250 Jahre Humboldt: Auf Spurensuche in Bayreuth

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Vor 250 Jahren, am 14. September 1769, ist Alexander von Humboldt (1769 – 1859) in Berlin geboren worden. Hobby-Historiker Stephan Müller hat sich auf die Spuren Humboldts in Bayreuth begeben. Der abenteuerlustige Naturforscher hat seinen Namen auf der ganzen Welt hinterlassen – auch in Bayreuth.


Ab 29. Juni 1792 machte Alexander von Humboldt eine mehrwöchige Bestandsaufnahme der verschiedenen Bergämter in der preußischen Provinz Bayreuth, vom 30. Mai 1793 bis zum 24. Februar 1797 hatte er seinen Amtssitz fast vier Jahre in Bayreuth.

Die beiden möglichen Dienstsitze von Humboldt. Es ist nicht sicher, ob sein Dienstsitz ab 1793 das Oberbergdépartement im Alten Schloss (hinten im Bild, wie heute das Bergamt) oder in der “Kanzlei” rechts war. Foto: Bernd-Mayer-Stiftung

An der Stelle des “Postgebäudes”, das Alexander von Humboldt noch nicht kannte, standen die Gaststätten das “Weiße Lamm” und “Angermann”. Foto: Bernd-Mayer-Stiftung

Alexander von Humboldt in Bayreuth

Ich gehe vielleicht schon in drei Wochen nach Bayreuth, nach dem Fichtelgebirge. Ich habe den ehrenvollen Auftrag, die natürliche Beschaffenheit beider Markgrafentümer geognostisch und bergmännisch zu untersuchen (…).

Alexander von Humboldt war seine Vorfreude in dem Brief vom 4. Juni 1792 an seinen Jugendfreund Johann Karl Freiesleben deutlich anzumerken. Gerade erst hatte er sein Studium an der Bergakademie Freiberg abgeschlossen und schon wartete ein hochrangiger und verantwortungsvoller Posten in Bayreuth auf ihn.

Humboldt: Der ideale Mann

Denn nur wenige Wochen vorher hatte der Markgraf Karl Alexander seine beiden Fürstentümer Ansbach und Bayreuth gegen eine Leibrente von jährlich 300.000 Gulden an Preußen abgetreten. Als Gouverneur für die neue preußische Provinz wurde Karl August Freiherr von Hardenberg eingesetzt, der, um möglichst schnell für “preußisches” Recht und Ordnung zu sorgen, für alle Bereiche preußische Spitzenbeamte und herausragende Absolventen nach Bayreuth holte.

Hardenberg und der für den preußischen Bergbau zuständige Minister Freiherr von Heinitz sahen in dem jungen Alexander von Humboldt, der gerade erst als Assessor cum voto im preußischen Bergdepartement angestellt wurde, den idealen Mann, um den maroden Bergbau im Fichtelgebirge zu inspizieren.

Alexander von Humboldt, in Berlin 1807 (Frédéric Christophe de Houdetot) Foto: bernd-Mayer-Stiftung

Humboldts erste Bestandaufnahme

Sein erster Auftrag ist eine Bestandsaufnahme der Gruben und Hütten in den neuen preußischen Provinzen. Am 29. Juni 1792 bricht Humboldt aus Berlin zu dieser Dienstreise nach Franken auf.

Er reist von Naila über Münchberg ins Goldkronacher und das Wunsiedler Revier. Am 23. Juli 1792 war die Inspektion der drei bayreutherischen Bergämter beendet. Am 26. August 1792 legte Humboldt den Freiherren von Heinitz und von Hardenberg – zunächst mündlich, später schriftlich – seinen umfassenden Bericht seiner Inspektionsreise vor.

Sie waren von Humboldts präzisen Ausführungen, Analysen und Verbesserungskonzepte angetan und übertrugen ihm sofort die Leitung des Berg- und Hüttenwesens in Bayreuth.

Voller Stolz berichtet Humboldt seinen Freund Johann Karl Freiesleben in einem Brief vom 27. August 1792:

Ich bin gestern zum königlichen Oberbergmeister in den beiden fränkischen Fürstentümern ernannt worden. Alle meine Wünsche, guter Freiesleben, sind nun erfüllt. Ich werde von nun an ganz dem praktischen Bergbau und der Mineralogie leben.

Der Dienstantritt in Bayreuth

Am 30. Mai 1793 trat er seinen Dienst als Oberbergmeister im preußischen Oberbergdépartement in Bayreuth an. Aus Bayreuth schreibt Humboldt an Freiesleben:

Ich habe mit meinen Grubenberichten so viel Ehre eingelegt, dass ich die alleinige Direktion des Bergbaus in den drei Bergämtern Naila, Wunsiedel und Goldkronach erhalten habe.

Hoch zu Ross inspizierte er die ihm anvertrauten Bergämter. In den Betriebsanalysen stellte er schnell die Mängel fest, lieferte Verbesserungsvorschläge. Die Maßnahmen wurden erfolgreich umgesetzt. In kürzester Zeit gelang es Humboldt, die maroden Bergwerke profitabel zu machen.

Die erste Bergschule

Schon bei seiner ersten Befahrung erkannte Humboldt, dass es den Bergleuten nicht an Fleiß, sondern an Wissen fehlt. So gründete im November 1793 aus eigenen Mitteln in Steben eine „freie königliche” Bergschule. Es entstand quasi die ersten Berufsschule in Deutschland. In keinem anderen Bergrevier wurden junge Männer aus dem Bergbau in der damaligen Zeit so fundiert und praxisbezogen ausgebildet wie in Steben.

Drang nach Reisen und Forschung

Ab Mitte 1794 merkte man Humboldt in seinen Briefen mehr und mehr seinen Wunsch nach großen Reisen und Forschungen an. Er teilt Friedrich Schiller in einem Brief vom 6. August 1794 mit:

Vielleicht glückt es mir, mich bald ganz los zu machen und der großen wissenschaftlichen Arbeit, die ich mir vorgestreckt und die ich mit Anstrengung verfolge, ganz zu leben.

Am 26. März 1795 bat Alexander von Humboldt um seine Entlassung von seinen Pflichten als Oberbergmeister. Diese “Kündigung” konnten von Hardenberg und von Heinitz mit einer Beförderung zum Oberbergrat und mehr “Freiheiten” für wissenschaftliche Reisen noch verhindern.

Er arbeitete nun fast ausschließlich im Bayreuther Oberbergdépartement. Im Mittelpunkt seiner Arbeit standen nun Verbesserungen um die Sicherheit in den Bergwerken. Nicht zuletzt deshalb, weil er bei einem Versuch im Bernecker Alaunwerk fast selbst ums Leben gekommen wäre, experimentierte er an einer Grubenlampe und entwickelte Rettungsgeräte und Atmungsmasken für verunglückte Bergarbeiter.

Sorgen bereitet ihm dieser Zeit eine unglückliche Liebesbeziehung zu dem Infanterieleutnant Reinhard von Haeften, mit dem er sich in Bayreuth eine Wohnung teilt. („Ich lebe nur noch durch dich, lieber Reinhard, und ich kann nur glücklich sein, wenn ich bei dir bin”).

Das Fernweh siegte

Das Fernweh ließ Alexander von Humboldt jedoch nicht mehr los. „Ich bereite mich jetzt ernsthaft zu einer großen Reise außerhalb Europas vor”, schrieb er an Abraham Gottlob Werner.

Insgeheim wusste er wohl schon länger, dass die Anstellung in Bayreuth nicht die “Erfüllung all seiner Wünsche” war. Schade für Bayreuth, dass am Ende sein Fernweh die Oberhand behielt, aber auch ein Glück, sonst wären der Welt seine großartigen späteren Erkenntnisse verloren geblieben!

So schied Humboldt Ende Dezember 1796 auf eigenen Wunsch aus dem Bergdienst aus. Am 24. Februar 1797 verließ er Bayreuth.


Text: Stephan Müller



Stephan Müller (53) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.