Wie der Sophienberg zu seinem Namen kam
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Von gescheiterten Aussichtstürmen und hohem Besuch: Die Historie des Sophienberges und wie er zu seinem heutigen Namen kann.
Die Wanderungen auf dem Sophienberg haben Richard Wagner gefallen. Nur gut vier Wochen nachdem er seinen Lebensmittelpunkt nach Bayreuth verlegt hat, wanderte auf den 594 Meter hohen „Bayreuther Hausberg“. „Ein schönes Ländchen, alle menschlich freundlich“ schreibt Cosima Wagner am 28. Mai 1872 in ihr Tagebuch. Die schönsten Eintrage Cosimas über den Sophienberg finden wir im Jahr 1878. Richard freut sich „zu wissen“, in so einem „hübschen Ding zu sein“. Eine Schar Gänse nimmt von oben sich aus wie ein „bewegliches Silberband“ und das verschiedene Grün der Wiese und des Tales erfreut das Auge.
Hübsche Gegend
Und bei einer „weiteren Partie“, die die Familie am 8. Juni 1878 „in heiterster Laune ausführt“, trägt eine Frau ein Fässchen Bier hinauf. „Der Onkel zapft“ heißt es. Richard genießt sein Bier, freut sich an der „hübschen Gegend“ und sagt zu Cosima: „Nicht zehn Pferde bringen mich von hier fort“.
Auszug aus Cosima Wagners Tagebüchern
28.05.1872
Dienstag 28ten Mit den Kindern seit gestern wieder gearbeitet; an Hans geschrieben, auch an Fritz und L. Bucher wegen Herrn Lang. Viel über die 9te Symphonie gesprochen; wie kam B. zu der Idee, das Gedicht von Schiller zu komponieren? (…) Zum Sophienberg mit M. Meysenbug, schönes Ländchen, alle menschlich freundlich.
05.08.1872
Montag 5ten Ich korrigiere einige Blätter aus R.’s Biographie, während er an seinem Aufsatz arbeitet. Nachmittags gehen die Kinder zum Eckersdorfer Pfarrer und ich bleibe bei Loldi, während R. nach der Gegend des Sophienberg hin sich verliert, wo er mehrere Dörfer besucht. Abends liest er mir zum Spaß den ersten Akt von den Hebbel’schen »Nibelungen«; unglaublich schlechtes Machwerk.
08.06.1878
R. arbeitet etwas und beschließt dann eine Partie nach dem Sophienberg, welche wir dann in heiterster Laune ausführen. Eine Frau, die eben heute [dort war], trägt uns das Fäßchen Bier hinauf1, der »Onkel« zapft; R. freut sich der hübschen Gegend, »nicht zehn Pferde bringen mich von hier fort«. Um halb 9 nach Hause, Fidi’s Erinnerung an die rauhe Culm beim Sophienberg macht R. Vergnügen.
25.06.1878
Dienstag 25ten Partie nach dem Sophienberg, ein wenig anstrengend, aber trotzdem erfreulich, wie aufgehaltene Wellen liegt das hügelige Land vor uns, R. sagt: Man freut sich zu wissen, in so ein[em] hübschen Ding zu sein, eine Schar Gänse nimmt von oben sich aus wie ein »bewegliches Silberband«, und das verschiedene Grün der Wiese und des Tales erfreut das Auge.
Beliebtes Ausflugsziel
Der Sophienberg war auch bei den Bayreuthern als Ausflugsziel beliebt. Aus den städtischen Akten geht noch heute hervor, dass am 30. Dezember 1887 genau 44 Bayreuther bei ihrem Bürgermeister Theodor von Muncker vorsprachen. Sie brachten vor, dass sie gemeinsam das kleine Grundstück rund um die alte Ruine am Sophienberg gekauft haben, um dort, wie schon Friedrich II., Markgraf von Brandenburg-Kulmbach im Jahr 1494, einen Aussichtsturm zu errichten. Dafür würden sie das Grundstück auch unter der Bedingung der Stadt Bayreuth überlassen, dass es für alle Zeit in deren Eigentum bleibt. Es ist nicht mehr festzustellen, warum aus dem Vorhaben nichts wurde.
Wieder kein Aussichtsturm
Genau einhundert Jahre später, das Grundstück ist immer noch im städtischen Eigentum, erfahren die „Naturfreunde“ davon und bieten an, einen Aussichtsturm zu errichten. Ein Kostenvoranschlag ergab die Summe von 150.000 Deutsche Mark, die über Eigenmittel und einer Förderung aus dem Programm „Freizeit und Erholung“ des Freistaates aufgebracht werden sollte.
Nach Vorberatungen im Hauptausschuss und im Umweltausschuss wurde das Vorhaben mit einem positiven Gutachten am 29. September 1987 dem Bayreuther Stadtrat vorgelegt, der dem Projekt zustimmte. Wie wir alle wissen, wurde das Projekt, wohl aus Kostengründen, nicht mehr weiter verfolgt.
Einer von den Signaltürmen
Die Wartburg am Sophienberg gehörte einem System von „Signaltürmen“ aus der früheren Markgrafenzeit an. Markgraf Friedrich hat 1498, also vier Jahre nachdem der Turm auf dem Sophienberg errichtet wurde, eine „Wartordnung“ für das Gebiet „oberhalb des Gebürgs“ (also der Fränkischen Schweiz) mit 13 Türmen erlassen.
Viele dieser Türme sind noch erhalten, beziehungsweise wurden neu errichtet. Dazu zählen das „Backöfele“ auf dem Schneeberg, der Rehturm bei Kulmbach, der Magnusturm bei Kasendorf oder der Turm auf dem Rauhen Kulm. Zwei weitere schöne Aussichtstürme, die aber viel später errichtet wurden und freilich nichts mit dem – zum Teil „bewachten“ – Wart-System der Markgrafen zu tun haben, sind der Klausenturm bei Mehlmeisel und der Aussichtsturm bei Hohenmirsberg.
Wie aus dem Culm der Sophienberg wurde
Die schöne Aussicht vom Sophienberg war auch schon den Markgrafen bekannt. Sie errichteten auf dem Berg, der früher den slawischen Namen Culm (Hügel, Bergkuppe) trug, zwischen 1663 und 1669, an der Stelle, an der früher ein „Wartturm“ aus dem Jahr 1494 stand, ein kleines Schlösschen und nannten den „Culmberg“ nun Sophienberg. Namensgeberin war Erdmuthe Sophie von Sachsen, die Gemahlin von Markgraf Christian Ernst. Nach ihrem Regierungsantritt im Jahr 1735 bekam das Markgrafenpaar Friedrich und Wilhelmine hohen Besuch.
Markgraf von Schwedt zu Besuch
Mit Wilhelmines Schwager Friedrich Wilhelm von Schwedt, der überall der „tolle Markgraf“ genannt wurde, kam ein ziemlicher Angeber nach Bayreuth. Wilhelmine mochte ihn nicht. Sie hätte 1731 den neun Jahre älteren Markgrafen von Schwedt (geb. 1700) heiraten sollen, lehnte ihn aber genauso ab wie Herzog Johann Adolf II. von Sachsen-Weißenfels, der 24 Jahre älter als sie war. Bevor sie der Vater in Festungshaft nach Spandau schickt, entschied sie sich für den ein Jahr jüngeren Erbprinzen Friedrich und folgte ihm 1732 nach Bayreuth. Nun waren sie also zu Besuch. Der Markgraf von Schwedt und Wilhelmines Schwester Sophie Dorothea Marie, die ihn 1734 ehelichen musste.
Eine Jagd auf dem Sophienberg
Der Markgraf von Schwedt war ein verwegener Reiter und leidenschaftlicher Jäger. Angeblich soll er riskante Abenteuer, wie den Ritt durch drehende Windmühlenflügel oder Sprünge von Kutschen in schneller Fahrt geliebt haben. Um dem Schwager etwas zu bieten, veranstalteten Friedrich und Wilhelmine eine Jagd auf dem Sophienberg.
Wie fast alle Markgrafen aus dem Haus Hohenzollern war auch Markgraf Friedrich ein passionierter Jäger. Er hatte sich gleich zu Beginn seiner Regierung in Bayreuth Pferde und Hunde aus England kommen lassen, um Parforcejagden mit Hunden abhalten zu können. Eine der ersten Gelegenheiten, die sich dafür bot, war der Besuch des unbeliebten Schwagers. Schließlich nahm die Jagd als zentrales Ereignis höfischer Repräsentation eine herausragende Stellung ein.
Eine große Herausforderung
Mit diesen Draufgänger auf Jagd zu gehen war allerdings für den erst etwa 25-jährigen Friedrich in dem schwierigen hügeligen Gelände eine große Herausforderung. Sumpfige Wiesen waren bei solchen Parforce-Jagden für Mensch und Pferd eine hochgefährliche Angelegenheit. Aber da musste er durch. Es wurden 50 Hunde mitgenommen, weitere 50 Hunde warteten auf die Ablösung. Ziel der Hetzjagd war ein kapitaler Hirsch. Der weiße Zwölfender mit „einem stattlichen“ Geweih, der dem Gast geboten wurde, wurde bereits vorher „angejagt“.
Die schönste Zinne
Es ging los. Der Markgraf von Schwedt zeigte seine Geschicklichkeit als Piqueur, also als Vorreiter. Er sorgte selbst dafür, dass dem Hirsch alle Rückwege „ins Holz“ abgeschnitten wurden. Der Hirsch wurde erlegt. Der Schwedter blickte in die Umgebung und rief: „Hol mich der Teufel, Herr Schwager, du hast mich ja auf die schönste Zinne deiner Markgrafschaft geführt; ein solcher Anblick macht alles vergessen!“
Er bat Schenk von Stauffenberg um einen Becher Wein und brachte vor dem Spiel der Fanfaren den folgenden Toast auf das Markgrafenpaar aus:
Der weiße Hirsch mit seiner Pracht hat mich tief in den Schlamm gebracht, doch mit dem Humpen voll Burgunder blick ich lustig nach Bayreuth hinunter, wo unser Schwager Friedrich thront und die liebe Wilhelmine wohnt.Für beide sei dieser Trunk gebracht, so freudig wie die Sonne lacht.
Vielleicht war er ja doch nicht so unsympathisch, der Markgraf von Schwedt ….
Text: Stephan Müller
Stephan Müller (53) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.
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