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Kommentar

Gerichte sollten härtere Strafen gegen “Klimakleber” verhängen – um sie zu schützen: ein Kommentar

ein Kommentar von Johannes Pittroff
Bayreuther Tagblatt - Johannes Pittroff

Johannes Pittroff

Gerichte sollten bei Prozessen gegen die “Klimakleber” klare Kante zeigen. Sonst droht die Wut der Autofahrer noch weiter zu eskalieren. Ein Kommentar.

Die Wut gegen Aktivisten der “Letzten Generation” entlädt sich erschreckend oft in Gewalt. Das hat sich nun auch in Bayreuth gezeigt.

Gerichte müssen härtere Urteile gegen “Klimakleber” fällen. Sonst könnten noch mehr wütende Bürger versuchen, das Gesetz in die eigene Hand zu nehmen.

Gewalt gegen Klimaaktivisten kocht hoch – auch in Bayreuth

Junge Leute in Warnwesten setzen sich auf eine Straße, einige kleben eine Hand auf den Boden. Autofahrer hupen, die ersten brüllen Beleidigungen aus dem Auto. Bald steigt einer aus, packt einen der Aktivisten an der Warnweste, zerrt ihn über die Straße, wirft ihn auf den Gehweg.

Dieses Bild sehen wir momentan erschreckend häufig bei den Straßen-Blockaden der “Letzten Generation”. Auch in Bayreuth. Während es bei der Klebe-Aktion im Februar dieses Jahres noch bei Beleidigungen blieb, hat bei der neuesten Aktion am Wittelsbacherring ein Handwerker, der nicht mehr weiterfahren konnte, einen Aktivisten von der Straße gezerrt.

Aus anderen Städten erreichen uns ähnliche oder schlimmere Bilder: Wütende Autofahrer und Passanten schubsen, schlagen und treten Aktivisten. Und in den “Sozialen” Medien fordern Nutzer – häufig unter ihrem vollen Namen – zu noch mehr Gewalt auf.

Die Gerichte müssen urteilen, nicht die Bürger

Wenn bei Einzelnen die Wut überkocht, brodelt sie bei vielen. Einer aktuellen repräsentativen Umfrage von Infratest dimap zufolge halten 85 Prozent der Deutschen die Straßen-Blockaden für nicht gerechtfertigt. Doch letztlich ist nicht die Frage, wie viel Prozent Verständnis haben oder nicht. Entscheidend ist die Frage, wieso die Wütenden gewalttätig werden.

Die Gewalt gegen Aktivisten ist eine Form der Selbstjustiz. Eigentlich ist klar, dass die Justiz in der Hand der Gerichte liegt. Die Polizisten können lediglich so schnell wie möglich die Klebe-Blockaden auflösen. Strafen verhängen müssen die Richter im Land.

Eine Verwarnung reicht nicht

Wenn wütende Bürger auf Aktivisten losgehen, sollte man dann wirklich die Aktivisten härter bestrafen? Müsste man nicht vielmehr gegen die Angreifer vorgehen? Natürlich muss die Polizei gegen jeden ermitteln, der einen Aktivisten angreift. Und die Gerichte müssen ihn gegebenenfalls verurteilen. Aber das reicht nicht.

Die meisten deutschen Gerichte zeigen sich bisher einig, dass die Klebe-Blockaden den Tatbestand der Nötigung erfüllen. Oft gibt es Geldstrafen, manchmal auch nur Verwarnungen. Die Urteile werden der Tatsache nicht gerecht, dass landauf, landab eine solche Straftat nach der anderen geschieht. Gezeigt hat sich das erst vergangene Woche in Bayreuth.

Das Bayreuther Amtsgericht hat vergangene Woche mehrere Aktivisten der “Letzten Generation” verurteilt. Einer von ihnen ist 21 Jahre alt, also kein Jugendlicher mehr und auch kein Heranwachsender. Er hat beim Prozess auf seinen Standpunkt beharrt. Urteil: eine Verwarnung. Der Aktivist hat noch im Gerichtssaal die nächste Blockade angekündigt.

Meinen sie es nicht gut?

Das Bayreuther Gericht hat es den Aktivisten angerechnet, dass sie eine gute Absicht verfolgen würden. Man muss den Aktivisten ihre Ziele natürlich – teilweise – zugutehalten: Sie setzen sich nach ihrem Verständnis für die Menschheit ein. Gerade in einer Zeit, in der sonst der Egoismus immer weiter zunimmt, sollte man ihnen dafür die Achtung aussprechen, die ihnen gebührt.

Allerdings bedeuten die Aktionen auch: Die “Letzte Generation” will die Regierung zu Maßnahmen zwingen, die die Aktivisten selbst für richtig halten. Und anderen den eigenen Willen aufzuzwingen, das ist keine gute Absicht mehr.

Zeigen, wer das Recht in der Hand hält

Die Gerichte haben hier nicht nur die Aufgabe, die gesellschaftliche Ordnung zu wahren. Sondern auch, junge Menschen mit guten Absichten in bessere Bahnen zu lenken. Damit sie ihre Energie, ihre Visionen und ihre Intelligenz irgendwann nutzen, um etwas voranzubringen, statt etwas zu blockieren.

Deutlichere Strafen werden die nächste Blockade sicher nicht verhindern. Aber sie würden zeigen, dass die Justiz immer noch in den Händen der Gerichte liegt.