Hans Walter Wild: „Ich liebe es, in die Berge zu sch…“

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Hans Walter Wild galt als ein glänzender Redner mit viel Überzeugungskraft. Anlässlich seines 100. Geburtstags am 27. November hat der geschichtsinteressierte Stephan Müller in den Geschichtsbüchern gestöbert und die besten Reden Wilds herausgesucht. Dabei ist er auch auf einen großen Fauxpax des Rhetorikers gestoßen.


Rede in Bayreuth: Oh lala!

Da saß Bayreuths Oberbürgermeiser nun in trauter Runde mit Stadträtinnen und Stadträten aus der neuen Partnerstadt Annecy und parlierte auch ein wenig in französischer Sprache.

Thema war das nahe Fichtelgebirge mit den Wintersportorten Warmensteinach und Bischofsgrün oder die Skipisten auf dem Ochsenkopf. Der Oberbürgermeister wollte der Runde mitteilen, dass er es liebt in den Bergen Ski zu fahren und sagte also:

I`aime chier dans les montagnes

Auch wenn das französische Wörtchen „chier“ auf dem Papier dem Wörtchen „Schier“ sehr ähnlich sieht und auch ein wenig ähnlich klingt: „Chier“ heißt im Französischen nun einmal „scheißen“. Hans Walter Wild teilte seinen verwunderten Zuhörern also mit, dass er es liebt, in die Berge zu „sch …“.

Hans Walter Wild mit den ersten „Politessen“ in Bayreuth. Foto: Bernd-Mayer-Stiftung

Eine französische Stadträtin kommentierte die von Hans Walter Wild ausgesprochene Vorliebe nach einer wohl gesetzten Pause mit einem tiefen: „Oh lala la!“

Hans Walter Wild: Zitate aus seinen Reden

Es ist wohltuend, dass solch ein „Fauxpas“, der nach der Richtigstellung des anwesenden Übersetzers an diesem Abend für Stimmung sorgte, auch einem Mann wie Hans Walter Wild passieren kann. Ein weiteres „Fettnäpfchen“ ist uns auch nicht bekannt. Denn Hans Walter Wild war ein hervorragender Redner, der es in Sekundenschnelle verstand, sich auf seine Zuhörer, egal ob auf Politikprominenz, Bankdirektoren, einem Kegelclub oder bei einer Faschingsnarren, mit den richtigen Worten einzustellen.

Hier einige interessante Zitate aus seinen Reden und Interviews:

Es ist ermutigend, aber auch menschlich erhebend, dass wir 20 Jahre nach Beendigung dieses furchtbaren Krieges mit den Vertretern Annecys zusammen sein dürfen, um mit ihnen gemeinsam der Vergangenheit zu gedenken und mit ihnen über die Zukunft zu sprechen. (23.7.1966 zum Festakt der Städtepartnerschaft Bayreuth-Annecy)

Richard Wagner und Bayreuth – eines hat das Bild des anderen mitgeprägt. Ohne Bayreuth und seine Bürger wäre Wagners Festspielidee vielleicht nie und nirgends Wirklichkeit geworden, hätte der Name Richard Wagner nicht die volle theatergeschichtliche Bedeutung erreicht, die er heute hat. Aber ohne ihn, ohne seine Festspiele, wäre Bayreuth nicht Bayreuth. (23. Juli 1976).

Die Erfolge der Sportler der DDR kommen nicht nur aus der Küche des Staatssports mit seinen Möglichkeiten und Vorteilen. Sie sind auch getragen vom Selbstbewusstsein der Frauen und Männer aus dem Osten Deutschlands. Während wir in der Bundesrepublik Deutschland darauf verzichten, dass die eigene Fahne gezeigt und die Nationalhymne gespielt wird, bildet das Nationalbewusstsein der DDR, in übersteigerten Maße produziert, den Motor großartiger und ungewöhnlicher sportlicher Leistungen. (…). Auch wir Deutsche haben ein Recht auf dieses gesunde Selbstbewusstsein, ja ich meine sogar, wir haben auch die Pflicht zu solchem Selbstbewusstsein, wenn wir mit unseren westlichen Brudervölkern in einem künftig vereinten Europa bestehen wollen. (5. November 1968 zum Empfang der Schwimmerin Heidi Reineck, die in Mexico City Bronze gewann)

Mit seinen Hunden verbrachte Hans Walter Wild seinen Lebensabend in seinem Wohnsitz auf dem Gut Grunau. Foto: Stephan Müller

Mainz wie es singt und lacht, ist nicht Bareith, wie es schläft bei Nacht, und ein hiesiger Faschingsball ist noch lange kein rheinischer Karneval. Trotzdem keine Spur von Neid: Denn Köln ist zwar Köln, aber Bareith bleibt Bareith! Und wenn sie dort jubeln ihr „helau – alaaf“: Mir bleibn do Schwarz-Weiß und raunzen: „Awaaf!“ (9. Januar 1978)

Wir lehnen es ab, auf die Dauer immer neue weiterführende Schulen zu bauen und auf unsere Kosten Schüler auszubilden, die zwangsläufig in die Ballungsräume auswandern, weil es die für sie geeigneten, qualifizierten Arbeitsplätze in Oberfranken nicht mehr gibt … Wir wollen nicht zu einem Altersheim der Bundesrepublik werden. Wir wollen die Kraft unserer noch unverbrauchten Jugend nicht ständig an andere abgeben, die sich spät darauf besinne, dass in Oberfranken die Luft rein, das Wasser sauber und das Klima nicht rauh, sondern gesund ist… (6. Juni 1969)