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Dr. Fritz Kempfler: Ein Nationalsozialist kapituliert

In Teil 12 der bt-Serie zu Bayreuths Bürgermeistern erzählt bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller von Dr. Fritz Kempfler, einem Nazi der vor den Amerikanern kapitulieren musste.


Nachfolger von Gauleiter Wächtler

Nachdem der unbeliebte Gauleiter Fritz Wächtler mit Dr. Karl Schlumprecht und Dr. Otto Schmidt bereits zwei Bayreuther Oberbürgermeister “verschlissen hatte” setzte er sich im Mai 1938 selbst als Stadtoberhaupt ein. Dies fand nicht die Billigung des Führers, der Wächtler ein Ultimatum setzte.

Schon am 1. Juli 1938 berief er den Eggenfeldener Dr. Fritz Kempfler (1904 – 1985), der als berufsmäßiger Stadtrat in Fürth tätig war, zum neuen Oberbürgermeister. Dem 33-jährige Juristen und Stipendiaten des Maximilianeums gelang es, sich neben dem mächtigen Gauleiter zu behaupten.

Bayreuth wächst

Durch Eingemeindungen zum 1. April 1939 gelang es ihm das Stadtgebiet durch die Eingemeindung von Cottenbach, Crottendorf (heute Bindlach), Oberkonnersreuth, St. Johannis, Colmdorf und Meyernberg zu vergrößern. Die Einwohnerzahl stieg um 2.200 auf rund 45.000 Einwohner. Durch diese Gebietsreform gewann das Stadtgebiet mit rund 1.000 Hektar fast die Hälfte des bisherigen städtischen Grundes dazu. Reichsstatthalter von Epp soll dem NSDAP-Politiker mitgeteilt haben, dass er doch noch “einen kleinen Teil Oberfrankens außerhalb von Bayreuth belassen möge”.

Brand verhindert – Opernhaus gerettet

Kempfler gehörte wohl zu der Kategorie von Nationalsozialisten, die von der Ideologie überzeugt waren, ohne sich völlig fanatisieren zu lassen. In den Beginn seiner Amtszeit fiel die so genannte “Reichskristallnacht” am 9. November 1938. Gauleiter Wächtler weilte zum 15-jährigen Gedenktag des Münchner Hitlerputsches in München, wo Reichsminister Goebbels die Anweisungen für die Vernichtung der jüdischen Synagogen verkündete. In der Bayreuther Ludwig-Siebert-Halle gab es ebenfalls eine Gedenkfeier. Aus München ordnete Wächtler die Vernichtung der Bayreuther Synagoge in der Münzgasse auf.

Oberbürgermeister Kempfler konnte eine Brandlegung wegen der Gefährdung für das angrenzende Markgräfliche Opernhaus verhindern. Dennoch wurde die Einrichtung zerstört oder abtransportiert.

Unterbrechung wegen Kriegsdienst

Kempflers Tätigkeit in Bayreuth wurde immer wieder durch militärische Einberufungen unterbrochen. Im zweiten Weltkrieg wurde er ab 1941 als Leutnant im Luftgaupostamt in Paris und in Frankfurt eingesetzt und ab 1942 als Oberleutnant der Flakartillerie eingesetzt. Er erhielt das Eiserne Kreuz II. Klasse und die Afrika-Medaille. Im Februar 1944 schied er wegen einer schwerer Strahlenpilz-Erkrankung und einer Kehlkopferkrankung aus dem Militärdienst aus. Am 30. August 1944 nahm er seinen Dienst im Bayreuther Rathaus wieder auf. In den letzten Kriegswochen bewahrte Umsicht und ließ seine Stadt nicht im Stich.

Ganz im Gegensatz zu Gauleiter Fritz Wächtler, der seit 1944 auch SS-Obergruppenführer war. Nach dem Vorstoß amerikanischer Truppen auf die Gauhauptstadt wurde Wächtler wegen vorzeitigen Verlassens seiner Befehlsstelle in Bayreuth von einem SS-Kommando in der Gauleitungs- Ausweichstelle angeblich auf Grund eines Hitler-Befehls bei Waldmünchen erschossen. Wohl nichtl zu Unrecht wurde hier eine Intrige seines Stellvertreters Ludwig Ruckdeschel vermutet.

Kapitulation vor Amerikaner

Doch zurück zu Dr. Fritz Kempfler. Als die amerikanischen Truppen am 14. April 1945 von Altenplos in Richtung Bayreuth vorrückten, ließ er sich auf Verhandlungen in Cottenbach ein.

Kempfler hätte den Amerikanern seine Stadt auch ohne den berühmten Ausspruch “Entweder Übergabe oder we make Bayreuth flat…” übergeben. Vorher musste er jedoch in St. Johannis den General Hagl, der die Stadt (“Befehl ist Befehl”) immer noch verteidigen will, zur Kapitulation überreden. In der Zwischenzeit hissten die Bayreuther auf Aufforderung des Kaffeehausbesitzers Willi Kröll (“Schlosscafè Metropol”) weiße Flaggen. Danach half Kröll beim Löschen des Alten Schlosses.

Krölls Zivilcourage blieb den Amerikanern nicht verborgen. Am 15. April erhielt er ein Ernennungsschreiben, das ihn mit dem Satz “Willi Kröll is hereby appointed Burgermeister of the City of Bayreuth” zum Bürgermeister. Kempfler wird am 17. April in ein Internierungslager gebracht. Kröll behielt sein Amt nur wenige Tage, ehe er wieder – vor allem für die Besatzungsmacht – als Gastronom tätig wurde. Dr. Fritz Kempfler starb am 18. Oktober 1985 in seiner Heimatstadt Eggenfelden.


Text: Stephan Müller

 

Bayreuths Bürgermeister: Die Stadt in den Händen der Nazis

In Teil 11 der bt-Serie zu Bayreuths Bürgermeistern erzählt bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller von der Zeit der Nationalsozialisten.


Einzug der Nazis in den Stadtrat

Mit dem Einzug der Nationalsozialisten in den Stadtrat war besonders die bisher eher ausgleichende kommunalpolitische Strategie von Albert Preu an ihre Grenzen gelangt. Dem bürgerlich-konservativ verwurzelten Bürgermeister machten die rhetorischen und volksverhetzenden Fähigkeiten des jungen Hans Schemm schwer zu schaffen.

Im Stadtrat kam es oft zu chaotischen Zuständen. Am 1. Mai 1933 wurde Preu “nach Erreichung der Altersgrenze” von den neuen Machthabern in den Ruhestand geschickt.

Jüngster Oberbürgermeister des Reiches

Sein Nachfolger wurde der Fürther Dr. Karl Schlumprecht von der NSDAP. Der mit 32 Jahren jüngste Oberbürgermeister des gesamten Reiches stand trotz des großen Karrieresprungs ganz im Schatten des zehn Jahre älteren Gauleiters Hans Schemm. Nach dessen tödlichem Flugabsturz am 5. März 1935 wurde der unbeliebte Fritz Wächtler (1891 – 1945) Gauleiter, der Bürgermeister Schlumprecht zwei Jahre später aus dem Dienst entfernte.

Vom Bürgermeister zum Ministerialdirektor

Zur Eskalation des Konflikts kam es, als der frühere thüringische Kultusminister die beiden von Schlumprecht eingesetzten Krankenhaus-Chefärzte Dr. Wolfgang Deubzer und Dr. Hermann Koerber wegen angeblicher “Sabotage am Volksgesundheitswerk” vom Dienst suspendieren und verhaften ließ.

Schlumprecht konnte kurz vor seiner “Absetzung” noch wichtige Verbindungen knüpfen. Im April 1937 konnte er sich als neu ernannter Ministerialdirektor in München dem Zugriff Wächtlers entziehen. Karl Schlumprecht starb am 31. März 1970 in München.

Von Hitler abgelehnt

Auf Vorschlag Wächtlers wurde der Coburger Oberbürgermeister Dr. Otto Schmidt (1901 – 30. April 1945) ab 27. Juli 1937 neues Stadtoberhaupt in der Gauhauptstadt. Auch er kam mit dem totalen Nationalsozialisten Wächtler nicht zurecht, warf schon am 3. Mai 1938 das Handtuch und verließ Bayreuth in Richtung Hanshagen. Daraufhin setzte sich Fritz Wächtler selbst als kommissarischer Oberbürgermeister ein. Dies fand jedoch nicht die Zustimmung Hitlers, der in diesen Jahren immer wieder Gast im Hause Wahnfried war. Er forderte Wächtler auf, bis zum Beginn der Bayreuther Festspiele ein neues Stadtoberhaupt einzusetzen.

Der Führer wurde von Wächtlers Stellvertreter und Intimfeind Ludwig Ruckdeschel, dessen Frau gute “Kontakte” nach Berlin hatte, regelmäßig über die Vorkommnisse in Bayreuth informiert. Wächtler war bei Hitler ohnehin wenig geschätzt, weil er als Alkoholiker zu unbeherrschten Ausbrüchen und Bloßstellungen gegenüber Untergebenen neigte. Wächtler befolgte das Ultimatum sofort und berief schon am 1. Juli 1938 den 33-jährigen Eggenfeldener Dr. Fritz Kempfler zum neuen Oberbürgermeister.

Nachzutragen bleibt, dass Dr. Wolfgang Deubzer zusammen mit dem späteren bayerischen Finanzminister Dr. Konrad Pöhner oder dem bekannten Rechtsanwalt Dr. Fritz Meyer einer von fünf “Freien Wählern” (heute Bayreuther Gemeinschaft) im ersten Nachkriegs-Stadtrat von Bayreuth vertreten war.


Text: Stephan Müller

Albert Preu – der erste vom Volk gewählte Bürgermeister Bayreuths

In Teil 10 der bt-Serie zu Bayreuths Bürgermeistern erzählt bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller von Albert Preu, dem ersten, vom Volk gewählten Bürgermeister Bayreuths.


Mit 60 Prozent gewählt

Der im unterfränkischen Castell geborene Albert Preu (1868 – 1944) war der erste Bayreuther Oberbürgermeister, der direkt von der Bevölkerung gewählt wurde. Am 13. Juli 1919 wurde er mit 60 Prozent aller Stimmen klarer Sieger über seinen Gegenkandidaten Karl Hugel (SPD). 

Preu war in Bayreuth schon seit 20. Juli 1894 während der Amtszeit seines Vorgängers Dr. Leopold Cassemann als Rechtsrat in städtischen Diensten und fungierte als Stellvertreter von Oberbürgermeister Dr. Leopold Casselmann. Damit hatte er gegenüber Hugel einen klaren “Amtsbonus” weil Casselmann als Landtags- und Reichstagsabgeordneter sehr häufig und längere Zeit in München und Berlin weilte. 

Foto: Stephan Müller.

Der Flaggenstreit

Auch wenn Albert Preu nicht immer Toleranz gegenüber seinen politischen Gegnern zeigte, gelang es ihm in den ersten Jahren, dass fast 90 Prozent der Stadtratsbeschlüsse einstimmig gefasst wurden. 

Den Unmut seiner bürgerlichen Kollegen zog er sich allerdings in dem sogenannten “Flaggenstreit” zu. Als die Stadtverwaltung nach dem Tod des ersten sozialdemokratischen Reichspräsidenten Friedrich Ebert eine Trauerbeflaggung veranlasste, forderte die bürgerliche Mehrheit des Stadtrats die sofortige Entfernung. 

Der spätere Bayreuther Ehrenbürger sprach sich für eine Beflaggung aus und erinnerte daran, dass diese Ehre auch toten Gegnern erwiesen werden sollte. Daraufhin warf man ihn eine fehlende vaterländische Gesinnung vor.

Nazis im Stadtrat

Noch schwieriger wurde seine Amtszeit mit dem Einzug der Nationalsozialisten in den Stadtrat. Der höfliche und in bürgerlich-konservativen Traditionen verwurzelte Sohn eines Kirchenrates, der stets mit einer ausgleichenden kommunalpolitische Strategie Erfolg hatte, war den lauten und volksverhetzenden Rhetorikern der NSDAP – allen voran der junge Hans Schemm – unterlegen. 

Am 1. Mai 1933 wurde Albert Preu im 65. Lebensjahr “nach Erreichung der Altersgrenze” von den neuen Machthabern in den Ruhestand geschickt. Die NSDAP übernahm endgültig die Macht in der Wagnerstadt.

Über die nationalsozialistischen Bürgermeister berichten wir im nächsten Teil unserer Serie. 


Text: Stephan Müller

Bayreuths Bürgermeister: Ein Gentleman mit Fingerspitzengefühl

In Teil 9 der bt-Serie zu Bayreuths Bürgermeistern erzählt bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller von Dr. Leopold Casselmann.


Bayreuth oder Augsburg?

Am 15. Februar 1900 starb Theodor Ritter von Muncker im 77. Lebensjahr am 37. Jahrestag seiner Bürgermeisterwahl. Schon am 1. März tagten 33 Mitglieder des Gemeindecollegiums im Saale des Frohsinns und wählten den liberalen Reichtags- und Landtagsabgeordneten Dr. Leopold Casselmann zum neuen Stadtoberhaupt. 

Dr. Gustav Holle schreibt in seinem Buch “Geschichte der Stadt Bayreuth: 

Obgleich demselben zu gleicher Zeit von der Stadt Augsburg die stelle eines 1. Bürgermeisters angetragen war, so entschied sich derselbe doch für seine Vaterstadt. Am 11. April vormittags um 11 Uhr fand in dem festlich geschmückten Saale des Gasthofs zum Anker dessen feierliche Einsetzung durch den kgl. Regierungsrath Adolf Zink statt, worauf ein Festessen mit 170 Theilnehmern folgte.

Der letzte Oberbürgermeister der Kaiserzeit

Der überzeugte Monarchist und Patriot, der sich ab 1907 “Oberbürgermeister” nennen durfte, regierte übrigens nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1900 eine Seelenzahl von 29.384 in 6.144 Haushaltungen. In Bayreuth lebten damals 23.580 Protestanten, 5.199 Katholiken und 375 Israeliten. Die Amtszeit des Bayreuther Ehrenbürgers dauerte bis 30. Juni 1919. Er war der letzte Bayreuther Oberbürgermeister der Kaiserzeit.

Ein Gentleman

Casselmann ist am 29. Juni 1858 im hessischen Fischbeck geboren, kam aber als 13-jähriger Gymnasiast nach Bayreuth. Er studierte in Marburg Rechtswissenschaft, wurde Reserveoffizier und war ab 1886 an in Bayreuth als Rechtsanwalt und ab 1891 als städtischer Magistratsrat tätig.

Von 1897 bis 1918 war er Mitglied des Bayerischen Landtags und stieg bis zum Fraktionsvorsitzenden seiner Nationalliberalen Partei und Vizepräsident des Bayerischen Landtags auf. Als Nachfolger Feustels zog er 1891 gleichzeitig in den Reichstag ein. Er war der letzte Bürgermeister der vom Magistrat und nicht von den Bürgern gewählt wurde. Dennoch galt er als “Gentleman”.

Ausblick

Sein Nachfolger Albert Preu, dem der nächste Teil unserer Serie gewidmet ist, lobte ihn als “ritterliche Erscheinung voll Menschenfreundlichkeit und herzgewinnender Liebenswürdigkeit” aber auch als “überzeugungsfesten und streitbarer Politiker von glühender Vaterlandsliebe”. 

Dr. Leopold von Casselmann, der sein Oberbürgermeisteramt mit viel “Fingerspitzengefühl” ausübte, amtierte bis zum 30. Juni 1919. Er starb am 23. Mai 1930, im selben Jahr wie Cosima und Siegfried Wagner, in Bayreuth. Casselmanns Nachfolger war Albert Preu.


Text: Stephan Müller

 

Theodor Ritter von Muncker: Er holte Richard Wagner nach Bayreuth

In Teil 8 der bt-Serie zu Bayreuths Bürgermeistern erzählt bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller, wie es ein Bayreuther Bürgermeister schaffte Richard Wagner nach Bayreuth zu locken.


Festspielgäste statt Badegäste

Der Nachfolger von Bürgermeister Friedrich Carl Dilchert wurde Theodor Ritter von Muncker (1823 – 1900), der in der Bayreuther Stadtgeschichte immer mit den ersten Bayreuther Festspielen genannt werden muss.

Zusammen mit dem Bankier Friedrich Feustel gelang es dem gebürtigen Bayreuther, Richard Wagner an Bayreuth zu binden. Vielleicht unter dem Eindruck einer “Tannhäuser”-Aufführung am 30. Juni 1860, die anlässlich der fünfzigjährigen Zugehörigkeit Oberfrankens zum bayerischen Königreich im Markgräflichen Opernhaus aufgeführt wurde und der Bürgermeister Muncker mit großer Wahrscheinlichkeit beiwohnte.

Am 1. November 1871 gab Wagner Bürgermeister Muncker und dem Gemeinderats-Vorsitzenden Friedrich Feustel seine Festspielabsichten bekannt. Seine Wahl sei deshalb auf Bayreuth gefallen, weil es ihm das Badepublikum fernhalte, kein stehendes Theater habe und in Bayern gelegen sei.

Wohin mit einem Festspielhaus?

Daraufhin teilte ihm Muncker mit, dass er vom Stadtmagistrat am Stuckberg bei Sankt Georgen ein Grundstück erhalte, um dort ein Festspielhaus zu bauen. Man werde das Grundstück von der Bayreuther Familie Rose erwerben und ihm als Baugelände für das Festspielhaus zur Verfügung stellen. Wagner besichtigte das Grundstück am 15. Dezember 1871. Der Standort sagte ihm zu. Aus dem Plan sollte jedoch nichts werden. Ein Miteigentümer der Familie Rose verweigerte der Stadt den Grundstücksverkauf. So reisten Muncker und Feustel am 8. Januar 1872 zu Wagner in das Haus Tribschen an den Vierwaldstätter See, um dem Meister einen neuen Standort unterhalb der „Bürgerreuth“ schmackhaft zu machen, was ihnen nach langen Diskussionen auch gelang.

Mehr dazu:

Verantwortlich für die ersten Telefonanschlüsse

Muncker, der von 14. Februar 1863 bis zu seinem Tod am 14. Februar 1900 – auf den Tag genau 37 Jahre nach seiner Wahl – Oberbürgermeister war, war der Sohn eines Kreiskassedieners. Er kehrte 1851 nach seinem Jurastudium in Erlangen und München in seine Vaterstadt zurück und bekam eine Stellung in der Stadtverwaltung.

In Munckers 37-jährige Amtszeit fällt der Bau des Zentralschulgebäudes (heute Graserschule), das damaligen Kasernenviertels und natürlich die wichtigsten Errungenschaften des Industriezeitalters wie der Bayreuther Anschluss an das Eisenbahnnetz, der Ausbau der Trinkwasser- und Abwasserleitungen oder die ersten Telefonanschlüsse verwirklichen.

Er förderte das Schul- und Gesundheitswesen und setzte sich mit dem Bau einer Turnhalle in der Dammallee oder einer städtischen Badeanstalt im Main auch für die sportlichen Aktivitäten der 1861 gegründeten Turnerschaft ein. Im Jahr 1887 wurde er durch die Verleihung des bayerischen Kronenordens in den Adelsstand erhoben, ehe ihm 1891 noch der Rang und Titel eines Hofrats verliehen wurde. Munckers Nachfolger wurde der liberale Reichtags- und Landtagsabgeordneten Dr. Leopold Casselmann.


Text: Stephan Müller

Friedrich Carl Dilchert – Bayreuths Bürgermeister wider Willen

Zack! Man steht protestierend und verneinend in der Gegend herum und plötzlich ist man Bürgermeister – gegen seinen Willen. So ähnlich erging es Friedrich Carl Dilchert. Mehr dazu gibt’s in Teil sieben der bt-Serie über Bayreuths Bürgermeister. Der bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller blickt zurück.


Ein unbekannter Bürgermeister?

“Über die Person und Amtszeit von Bürgermeister Friedrich Carl Dilchert (1851 bis 1862), der am 30. August 1802 in Bayreuth geboren wurde, ist nicht mehr besonders viel bekannt. Nicht einmal ein Bild von ihm ist erhalten” schrieb der Bayreuther Lokalhistoriker Karl Müssel in seinem Buch “Bayreuth in acht Jahrhunderten”, das er zum 800-jährigen Jubiläum der Stadt Bayreuth im Jahr 1994 herausbrachte. 

Im Frühjahr 2004 meldeten sich jedoch die Urahnen des Bürgermeisters bei dem Bayreuther Markus Barnick, der im Internet bedauert hat, dass von Friedrich Carl Dilchert weder im Stadtarchiv noch im Historischen Museum ein Bild gibt. 

Im Neuen Rathaus kam es dann zu einem Zusammentreffen von Barnick, Dilcherts Nachfahren und dem damaligen Bürgermeister Bernd Mayer. Dort ergab sich zumindest die Möglichkeit, zwei wertvolle Gemälde von Friedrich Carl Dilchert und seiner Ehefrau Rosalie, geboren 1804, abzulichten.

Gegen seinen Willen

Dilchert war von 1851 bis zu seinem Rücktritt im September 1862 Bayreuther Bürgermeister. Nach der Abdankung von Erhard Christian Hagen von Hagenfels, der wegen der Ereignisse im Revolutionsjahr 1848 zurückgetreten war, war es nicht leicht einen neuen Bürgermeister zu finden. 

Drei Jahre dauerte es, bis sich Friedrich Carl Dilchert dazu bereit erklärte. “Gegen meinen Willen”, so schreibt er selbst, “gegen meine Vorstellungen und Bitten wurde ich am 16. November 1848 als Vorstand des Armenpflegschaftsrates und bei der Gemeindeersatzwahl 1851 als Bürgermeister und Magistratsvorstand gewählt.” Als stadtbekannter “Spezereihändler” (für Gemischtwaren, Lebensmittel, Gewürze) war er für Handel und Industrie, den Eisenbahnbau sowie für Erziehung und Unterricht besonders aufgeschlossen.

Vor Ort bei den Festspielen

Dilchert bewohnte wie der spätere Oberbürgermeister Hans Walter Wild, der berühmte Physiker Emil Warburg und dessen Kinder Otto (Chemie-Nobelpreisträger 1931) und Charlotte (1884 bis 1948) das Gut Grunau in der Nähe von Aichig. 

Wie Emil Warburg (1931), der zum Namensgeber einer Stiftung der Bayreuther Universität geworden ist, und Lotte Warburg (1948), die als Schriftstellerin bekannt wurde, starb auch Dilchert, der somit noch die ersten Bayreuther Festspiele (1876) erleben konnte, am 27. Juni 1879 im Gut Grunau. Er vermachte der Stadt eine ansehnliche Stiftung. 

Ausblick

Dilcherts Nachfolger wurde Theodor Ritter von Muncker, der in der Bayreuther Stadtgeschichte immer mit den ersten Bayreuther Festspielen genannt werden muss. Zusammen mit dem Bankier Friedrich Feustel gelang es Muncker, dem der nächste Teil unserer Serie gilt, Richard Wagner an Bayreuth zu binden. Vielleicht unter dem Eindruck einer “Tannhäuser”-Aufführung am 30. Juni 1860, die anlässlich der fünfzigjährigen Zugehörigkeit Oberfrankens zum bayerischen Königreich im Markgräflichen Opernhaus aufgeführt wurde. Bürgermeister Muncker und auch sein Vorgänger Dilchert waren mit großer Wahrscheinlichkeit Zuschauer der ersten Aufführung einer Wagner-Oper in Bayreuth.


Text: Stephan Müller

 

Lotto Bayern Music Award: Goldkronacher gewinnt mit Glückssong

Der Goldkronacher Hannes Wölfel hat mit seinem Glückssong den Lotto Bayern Music Award 2019 gewonnen. Über 220 Songs wurden in diesem Jahr eingereicht. Das Ergebnis muss er erst einmal sacken lassen.

Wie hört sich Glück an?

Lotto Bayern hatte alle Musiker im Freistaat dazu aufgerufen, sich der Frage anzunehmen: Wie hört sich Glück an? Hannes Wölfel hatte es mit seinem Song „Stück für Stück zum Glück“ als Oberfranken-Sieger unter die besten geschafft – gemeinsam mit sechs Künstlern aus den anderen Regierungsbezirken, stand er am Freitag im Finale in München.

So klingt der Song “Stück für Stück zum Glück”

Relaxed auf die Bühne

Auf der Fahrt zum Finale war der Goldkronacher ziemlich relaxed, wie er sagt. “Wir wussten zwar, dass unser Song gut ist. Aber auch die anderen Teilnehmer hatten super Songs im Gepäck”, erklärt er. Vier Jurymitglieder stimmten nach dem Auftritt ab. Die fünfte Stimme war die des Publikums, das bereits in den Tagen zuvor online voten konnte. “Wer bei der Publikumsabstimmung vorne lag, blieb aber bis zum Schluss geheim”, so Wölfel.

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Sieg erst später realisiert

Das Ergebnis, als Gewinner des Lotto Bayern Music Awards aus München zurück zu kommen, muss Wölfel erst einmal sacken lassen. “Nach dem Sieg sind wir am Freitag noch einmal auf die Bühne gegangen um den Song zu spielen, dann kamen schon die Medien auf uns zu: Wir haben viele Fotos gemacht und Interviews gegeben. Dann ging es schon weiter zur After-Show-Party. Am Samstag haben wir dann direkt wieder in Baden-Württemberg ein Konzert gespielt”, erklärt er. “Alle waren ziemlich kaputt. Erst auf der Heimfahrt hat man so langsam realisiert, dass man gewonnen hat”, ergänzt er.

Was soll ich sagen??? Danke!!! Und das von ganzem Herzen. An alle die mitgefiebert, mitgevotet und mich die komplette Zeit unterstützt haben.

(Hannes Wölfel, Singer-Songwriter aus Goldkronach via Facebook)

“Wie es in den kommenden Wochen genau weiter geht, erfahren wir nach und nach noch”, so Wölfel.

Erhard Christian Hagen von Hagenfels: Bayreuths erster echter Bürgermeister

Teil sechs der bt-Serie zu Bayreuths Bürgermeistern. Heute erzählt bt-Historiker Stephan Müller vom ersten rechtskundigen Bürgermeister Bayreuths.


Eine neue Verfassung

Im Jahr 1810 wurde Bayreuth bayerisch. Im Rahmen der Montgelas’schen Reformen wurde bereits am 1. Mai 1808 eine Verfassung erlassen, die nach französischem Vorbild die Grundlage für ein neues, einheitliches aber auch zentralistisches Staatsrecht bildete. Das konnte nicht funktionieren. Nach Montgelas’ Entlassung wurde am 26. Mai 1818 eine neue Verfassung verabschiedet, mit der der bayerische König Max Joseph freiwillig seine Macht beschränkte. 

Damit konnte in Bayreuth mit dem 32-jährigen Erhard Christian Hagen von Hagenfels (17. Juli 1786 bis 28. Oktober 1867) der erste rechtskundige Bürgermeister der Stadt gewählt werden. Bei den Gemeindewahlen wurden in erster Instanz durch Urwahlen die Wahlmänner bestimmt, die anschließend die Mitglieder des Magistrats wählten. Die feierliche Einsetzung des Magistrats fand am 18. November 1818 im Saale “zum Anker” statt

Ein Adeliger

Erhard Christian Hagen von Hagenfels studierte nach seinem Abschluss am Gymnasium Christian Ernestinum in Erlangen und Halle Rechtswissenschaft und “Cameralwissenschaften”. Aufgrund seiner Verdienste als Landtagsabgeordneter, Mitglied der Generalsynode und Vorstand des Bayreuther Magistrats wurde Hagen, der in de Friedrichstraße 17 wohnte, am 11.11.1837 vom bayerischen König in den Adelsstand erhoben. 

Ein Bayreuther in München

Er vertrat lange Zeit die Interessen Bayreuths auch als Landtagsabgeordneter in München. Als sich im Revolutionsjahr 1848 eine Bürgerversammlung im Sonnensaal versammelte, um eine Petition an den König einzureichen, zeigte sich der Hagen gegenüber dem Monarchen loyal. Den seiner Meinung nach zu weit gehenden Forderungen nach Pressefreiheit und einem neuen Wahlrecht verweigerte er seine Unterschrift und erklärte seinen Rücktritt. 

1.500 Gulden Verdienst

Im Jahr 1827 war Hagen Mitbegründer des noch heute rührigen Historischen Vereins, dem ersten seiner Art im Königreich Bayern. Er starb am 28. Oktober 1867 und wurde in einer Gruftkapelle auf dem Stadtfriedhof begraben. Bayreuth war nach dem Rücktritt von Hagen drei Jahre ohne Bürgermeister. Die Amtsgeschäfte leiteten der zweite (bürgerliche) Bürgermeister Apotheker Heumann und später der Kaufmann Schweizer.

Am 16. Mai 1849 wurde das Amt des Bürgermeisters mit einem Gehalt von 1.500 Gulden sogar öffentlich ausgeschrieben. Ein geeigneter Bewerber fand sich jedoch nicht. Erst mit Friedrich Carl Dilchert, der im nächsten Teil unserer Serie vorgestellt wird, bekam Bayreuth mit seinen rund 12.000 Einwohnern im Jahr 1851 wieder einen Bürgermeister.

Erhard Christian Hagen von Hagenfels. Repro: Stephan Müller.


Text: Stephan Müller

 

Bayreuths Bürgermeister: Eisenbeiß unter Aufsicht

Unter der bayerischen Herrschaft hatten Bürgermeister in Bayreuth nicht viel zu sagen. In Teil fünf der Serie zu Bayreuths Bürgermeistern, erzählt bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller von einem solchen Bayreuther Bürgermeister “unter Aufsicht”.


Von Franzosen besetzt und verschenkt

In der napoleonischen Epoche war ein neuer bayerischer Staat mit einem stark erweiterten Staatsgebiet und einem König an der Spitze entstanden. Die Proklamation zum Königreich am 1. Januar 1806 wurde durch Bayerns Schlüsselrolle im Napoleonischen Rheinbund und der Austritt aus dem Reichsverband ermöglicht. 

Napoleon. Foto: Pixabay.

Das seit 1792 preußische Bayreuth wurde am 7. Oktober 1806 von 30.000 Franzosen besetzt. Die französische Besetzung dauerte bis zur Unterzeichnung des französisch-bayerischen “Pariser Vertrages” vom 28. Oktober 1810, als Bayern als ” Dank für treue Waffengesellschaft” unter anderem Berchtesgaden, das Innviertel, Salzburg oder die Fürstentümer Regensburg und Bayreuth zugesprochen bekam. Mit der offiziellen Übergabe der Urkunde im Neuen Schloss durch General Compans an den bayerischen Gesandten Rechberg wurde Bayreuth am 30. Juni 1810 bayerisch.

Municipal-Gemeinde Bayreuth

Die Selbstverwaltung war jedoch zu Zeiten der Völkerschlacht bei Leipzig (1813) oder des Wiener Kongress (1815), der die staatliche Neuregelung Europas regelte, noch in weiter Ferne. Das Gemeindewesen war zentralistisch und obrigkeitsstaatlich. Unter den Begriff Gemeinde fielen Städte, Märkte und Dörfer.

Während kleine Gemeinden unter dem beständigen Kuratel des Staates standen und ohne Genehmigung keine gültigen Gemeindebeschlüsse mehr fassen konnten, durften in größeren “Municipal-Gemeinden”, zu denen Bayreuth mit seinen damals 10.000 Einwohnern gehörte, Räte gebildet werden. 

Wenig zu sagen

So trat in Bayreuth an Stelle des bisherigen Magistrates ein nur vierköpfiger Municipalrat, der nur mit dem Wissen und der Genehmigung der Polizeistelle Beschlüsse fassen durfte. Die Räte waren der bisherige Bürgermeister Eisenbeiß, der Bäckermeister Florschütz aus St. Georgen, Mühlinspektor Bucht und Kupferschmied Amos. 

Sie hatten also wenig zu sagen. Grundlegend änderte sich dies erst nach dem Bayerischen Gemeindeedikt des neu formierten Königreichs Bayern. Nach den gescheiterten Montgelas’schen Reformen wurde im Jahr 1818 wurde die bayerische Gemeindeordnung eingeführt, womit die Stadt hauptberufliche Bürgermeister bekam. 

Ausblick

Der erste rechtskundige Bürgermeister Bayreuths war Erhard Christian Hagen von Hagenfels, den wir im nächsten Teil unserer Serie vorstellen werden. Berühmte Bayreuther Bürger oder Kinder aus diesen Tagen waren Jean Paul (1763 – 1825), Johann Kaspar Schmidt (1806 – 1856), der unter dem Pseudonym Max Stirner in seiner Zeit Berühmtheit erlangte, Dr. Johann Baptist Graser (1766 – 1841), der sich um den Aufbau des Schulwesens sorgte oder Dr. Johann Georg August Wirth (1798 – 1848). Der spätere Hauptredner des Hambacher Festes (1832) besuchte ab 1811 das Bayreuther Gymnasium. 


Text: Stephan Müller

 

She who invites: Bayreuther Studenten entwickeln Horror-Game für den PC

Horror in Bayreuth! Bei der Mediennacht im Reichshof am Samstag stellen vier Bayreuther Studenten ihr eigenes Grusel-PC-Spiel vor. “Seit April arbeiten die vier am Game “She who invites”. Einen ersten Einblick ins Spiel gibt’s im Video über dem Text.

Vom Gegner gejagt

“Bei ‘She who invites’ haben wir besonderen Wert darauf gelegt, dass es einen realistischen Look hat”, erklärt Entwicklerin Rose-Leonie Lachner. Keine leichte Aufgabe. Das Spiel ist für den PC via Unreal Engine 4 realisiert worden. Es gehe darum, aus einer Situation zu entkommen: “Der Gegner macht Jagd auf einen in der Unterwelt”, ergänzt die Studentin. Man könne Schleichen oder auch Klettern. Oft müsse man auch Rätsel lösen.

Szene aus dem Spiel “She who invites”. Foto: She who invites / Uni Bayreuth

Was nach der Mediennacht passiert

Die Macher des Spiels sind Ulrich Christian Merckens, Nika Andrzejewska, Rose-Leonie Lachner und Sebastian Kühn aus dem Studiengang Medienwissenschaft und Medienpraxis. “She who invites” entstand im Rahmen ihrer Abschlussarbeit. Im April startete das Projekt. Seitdem treffen sich die vier einmal pro Woche. Auch nach der Mediennacht wird noch weiter daran gefeilt, wie Nika Andrzejewska sagt. “Jeder hat sich in allen Bereichen der Entstehung mit eingebracht. Bei so einem umfangreichen Projekt geht das nicht anders”, erklärt sie.

Ein Game zu entwickeln ist ein schwieriger und kreativer Prozess. Man hat eigentlich jeden Tag ein Problem zu bewältigen, das einem vorher so noch nie begegnet ist. “She who invites” ist unser erstes größeres Projekt, über einen Game-Jam hinaus.

(Rose-Leonie Lachner, Studentin Medienwissenschaften & Medienpraxis)

Mediennacht im Reichshof am Wochenende

Bei der Mediennacht sind am Samstag, den 16. November ab 13 Uhr zwölf Games im Reichshof ausgestellt, darunter zum Beispiel Adventure-Games, 2D- und 3D-Plattformer oder VR-Games. Dazu kommen verschiedene Audio-Produktionen, die über QR-Codes abrufbar sind, wie Isabella Bigus, die Pressebeauftragte der Mediennacht, erklärt. Ab 19 Uhr beginne dann die Vorführung der elf Filme: Dokumentationen, Mystery, Dramen, Horror und Musikvideos sind dabei. Doch auch während dieser Zeit könne man im Foyer abends weiterhin die Games anspielen.