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Markgrafen Bayreuth

Markgraf Georg Friedrich Karl – Muttermilch als Heilmittel im Todeskampf

In der Bayreuther Markgrafenzeit entstanden viele Prunkbauten, die das Bayreuther Stadtbild prägen. Stephan Müller blickt auf die sieben Markgrafen, die in dieser Zeit in Bayreuth residierten. 

Teil 4 der Markgrafen-Serie beschäftigt sich mit Markgraf Georg Friedrich Karl. Nachdem Georg Wilhelm keinen Sohn hatte, wurde die Markgrafschaft Bayreuth nun von der Weferlinger Linie regiert. Markgraf Georg Friedrich Karl (1726 bis 1735) verzichtete auf Prunk und Theater. In der Ägide des „Pietisten“ entstand das stattliche Waisenhaus in der heutigen Friedrichstraße, das später als Gymnasium, dann als Gesundheitsamt und heute für die Kriminalpolizei genutzt wird.

Markgraf Georg Friedrich Karl – Ein Leben ohne Prunk und Theater

Nur am Rande wird Markgraf Georg Friedrich Karl (1726 bis 1735) in der Bayreuther Stadtgeschichte erwähnt. Nachdem Georg Wilhelm ohne männliche Nachkommenschaft verschied, gelangte die Regierung an die sogenannte Weferlinger Linie. Während sein Vorgänger Georg Wilhelm und sein Sohn Friedrich, der die preußische Königstochter Wilhelmine heiratete, der Stadt Bayreuth herrliche Gärten und Gebäude im barocken Stil hinterlassen haben, hatte Georg Friedrich Karl für Prunk und Theater nicht übrig. In der Ägide des „Pietisten“ entstand lediglich das stattliche Waisenhaus, das später als Gymnasium, als Gesundheitsamt und heute von der Kriminalpolizei genutzt wird. Seine Zeit vertrieb sich Georg Friedrich Karl im Himmelkroner Schloss. Dort fand er auch seine letzte Ruhestätte.

Muttermilch als Heilmittel

Genauere Aufzeichnungen gibt es um den Todeskampf des alten Markgrafen. Als „letztes Mittel“ versuchte der Leibarzt Dr. Johann Friedrich Seitz sein Leben mit einem alten Heilmittel zu retten: Muttermilch. Von drei „säugenden Weibern“ ist gegen Bezahlung Muttermilch in das Alte Schloss gebracht worden. Eine arme Bäuerin aus Bindlach, eine Tagelöhnersfrau und eine Schneidersfrau wurden gegen – freilich geringe – Bezahlung als Milchspenderinnen gewonnen. Wilhelmine fand den am Ende zwecklosen Heilversuch schon damals als „lächerlich“. Weniger „lächerlich“ ist aber die Tatsache, dass die Schneidersfrau, die sieben Wochen zwei- bis dreimal täglich „ihre Milch gereichet“ hat, „dabei ihr Kind eingebüßet hat“.

Nachdem sie zwölf Gulden „zur Trauer“ und weitere sechs Gulden für die Beerdigung des Kindes erhalten hat, genehmigte der Geheime Rat von Bayreuth nach dem Tode des Markgrafen weitere 25 Gulden „zur Gnade“. Damit ist bewiesen, dass Muttermilch noch lange nach dem Mittelalter bis in die Neuzeit als „Allheilmittel“ und „Kraftnahrung“ verwendet wurde. Im Mittelalter setzte man es bei Magenschmerzen, gegen Gicht und Augenerkrankungen ein. In Persien wurde Muttermilch „frisch von der Erzeugerin“ in Bazaren verkauft.

Todeskampf von Markgraf Georg Friedrich Karl

Im Herbst 1734 erwarteten Wilhelmine und ihr Bruder Friedrich noch ungeduldig den Tod des Markgrafen in Bayreuth und des Soldatenkönigs in Berlin, dessen Stockschläge und barbarische Erziehung den beiden noch in bester Erinnerung waren. Den beiden Geschwistern schien der zeitgleiche Antritt der Regierung beschieden zu sein: Eiskalt und skrupellos ist nun ihr Briefwechsel. Wilhelmine an Friedrich: „Wir suchen die kurze Zeit, die uns noch bleibt, dem Vergnügen zu widmen; denn wir stehen am Vorabend einer großen Trauer. Dem Markgrafen geht es so schlecht, dass man ihm keine vierzehn Tage mehr gibt. Auch Ihnen prophezeie ich binnen kurzem ein Trauerkleid. Ich bin sicher, unser Schicksal wir seine Sympathie nicht verleugnen“.

Am 7. März 1735 schreibt Friedrich an Wilhelmine: „Ich bin entzückt, wie beharrlich der Tod dem alten Markgrafen zusetzt.“ Eiskalt – aber aufgrund der Brutalität des Soldatenkönigs wohl nachvollziehbar. So musste Friedrich mit eigenen Augen ansehen, wie sein Vertrauter Leutnant Katte, der ihm bei seinem gescheiterten Fluchtversuch über Paris nach London geholfen hatte und bei dem ein kleines Porträt von Wilhelmine gefunden wurde, hingerichtet wurde. Friedrich selbst wurde ins Gefängnis gebracht. Als der Vater ihm – wohl zum Vergnügen – einen Geistlichen sandte, sah Friedrich, der als „der Große“ in die Geschichtsbücher einging, auch sein Ende gekommen.

Wilhelmine am Sterbebett von Schwiegervater Georg Friedrich Wilhelm

Während sich der König von Preußen wieder erholte und noch bis 1740 weiterregierte, starb der Markgraf Georg Friedrich Karl am 17. Mai 1735. Wilhelmine hat das Sterben ihres Schwiegervaters mehrere Tage hautnah miterlebt.

Sie schreibt ihrem Bruder: „Der Markgraf ist heute um 6 ½ Uhr verschieden. Ich verließ ihn erst nach dem letzten Seufzer. Er hatte den schrecklichsten Tod, den es gibt, den Brand im Halse, und dazu einen neunstündigen Todeskampf, bei dem er wie ein Verdammter litt und nicht sterben konnte. Er war bis zuletzt bei vollen Bewusstsein und ist mit einem Heroismus und einer Ergebung ohnegleichen gestorben“.

Darauf Friedrich: „Liebste Schwester! Ich bin außerstande, Ihnen zum Tode des Markgrafen, Ihres Schwiegervaters, mein Beileid auszusprechen; denn ich bin so froh, dass er beim ‘Lieben Gott’ ist, dass ich ihn nicht aus dem Paradies zurückwünsche. So empfangen Sie denn statt meiner Klagen den Ausdruck meiner lebhaftesten Freude, dass sie jetzt vor allem Kummer geborgen sind. Da Sie mein halbes Ich sind, fühle ich mich schon halb glücklich… Meine Glückwünsche an den Markgrafen! Wenn er meinen Rat folgt, muss er jetzt in der allerbesten Laune sein.“

Stephan Müller

Stephan Müller

Stephan Müller (54) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.

Markgraf Friedrich Christian von Bayreuth. Repro: Stephan MüllerMarkgraf Friedrich Christian von Bayreuth. Repro: Stephan Müller
Markgraf Christian Ernst von Bayreuth. Repro: Stephan MüllerMarkgraf Christian Ernst von Bayreuth. Repro: Stephan Müller
Markgraf Christian von Bayreuth. Repro: Stephan MüllerMarkgraf Christian von Bayreuth. Repro: Stephan Müller