dem Grundsatzprogramm gibt es weitere Punkte, die queeres Leben in Bayreuth betreffen. Für sie macht sich der Verein Queer Bayreuth e. V. stark. Er wird gerade gegründet. Louisa Hübner und Gregor Rooß stellen den Verein gemeinsam vor.
Oberbürgermeister Thomas Ebersberger solle jährlich alle städtischen Einrichtungen, Vereine und Behörden auf das Thema LGBTIQ+ aufmerksam machen. So könnten diese das Thema „queer“ entsprechend aufgreifen, so die Forderung der beiden.
Ein weiteres anvisiertes Fernziel ließ aufhorchen: Bayreuth solle irgendwann seinen eigenen Christopher Street Day bekommen. „Nach den positiven Erfahrungen, die München und Augsburg in Bayern gemacht haben, ist das definitiv ein lohnenswertes Ziel“, ist Rooß überzeugt.
Queeres Leben auch im Landkreis Bayreuth
Die Grünen hoffen, dass der queere Funke von der Stadt Bayreuth dann auf den Landkreis überspringt. „Auch bei uns im Landkreis gibt es queeres Leben und einen Bedarf an Beratung und Antidiskriminierungsarbeit. Gerne nehme ich die Impulse von heute mit in den Regionalausschuss des Kreistags“, sagt Kreisrätin Susanne Bauer in ihrer Funktion als Sprecherin des grünen Kreisverbandes Bayreuth-Land.
Auch der Zweite Bürgermeister von Bayreuth besucht das Queer-Meeting
68 Zuhörer sind es insgesamt, die wissen wollen, wie es der queeren Szene in Bayreuth zugeht. Und natürlich, was sie sich wünscht. Das Thema scheint einen Nerv zu treffen. Der Zweite Bürgermeister von Bayreuth, Andreas Zippel, und die Gruppe „SPD queer“ sind ebenso eingeloggt wie die Gleichstellungsbeauftragte der Uni Bayreuth, Miriam Bauch.
bt-Redakteur Online/Multimedia
Jürgen Lenkeit