Zuletzt aktualisiert am

Gastronomie

Wie eine Kneipe in Bayreuth während Corona die Stellung hält: “erneuten Lockdown würde die Gastronomie nicht überstehen”

von Maximilian Springer

Fast zwei Jahre Sonderzustand durch die Corona-Pandemie hat die Gastronomie hinter sich. Im bt-Interview äußert Andreas Türk, Betreiber des “Bottles” in Bayreuth, seine Hoffnungen und Bedenken in der jetzigen Situation.

Der Sonderzustand der Corona-Pandemie herrscht in Deutschland nun seit fast zwei Jahren vor. Besonders überwältigt durch die Regelungen, die das Virus mit sich bringt, ist die Gastronomie. Doch auch innerhalb der Branche gibt es stärker Betroffene.

Lieferservice und To-Go mögen für Restaurants gute Optionen sein, aber in einer Bar gehen solche Konzepte nicht auf. Wie sich das Ganze auf einen Betrieb auswirkt, erzählt Andreas Türk, Betreiber des “Bottles” in Bayreuth, dem bt.

Fehlende Kundschaft wegen Corona im Bottles in Bayreuth

Kompletter Lockdown, nicht stattfindende Events und geänderte Öffnungszeiten treffen das Bottles hart. Veranstaltungen wie Kneipenquiz, der Jazz Jam oder Konzerte finden aktuell im Bottles nicht statt. Gründe dafür sind nicht nur die staatlichen Regelungen oder Absagen der Gäste, sondern auch eigene Vernunftgründe, so Andreas Türk. Erfolgreiche Events wie das Kneipenquiz müssen deswegen vor Ort teils ausfallen. Das bedeutet für die Bar starke Umsatzeinbußen.

Doch der Barbetreiber bleibt auch im Ausnahmezustand kreativ. So fand das beliebte Kneipenquiz während des kompletten Lockdowns online statt. Inspiriert durch die Verlagerung vieler Businessmeetings in den digitalen Raum wagte er den Versuch und veranstaltete seine Fragerunde im Netz. Bei den Bayreuthern fand das großen Anklang.

Die Freude am Kneipenquiz hat sich Türk nicht nehmen lassen. Als die Corona-Maßnahmen es wieder erlaubt hatten, fand das Event mit Voranmeldung und begrenzter Teilnehmerzahl gemäß Vorschrift statt. Organisatorisch wolle er dies auch nach einem möglichen Ende der Pandemie weiter mit Anmeldung und einer Obergrenze an Rätselnden handhaben. Anfang März soll die Raterunde wieder live im Bottles starten.

Bottles in Bayreuth: „Die Politik hat keine Ahnung von der betrieblichen Realität“

„Es kann doch nicht sein, dass Politiker am Freitag um 23:45 Uhr eine Verordnung veröffentlichen, die ab Mitternacht in Kraft treten soll“, kritisiert Andreas Türk das teilweise Vorgehen der Politik. Neben der bürokratischen Sprache stelle auch der zeitliche Rahmen die Unternehmen vor große Herausforderungen. Gestraft werden am Ende dadurch sowohl der Gastronom als auch der Gast. Türk wörtlich: „Bei dem Wust an Verordnungen und Regularien kennt sich doch keiner mehr aus.“ Im Dezember sagte eine Café-Besitzerin aus Bayreuth, 2G-Plus würde der Gastronomie das Genick brechen.

Für die Kontrolle der Einhaltung der Maßnahmen aufseiten der Gäste sei hauptsächlich der Unternehmer zuständig und das bedeute viel Aufwand. „Die Politik spricht zwar immer von Eigenverantwortung in der Krise, macht dann aber die Unternehmer zu Hilfssheriffs, die die Einhaltung der Regeln kontrollieren müssen“, beschreibt der Barbetreiber seine aktuelle Situation und führt fort: „ Eigentlich sollten nur Leute ins Lokal kommen, die das auch dürfen. Und dann darf das Ordnungsamt das auch gerne kontrollieren.“

Bürokratischer Aufwand erhöht den Personalbedarf

Die komplette Kontrollaufgabe könne nicht vom Staat auf die Wirtschaft abgewälzt werden. Innerhalb der Bar gehe der bürokratische Aufwand so weit, dass er zum Teil mehr Personal braucht, um die Feststellung des Corona-konformen Besuchs zu gewährleisten. Bei manchen Auflagen habe man in Politik und Verwaltung „zu sehr vom Schreibtisch und zu wenig von der Theke aus gedacht.“

Neben der Belastung vor Ort ist auch die Komplexität der Verwaltungsaufgaben im Hintergrund rapide gestiegen. Für den Betrieb wichtige Förderungen wie Kurzarbeitergeld sind mit einem immensen Aufwand verbunden. „Plötzlich wird man mit Themen konfrontiert, mit denen man noch nie etwas zu tun hatte und mit denen man sich eigentlich nie beschäftigen wollte“, beschreibt Andreas Türk sein Aufeinandertreffen mit diversen Anträgen und Formularen.

Gastronomie braucht Kurswechsel der Regierung

Während viele Angestellte der Branche den Rücken gekehrt haben, sei das Bottles in der glücklichen Lage, das Team gehalten zu haben. Allerdings hätten auch diese Einbußen hinnehmen müssen – genau wie der Unternehmer selbst. Denn: Trotz der Förderungen, die zwar geholfen haben, die Kosten zu decken, ist am Ende für einen Unternehmerlohn in den letzten 22 Monaten nichts übrig geblieben.

Trotz seines bisherigen Durchhaltevermögens werde der Geduldsfaden immer dünner. Für ihn stehe fest, dass er bestimmte Dinge grundsätzlich auf den Prüfstand stellen müsse, wenn sich im nächsten halben Jahr nichts massiv ändere. Neben diesem persönlichen Ultimatum gibt es für Andreas Türk noch einen Sargnagel, der die komplette Sparte betrifft: „Einen erneuten kompletten Lockdown würde die Gastronomie als Branche nicht überstehen.“

Auch interessant: Sowohl Söder als auch Aiwanger pochen aktuell auf Lockerungen der Corona-Maßnahmen.

Für die nächste Zeit wünscht sich der Gastronom eine klare Linie der Regierung, wie ein Ausstieg aus den Corona-Bestimmungen aussehen kann. Als Betrieb solle man die Möglichkeit haben, für einen längeren Zeitraum zu planen und nicht von Woche zu Woche die nächste Maßnahme fürchten müssen. Der Besitzer des Bottles erwartet von der Politik allerdings kein abruptes Ende der Corona-Maßnahmen zu einem festen Zeitpunkt in der nahen Zukunft.

„Das Leben vorher war eigentlich ganz schön.“

Den Menschen solle aber eine Perspektive geschaffen werden, möglicherweise in der Form eines Plans, der zeigt, wie stufenweise ein neuer Normalzustand erreicht werden kann. „Dafür gibt es Experten, die man zurate ziehen kann und sollte“, stärkt er seine Aussage.

Teil des neuen Zustands sollte auch die zuvor genannte Eigenverantwortung sein. Die Menschen sollten wieder die Möglichkeit haben, frei zu entscheiden, wo sie hingehen und wo nicht. Für das Bottles spricht er von einer Zukunft, in der wieder Veranstaltungen stattfinden können und er seinen Laden nicht schon um 22 Uhr schließen muss.

Diese Schritte in ein neues Normal müssen langsam ins Rollen kommen. An ein Zurück in den Zustand von 2019 glaubt Türk im Jahre 2022 nicht. Es werde eine andere Normalität sein, er hoffe aber, dass diese nicht allzu weit weg von unserer bisherigen liegt. „Das Leben vorher war eigentlich ganz schön“, sagt Andreas Türk zum Abschluss des Gesprächs dem bt.