Serien, Kolumen und Formate  aus Bayreuth und für Bayreuth

Die Simpsons: Dieser Bayreuther übersetzt die Kult-Serie ins Deutsche

Seit 2006 übersetzt der Wahl-Bayreuther Matthias von Stegmann die Simpsons ins Deutsche. Jede Aussage, jeder Witz und jede Pointe entstammt seiner Feder. Das Bayreuther Tagblatt hat mit dem Autor und Synchronregisseur über seinen Job bei den Simpsons gesprochen.

Die Qualität der Simpsons ist es – nach wie vor – viele Leute zu erreichen. Von jung bis alt.

(Matthias von Stegmann)

Matthias von Stegmann bei der Arbeit. Foto: Privat.

Ein Fan geworden

Inzwischen beschäftigt sich Matthias von Stegmann seit über 13 Jahren mit Homer, Marge, Maggie und Co. Sein Job ist es dabei, die Dialog- und Drehbücher vom Englischen ins Deutsche zu übertragen. Die Arbeit mache dem Wahl-Bayreuther Spaß. Er habe Freude am Humor von Homer, am nuancierten Charakter von Lisa und dem Charme der Serie.

Das war nicht immer so. Vor seinem Engagement bei der Serie habe von Stegmann die Simpsons natürlich schon gekannt. Ein Fan sei er damals allerdings nicht gewesen. Das habe sich geändert. 

Nicht ohne Grund hält sich die Sendung seit 30 Jahren. Bei manchen Witzen muss ich auch heute noch schallend lachen!

(Matthias von Stegmann)

Bei den Simpsons im Studio. Foto: Privat.

Man muss den Charakter der Figur treffen

Die Arbeit läuft dabei immer gleich ab. Zuerst bekommt Stegmann die aktuellste Folge digital zugeschickt. Beim Ansehen schreibt er dann den Dialog Satz für Satz mit. Wichtig dabei ist, dass der Sinn wiedergegeben werde. 

Am Wortlaut müsse man sich da nicht zu sehr orientieren, wichtiger sei da die Lippensynchronität, und dass der Charakter der sprechenden Person getroffen werde. Alles was man nicht sinnvoll ins Deutsche übertragen könne, müsse man neu erfinden. Dies gelte zum Beispiel für Sprichwörter, Redensarten oder kulturelle Besonderheiten. 

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Ein bis zwei Tage pro Folge

Für das Übersetzen einer Simpsons-Folge benötige von Stegmann ein bis zwei Tage. Das liege auch immer daran, wer die Folge im Original geschrieben hat.

Bei Folgen mit vielen Wortspielen und um die Ecke gedachten Insidern dauert das Übersetzen einfach länger.

(Matthias von Stegmann)

Nicht nur in Springfield unterwegs

Auch wenn der Simpsons-Übersetzer nie eine Ausbildung zum Übersetzer oder Dolmetscher gemacht hat, ist er in seinem Job sehr gefragt. Schon vor den Simpsons hat er Sendungen wie Clueless oder Becker für das Fernsehen übersetzt. Neben seinem Job bei den Simpsons übersetzt der Wahl-Bayreuther seit Jahren auch Family Guy und, so lange es lief, Futurama.

In die Arbeit vertieft: Matthias von Stegmann. Foto: Privat.

Undercover im Simpsons-Forum

Von den Witzen verstehe er etwa 80 bis 90 Prozent auf Anhieb. Wenn nicht, müsse er recherchieren. Ein Anruf bei Freunden aus Amerika helfe dabei häufig weiter. Hilft selbst das nicht, dann könne es schon auch mal sein, dass er inkognito in einem amerikanischen Simpsons-Forum nachfrage. 

Irgendwie kriegt man es immer heraus, besonders bei den Simpsons. Bei Futurama war das teilweise schwieriger, weil manche Witze wirklich nur für Wissenschaftler verständlich waren. 

(Matthias von Stegmann)

Aber von Stegmann kämpfe sich auch da durch. Am Ende lese auch nochmal der zuständige Redakteur von Pro7, Tom Schneider, über den Text und gebe seine Gedanken wieder. Für von Stegmann, eine gute Sache.

Ich habe sehr gerne einen guten Redakteur an meiner Seite, denn vier Augen sehen mehr als zwei!

(Matthias von Stegmann)

Frisch vom Bayreuther Markt: Das Superfood im Oktober

Tagsüber sommerlich warm, nachts eisig – im Oktober braucht der Körper unsere Unterstützung, damit er auch bei fiesen Grippeviren resistent bleibt. Neben täglicher Bewegung an der frischen Luft, helfen diese drei fränkischen Superfoods. Denn sie enthalten wichtige Vitamine und Nährstoffe. Mehr zu Butternut Kürbis, Lauch und Knollensellerie, erklären die beiden Experten Stephan Krauß aus Hausen und Martin Gräbner aus Harsdorf.

Butternut Kürbis: Stärkt die Sehkraft

Obst und Gemüse aus der Region zu essen, ist durch die kurzen Transportwege nicht nur umweltfreundlicher, sondern es bleiben außerdem mehr Vitamine erhalten, da die Produkte erst geerntet werden, wenn sie komplett reif sind. Inzwischen wird der birnenförmige Butternut Kürbis auch hier in der Region angebaut. Ursprünglich stammt er aus Südamerika. Seinen Namen verdankt er seinem zarten Fruchtfleisch mit buttrigem Aroma. Auch die Kerne kann man roh snacken oder in der Pfanne anrösten.

Butternut Kürbis. Foto: Redaktion

Der Butternut-Kürbis enthält reichlich Vitamin A und Beta-Carotin: Das verbessert die Sehkraft, insbesondere bei Nacht. Auch das Zellwachstum wird dadurch angeregt und lässt die Haut strahlen. Seinen Namen verdankt der Butternut-Kürbis zwar dem buttrig-zartem Fruchtfleisch, allerdings hat er mit seinem geringen Fettgehalt von nur 0,1 Prozent rein gar nichts mit Butter gemeinsam. Durch sättigende Ballaststoffe wirkt er Heißhunger entgegen – optimal für alle, die schlank bleiben möchten. Das gegarte Fruchtfleisch ist leicht verdaulich und bekommt auch Babys oder Menschen mit empfindlichen Mägen super.

Stephan Krauß mit einem Butternut-Kürbis.Foto: Redaktion

Der Butternut-Kürbis ist im Nürnberger Land gewachsen. Im Frühjahr haben wir ihn gepflanzt. Meist wird er bis zu zwei Kilo schwer.

(Stephan Krauß aus Hausen)

Lauch pusht das Immunsystem

Erntefrischer Lauch. Foto: Redaktion

Seinen typischen Geschmack bekommt Lauch durch die enthaltenen ätherischen Öle, wie Matthias Gräbner erklärt. Sie stärken die Darmflora, die eine entscheidende Rolle für ein gutes Immunsystem spielt. Diese Öle wirken außerdem wie ein sanftes Antibiotikum und können gegen Bakterien im Mund- und Verdauungstrakt ankommen. Außerdem wirkt Lauch harntreibend, unterstützt die Nieren bei der Entsorgung von Giftstoffen und beugt so Nierensteinen vor. Mit etwa 26 Milligramm Vitamin C pro 100 Gramm Lauch, deckt er bereits ein Viertel der empfohlenen Tagesdosis.

Matthias Gräbner. Foto: Redaktion

Frischen Lauch gibt es am Markt-Stand der Gärtnerei Gräbner den ganzen Winter über.

Der Lauch ist ein typisches Wintergemüse: Dass er eine gute Qualität hat, sieht man an seinem besonders dicken Strang und frischen Wurzeln. Gepflanzt wird er Ende Mai, Anfang Juni.

(Matthias Gräbner aus Harsdorf)

Knollensellerie stärkt die Nerven

Vor allem die Blätter des Selleries enthalten auch pflanzliche Hormone, die sich positiv auf das Nervensystem auswirken. Gießt man ihn als Tee auf, kann das Trinken lästige Blähungen stoppen. Der Sellerie enthält ebenso ätherische Öle und Bitterstoffe, die zum einen überschüssige Magensäure neutralisieren und zudem antibakteriell gegenüber Viren, Bakterien und Pilzen wirken. Die Bitterstoffe kurbeln die Verdauung an, indem sie die Enzyme in Leber, Galle und Bauchspeicheldrüse aktivieren.

Sellerie aus der Region. Foto: Redaktion

Wickelt man die Knolle in ein feuchtes Tuch, ist sie darin ein bis zwei Wochen haltbar. Besonders lecker ist Sellerie-Schnitzel: Man schneidet die Knolle dabei in Scheiben, paniert und brät sie anschließend an.

Was viele nicht wissen: Auch das Grün des Selleries kann essen und zum Beispiel getrocknet in eine Suppe geben.

(Matthias Gräbner aus Harsdorf)

Rotmainhalle in Bayreuth. Foto: Redaktion

Vom Eishockeyspieler zum Saunameister der Lohengrin Therme

Schon seit fast 20 Jahren ist Anton Doll Saunameister in der Lohengrin Therme. Davor stand er für den SV Bayreuth auf dem Eis. Regelmäßig in die Sauna zu gehen, gehört für den gebürtigen Rosenheimer schon immer dazu. Hier erzählt er, worauf er in der Sauna achtet und wie sich die Szene in den vergangenen Jahren verändert hat. Im Video über dem Text zeigt Anton Doll drei verschiedene Aufguss-Arten.

Anton Doll ist Teamleiter in der Lohengrin Therme. In der Sauna arbeiten etwa 20 Mitarbeiter. “Auch Studenten unterstützen uns”, sagt der 56-Jährige. Am Morgen werden die Saunen erst einmal gereinigt, auch die Sitzbänke. “Ab 9:30 Uhr heizen wir sie dann auf, weil ab 11 Uhr die ersten Besucher kommen.” Gegen 21:45 Uhr werden die Saunen der Lohengrintherme über Nacht ausgeschaltet.

Neues Kapitel nach Eishockey-Karriere

Sauna in der Lohengrintherme. Foto: Carolin Richter

Anton Doll ist 1984 der Familie und des Sports wegen von Rosenheim nach Bayreuth gekommen. Auch während der Zeit als Eishockey-Spieler beim SV Bayreuth, ist er jeden Montag in die Sauna gegangen, nach dem Sport im Fitnessstudio. “Ich habe die Wärme gesucht, um Erkältungen vorzubeugen und den Herz-Kreislauf in Schwung zu halten. Auch für die Hautpflege ist die Sauna gut”, sagt Doll.

Nachdem er seine Karriere im Eishockey beendete, hat Doll im April 2000 in der Lohengrin-Therme angefangen. “Man braucht das Schwimmabzeichen in Silber”, erklärt er. Außerdem bekomme man Schulungen und Forbildungen zur Saunatechnik und zu gesundheitlichen Aspekten. “Ich bin froh, dass ich diesen Weg gehen konnte”, sagt er.

Anton Doll

Manchmal erlebt man auch Kurioses: Am Frauen-Sauna-Tag hat eine Gruppe schon einmal einen Kuchen unter einem Handtuch versteckt und in der Sauna auftauen lassen.

(Anton Doll, Teamleitung in der Lohengrintherme)

Belastbarkeit: Wie viele Aufgüsse man als Saunameister macht

Täglich gibt es im  30-Minuten-Takt einen Aufguss, abwechselnd in sieben verschiedenen Saunen. Insgesamt gibt es über 60 Aromen “Wichtig ist, dass jeder Mitarbeiter nicht öfter als einmal pro Stunde einen Aufguss macht. Am Tag sind es insgesamt drei bis vier.”, so Doll. Regelmäßig zu trinken, sei enorm wichtig. Nach jedem Aufguss kontrolliert das Saunapersonal die Anlagen. “Die regelmäßige Rundgang ob alles in Ordnung ist, ist Pflicht”, sagt er.

Entspannen bei Duftreise und Aroma-Pendel

Während man früher hauptsächlich aus gesundheitlichen Aspekten in die Sauna gegangen ist, bewegt sich der Trend immer mehr hin zu Entspannung, Verbundenheit mit der Natur und Geselligkeit in der Sauna.

(Anton Doll, Teamleitung in der Lohengrintherme)

Deswegen werden immer mehr ruhigere Klänge, natürliche Cremes und Peelings oder Gedankenreisen in die Saunagänge integriert. “Ich arbeite mit einem Aroma-Pendel, in dem das Eis langsam über dem Ofen schmilzt. Neu ist auch die Duftreise, bei der die Gäste eine Geschichte hören und ihnen im Verlauf verschiedene Düfte zugefechert werden.

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Monatlich wird jeweils um 17 Uhr ein Spezialaufguss angeboten: Im Oktober ist es zum Beispiel die “Weinlese”, ein belebendes Traubenaroma. Anton Doll plant alle Aufgüsse im Voraus an einem Board und notiert genau, wie sie durchgeführt werden sollen. “Alle Aufgüsse folgen einem konkreten Ablauf. Wieviel Flüssigkeit aufgegossen wird, ist für jede Raumgröße vorgegeben”, erklärt er.

Auch Menschen mit Handicap sind in der Lohengrin-Therme Willkommen. Foto: Carolin Richter

Was man als Saunameister mitbringen sollte

Wer in der Sauna arbeiten möchte, müsse verantwortungsvoll und vor allem pünktlich sein, so Anton Doll. Die Gesundheit und Sicherheit der Gäste stehe in der Lohengrintherme im Fokus. Menschen mit Handicap genauso Willkommen. “Vor jedem Aufguss stelle ich einen Eimer auf den leicht zugänglichen Platz”, sagt er. Damit er freigehalten bleibe.

Er rät: “Auf jeden Fall sollte man den Job gerne machen”. Das habe sich bei ihm auch in den vergangenen Jahren nicht geändert.

Ich gehe heute noch genauso gerne in der Sauna arbeiten, wie vor etwa 20 Jahren. Vor allem, wenn internationale Besucher während der Bayreuther Festspiele hier sind, mag ich das Flair. Das ist schon etwas Besonderes.

(Anton Doll, Teamleitung in der Lohengrintherme)

Vor 50 Jahren: Warum Bayreuth Universitätsstadt wurde

Genau heute vor 50 Jahren, am 21. Oktober 1969, wird Willy Brandt zum Bundeskanzler gewählt. Sein Wahlkampf führte Brandt kurz vor dem Gang an die Wahlurnen auch nach Bayreuth. An diesem Tag forderte Oberbürgermeister Hans-Walter Wild eine eigene Universität für Bayreuth.

Und so wurde auch die Uni Bayreuth im September 50 Jahre alt. Hobbyhistoriker Stephan Müller blickt zurück auf den Tag, an dem in Bayreuth zum ersten Mal von einer eigenen Uni die Rede war.


Erst herrschte Stille. Dann ging ein leises Raunen durch die Menge. Was hat er da eben zu Willy Brandt gesagt? Jetzt übertreibt er aber! Weit über 4.000 Bayreuther waren an diesem Freitag, dem 19. September 1969, zum Luitpoldplatz gekommen um den Kanzlerkandidaten der SPD zu hören. Die Spannung war förmlich mit Händen zu greifen. Nur noch neun Tage waren es bis zum Gang an die Wahlurne. Würde Kurt Georg Kiesinger von der CDU Bundeskanzler bleiben oder wird “sein” Außenminister, der SPD-Politiker Willy Brandt, neuer Chef der Bundesregierung? Je näher die Bundestagswahl rückte, desto mehr nahmen die Differenzen zwischen den Partnern der großen Koalition zu. Größer konnte die Polarisierung, die bundesweit zu einer Wahlbeteiligung von 86,78 Prozent führen sollte, kaum sein.

Im Cabrio fährt Willy Brandt über die Maxstraße. Archivfoto: Stiftung Bernd Mayer

Wahlkampf in Bayreuth

In seinem Wahlkampf kam Willy Brandt auch nach Bayreuth. Eine große Bühne für Hans-Walter Wild! Der Bayreuther Oberbürgermeister begrüßte „seinen Freund” Willy Brandt, lobte dessen Arbeit in der Bundesregierung, kam aber dann sehr schnell auf die lokalen Probleme zu sprechen.

Das Gebiet Nordostbayern erlebt nach den Jahren des Wiederaufbaues und der Anpassung an die schicksalhafte Grenzziehung zur DDR und CSSR hin eine Phase wirtschaftlicher Stagnation mit starken Abwanderungstendenzen.

(Hans-Walter Wild, Oberbürgermeister)

Mit großer Besorgnis wies er auf die negativen Prognosen hin und stellte fest, dass es sofortiger, neuer Impulse zu einer wirksamen Strukturverbesserung bedürfe:

Wir fordern, dass geprüft wird, inwieweit bei der Errichtung neuer Landes-Universitäten auch die Stadt Bayreuth als Standort einer Grenzland-Universität in Frage kommt.

(Hans-Walter Wild, Oberbürgermeister)

Mit einer gezielt gesetzten Pause ließ er seinen Satz wirken. Ja, er hatte soeben für seine 64.000-Einwohner-Stadt eine Universität gefordert.

Bei Willy Brandts Wahlkampfveranstaltung am Bayreuther Luitpoldplatz fordert Oberbürgermeister Hans-Walter Wild am 19. September 1969 die Errichtung einer “Grenzlanduniversität” in Bayreuth. Archivfoto: Stiftung Bernd Mayer

Ein Beamter ist gefragt

Nun begann die Arbeit von Hans Eschlwöch, der als Rechtsdirektor jahrzehntelang eine Schlüsselfigur im Bayreuther Rathaus war. Wild hatte Eschlwöch stets als seinen Lehrmeister und als Praktiker bezeichnet, der nicht ständig über bürokratische Zwirnsfäden stolpert. Nun forderte der Oberbürgermeister seinen „ersten Beamten” auf, seine Forderung auch auf dem Verwaltungswege in die richtigen Bahnen zu lenken – frei nach dem Motto: „Jetzt hab ich es gesagt, jetzt wird es auch gemacht.”

Der Auftrag verursachte bei Hans Eschlwöch zunächst einmal Stirnrunzeln. Wie war die Sachlage? Die Entscheidung für eine neue Landes-Universität lag in München. Bei der Bundestagswahl am 28. September 1969 wurde Willy Brandt tatsächlich zum Bundeskanzler gewählt. Die Laune des jüngst abgewählten bisherigen Finanzministers Franz-Josef Strauß war ziemlich schlecht. Wie würde wohl der CSU-Vorsitzende und Chef der Bonner CSU-Landesgruppe in München auf das Vorhaben des Bayreuther SPD-Oberbürgermeisters reagieren?

Am 25. November 1969 übergibt Oberbürgermeister Hans Walter Wild dem bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Alfons Goppel und seinem Kultusminister Dr. Ludwig Huber die “Universitätsgedenkschrift” des Stadtrates Bayreuth. Archivfoto: Stiftung Bernd Mayer

Bayreuther bleiben gelassen

In seiner Glosse „Lektion über die Bayreuther“ schrieb Erich Rappl, langjähriger Chefredakteur des Bayreuther Tagblatts, im Jahr 1970:

Neuerdings träumt man davon, der Wagnerstadt einen weiteren zusätzlichen Glanz zu verschaffen: Bayreuth soll Universitätsstadt werden. Dass die Initiative dazu von Neubürgern, insbesondere von dem aus Würzburg stammenden, eminent rührigen Oberbürgermeister Hans Walter Wild ausgeht, liegt auf der Hand. Die Altbürger sehen auch dieser Entwicklung mit Gelassenheit entgegen. Doch werden sie, wenn es eines Tages so weit sein sollte, der Universität ganz ohne Zweifel wohlwollend Beifall klatschen. Und sie werden die neue, zusätzliche Würde ihrem Selbstbewusstsein ebenso einverleiben, wie sie das Ehrendiplom der Festspielstadt annektierten – und wenn sie gelegentlich darüber murren, protzeln, stöhnen und meckern. Denn das Stöhnen, Meckern und Klagen ist in Bayreuth ein Ausdruck allgemeinen Wohlbehagens, des Einverständnisses mit sich selber.

(Erich Rappl, Chefredakteur des Bayreuther Tagblatts)

Archivfoto: Stiftung Bernd Mayer

Ein Fackelzug geht durch die Stadt

Die Entscheidung für die Errichtung der Universität Bayreuth fiel am 14. Dezember 1971. Der Bayerische Landtag ab grünes Licht für die Universität Bayreuth, die im Endausbau über 9.000 Studierende aufnehmen sollte. Die Nachricht verbreitet sich in Windeseile. Aus Freude darüber formierte sich ein spontaner Fackelzug durch die Innenstadt. Erich Rappl beschrieb die Szenerie wie folgt:

Der gut und gerne tausend Meter lange Lichterbandwurm legte für eine halbe Stunde den Verkehr in der Innenstadt lahm. Doch gab’s diesmal kein Protestgehupe. Die Fahrer, deren Autos vor den Ampeln Schlange standen und die vielen, die sich das wandernde Lichterfest vom Gehsteig aus ansahen, wussten, worum es ging. Und wenn sie auch nicht jubelten oder applaudierten – was nun einmal nicht Bayreuther Art ist – so bezeugte doch mancherlei Grüßen und Winken eine Mitfreude, ganz besonders mit dem rechten Flügelmann an der Spitze des Zugs, der über zwei Jahre lange mit beispielloser Zähigkeit und äußerstem persönlichem Einsatz um den Erfolg dieses Tages gekämpft hatte: Hans Walter Wild.

(Erich Rappl, Chefredakteur des Bayreuther Tagblatts)

In seiner Autobiographie “Denk ich an damals” erinnert sich Hans Walter Wild an diese Entscheidung:

Es war die wahrscheinlich bedeutendste stadtgeschichtliche Entscheidung im 20. Jahrhundert, die nur mit der Verlegung des markgräflichen Hofes nach Bayreuth und der Gründung der Richard-Wagner-Festspiele vergleichbar ist.

(Hans Walter Wild, Oberbürgermeister)


Text: Stephan Müller



Stephan Müller (53) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.

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RaPod: Mit Bayreuths Rappern vor der Kamera

Wer denkt, es gäbe Rapmusik nur in Städten wie Berlin, Hamburg oder Stuttgart, der irrt sich. Auch in Bayreuth ist – was den deutschen Rap anbelangt – einiges geboten. Hier gibt’s einen Überblick.

Auf großen und kleinen Bühnen

In den 90er-Jahren war Hip Hop in Deutschland eine Jugendbewegung und fand in Jugendzentren und kleinen Clubs statt. Die Luft war geschwängert vom Rauch, die Hosen waren weit und die Leute dort hatten Bock. Bock auf Rap, Bock auf Breakdance, Grafitti und darauf, die gemeinsame Kultur nach vorne zu bringen.

Heute ist das anders. Heute stehen die bekannten Vertreter des Genres regelmäßig an der Chartspitze. Die Szene ist weniger persönlich geworden, zumindest in der Spitze. Dennoch ist der Erfolg groß. Der Plan, den Rap-Größe Samy Deluxe am Anfang seiner (Mainstream-) Karriere hatte, ging also voll auf.

Ich rap’ nicht um Charthits zu landen, sondern um so viele zum Rap zu bringen, dass ich dann in die Charts komm’.

(Samy Deluxe auf Dynamite Deluxe – Eigentlich (2000))

Desto & Nasher. Das Hip Hop Duo auf der Bühne. Foto: Desto & Nasher.

Live on Stage

Der Stellenwert der Rapmusik macht sich auch im kleinen Rahmen bemerkbar. Und dort ist das Zusammengehörigkeitsgefühl auch noch da. Zumindest in Bayreuth. Egal wo in der Region eine Bühne steht, es ist nicht unwahrscheinlich, dass auch mal ein Rapper darauf seine Songs zum besten gibt.

Kid38 live. Foto: Purple Mind Records.

Neben dem Auftritt von Kid38 beim Uni Festival und der Performance von Bayreuths Hip Hop Elite auf dem Bürgerfest, gibt es die Bayreuther Künstler regelmäßig in Live-Action zu sehen. Auch auf dem Kneipenfestival wurde wieder ordentlich gerappt. Dort trat neben dem Bayreuther Rap-Duo Desto & Nasher auch Fiva auf.

Gute Texte für die gute Sache

Dass es im Hip Hop nicht immer nur um klischeehafte Texte über Gewalt, Autos und Luxusmarken gehen muss, zeigen viele der Bayreuther Künstler die sich oft auch mit der “Alten Schule” verbunden fühlen. Während die Texte von Rappern anderorts von Ethikkommissionen und der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien durchleuchtet werden, schaffte es der Bayreuther Rapper FegeR mit einem seiner Texte in einen Gedicht-Sammelband.

Faxe & Falk live. Foto: Privat.

Auch Kid38 kann mit Texten über Waffen und Geld weniger anfangen und rappt lieber quer durch die Bank über alles, von Animes bis hin zu Philosophen wie Immanuel Kant. Und dass Texte über Frauen auch humorvoll sein können, zeigt das Duo Faxe & Falk.

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Unterhund: Superphad. Foto: Frederik Eichstädt.

Andere seiner Artgenossen engagieren sich im sozialen Bereich. In Hip Hop Workshops mit der Organisation Condrobs lernen Superphad (Steffen Rieß) und Zac (Michael Sack) jungen Geflüchteten das Rappen. Höhepunkt des Ganzen: eine große Hip Hop Jam am 21. September im Iwalewahaus, bei der die heranwachsenden Künstler alle auf der Bühne stehen konnten.

Zac live on Stage. Foto: Privat.

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RaPod

Im RaPod interviewen die Moderatoren Frederik Eichstädt und Johannes “Quasi” Besold regelmäßig Vertreter aus der Bayreuther Rapszene. Im Rahmen dieser Interviews sind einige Filmaufnahmen entstanden. Im Video über dem Text gibt es die besten Ausschnitte aus diesen Drehs zu sehen. 

Der Bayreuther Rapper und RaPod-Moderator Quasi. Foto: Privat.

Jean Paul: Sieben Männer streiten um ein Erbe

Sieben Männer, die um ein Erbe streiten. So könnte ein Kinofilm beginnen. Dass das ein Werk von Jean Paul ist, vermutet man im ersten Moment nicht. bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller beweist mit der Erzählung “Testamentsvollstreckung”, dass Jean Paul nicht immer trocken und schwere Kost sein muss.


Stoff wie für einen Kinofilm

Im dem Kinofilm “Didi und die Rache der Enterbten” mit Didi Hallervorden aus dem Jahr 1985 stirbt der Bankier Gustav Böllemann, nachdem er sich kurz zuvor noch mit einer leichten Dame amüsiert hatte. In der Testamentsverkündung zeigt der Notar der anwesenden Verwandtschaft von Gustav: In seinem letzten Willen enterbt Böllemann seine gierigen Nichten und Neffen, die es alle zu nichts gebracht haben und benennt stattdessen Dieter Dödel, einen Neffen dritten Grades, als Alleinerben seines Millionen-Vermögens.

Zumindest die Handlung am Anfang dieses Filmes erinnert an eine herrliche Erzählung eines großen Bayreuthers, an Jean Paul und seine “Testamentseröffnung” in dem Buch “Die Flegeljahre”. Jean Paul, der zu Lebzeiten zeitweise der meistgelesenste Autor in Deutschland war, ist in Vergessenheit geraten. Konnten seine Zeitgenossen seine Bücher ohne Probleme lesen, sind sie für uns heute schwere Kost.

Porträt Jean Paul im Rathaus. Foto: Stephan Müller

Leseexpedition durch Jean Pauls Werk

Am besten beschrieb dies der Chefredakteur Erich Rappl im Jahre 1963 im „Bayreuther Tagblatt“: „Allzu viele, die ihn für sich entdecken wollten, haben ihre Leseexpedition durch das Urwaldgestrüpp seiner ‘Flegeljahre’ abgebrochen und bestenfalls auf ein vages ‘Spätereinmal’ verschoben. Denn wer nichts anderes will, als auf der glatten Bahn einer zügig und knapp dahinerzählten Romanhandlung voranzublättern, der wird bei Jean Paul nie zum Ziele gelangen.“

“Die Testamentsvollstreckung”

Eine von Jean Pauls amüsantesten Erzählungen ist die “Testamentsvollstreckung” aus dem Buch “Die Flegeljahre”.

Der vermögende Herr Van der Kabel aus Haßlau hat das Zeitliche gesegnet. Sieben Männer erscheinen zur Testamentseröffnung und hoffen auf ein großes Erbe.

Sieben noch lebende weitläuftige Anverwandte von sieben verstorbenen weitläuftigen Anverwandten Kabels machten sich zwar einige Hoffnung auf Plätze im Vermächtnis, weil der Krösus ihnen geschworen, ihrer da zu gedenken; aber die Hoffnungen blieben zu matt, weil man ihm nicht sonderlich trauen wollte.

(Auszug aus Jean Pauls “Testamentsvollstreckung”)

Schreibfeder mit Tinte, Bierkrug und die Gästebücher im Dichterstübchen. Foto: Stephan Müller

War Van der Kabel doch immer jemand, der “so spöttisch dareingriff und mit einem solchen Herzen voll Streiche und Fallstricke”. Und tatsächlich sollten die Anverwandten eine böse Überraschung erleben, als der Bürgermeister als “Ober-Exekutor” verlas:

Demzufolge vermach’ ich denn dem Hrn. Kirchenrat Glanz, dem Hrn. Hoffiskal Knoll, dem Hrn. Hofagent Peter Neupeter, dem Hrn. Polizei-Inspektor Harprecht, dem Hrn. Frühprediger Flachs und dem Hrn. Hofbuchhändler Paßvogel und Hrn. Flitten … vor der Hand nichts ….

Als sie erfahren, dass das Vermögen an “hiesige Stadtarme”, den Schulmeistern des Fürstentums, der Judenschaft und an einen Universalerben geht, fallen die sieben “Anverwandten” fast vom Hocker:

Sieben lange Gesichtslängen fuhren hier wie Siebenschläfer auf.

Van Kabel begründet dies in seinem Testament damit, weil er von jedem Einzelnen weiß, dass sie “seine geringe Person lieber haben als sein großes Vermögen”.

Eine Locke von Jean Paul war das schönste Andenken für die Damen der gehobenen Gesellschaft – zumindest bis durchsickerte, dass diese Locken auch schon mal von seinem Pudel Ponto stammten. Foto: Stephan Müller

Mitten in die Wut und die Flüche der sieben Männer verliest der Bürgermeister die dritte Klausel des Testaments: Zu vererben wäre noch das Haus in der Hundsgasse: Das Haus erbt derjenige von seinen sieben genannten Hrn. Anverwandten, “welcher früher als die übrigen sechs Nebenbuhler eine oder ein paar Tränen über mich, seinen dahingegangenen Onkel, vergießen kann. Bleibt aber alles trocken, so muss das Haus gleichfalls dem Universalerben verfallen.”

Hier machte der Bürgermeister das Testament zu, merkte an, die Bedingung sei wohl ungewöhnlich, aber doch nicht gesetzwidrig, sondern das Gericht müsse dem ersten, der weine, das Haus zusprechen, legte seine Uhr auf den Sessionstisch, welche auf 11 1/2 Uhr zeigte, und setzte sich ruhig nieder, um als Testaments-Vollstrecker so gut wie das ganze Gericht aufzumerken, wer zuerst die begehrten Tränen über den Testator vergösse.

Ob es den enttäuschten, erbosten und aufgebrachten Verwandten gelingt, gerade in diesem Moment eine Träne für den Verstorbenen zu verdrücken?

Und nun zum Original

An dieser Stelle steigen wir in Jean Pauls Original mit den schrulligen Gedanken jedes einzelnen “Erben” und schließlich mit der Auflösung ein. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen. Probieren Sie es … Es lohnt sich!

Dass es, solange die Erde geht und steht, je auf ihr einen betrübteren und krauseren Kongress gegeben als diesen von sieben gleichsam zum Weinen vereinigten trocknen Provinzen, kann wohl ohne Parteilichkeit nicht angenommen werden.

Jean Paul im Sonnenlicht. Foto: Stephan Müller

Anfangs wurde noch kostbare Minuten hindurch bloß verwirrt gestaunt und gelächelt. An reine Rührung konnte – das sah jeder – keiner denken, so im Galopp an Platzregen, an Jagdtaufe der Augen; doch konnte in 26 Minuten etwas geschehen.


Kaufmann Neupeter

Der Kaufmann Neupeter fragte, ob das nicht ein verfluchter Handel und Narrensposse sei für einen verständigen Mann, und verstand sich zu nichts; doch verspürt’ er bei dem Gedanken, dass ihm ein Haus auf einer Zähre in den Beutel schwimmen könnte, sonderbaren Drüsen-Reiz und sah wie eine kranke Lerche aus, die man mit einem eingeölten Stecknadelknopfe – das Haus war der Knopf – klistiert.


Hoffiskal Knoll

Der Hoffiskal Knoll verzog sein Gesicht wie ein armer Handwerksmann, den ein Gesell Sonnabend abends bei einem Schusterlicht rasiert und radiert; er war fürchterlich erboset auf den Mißbrauch des Titels von Testamenten und nahe genug an Tränen des Grimms.


Buchhändler Paßvogel

Der listige Buchhändler Paßvogel machte sich sogleich still an die Sache selber und durchging flüchtig alles Rührende, was er teils im Verlage hatte, teils in Kommission; und hoffte etwas zu brauen; noch sah er dabei aus wie ein Hund, der das Brechmittel, das ihm der Pariser Hundearzt Hemet auf die Nase gestrichen, langsam ableckt; es war durchaus Zeit erforderlich zum Effekt.


Flitte aus Elsaß

Flitte aus Elsaß tanzte geradezu im Sessionszimmer, besah lachend alle Ernste und schwur, er sei nicht der Reichste unter ihnen, aber für ganz Straßburg und Elsaß dazu wär’ er nicht imstande, bei einem solchen Spaß zu weinen.


Polizei-Inspektor Harprecht

Zuletzt sah ihn der Polizei-Inspektor Harprecht sehr bedeutend an und versicherte: falls Monsieur etwa hoffe, durch Gelächter aus den sehr bekannten Drüsen und aus den Meibomischen und der Karunkel und andern die begehrten Tropfen zu erpressen und sich diebisch mit diesem Fensterschweiß zu beschlagen, so wolle er ihn erinnern, dass er damit so wenig gewinnen könne, als wenn er die Nase schneuzen und davon profitieren wollte, indem in letztere, wie bekannt, durch den ductus nasalis mehr aus den Augen fließe als in jeden Kirchenstuhl hinein unter einer Leichenpredigt. – Aber der Elsasser versicherte, er lache nur zum Spaß, nicht aus ernsteren Absichten. Der Inspektor seinerseits, bekannt mit seinem dephlegmierten Herzen, suchte dadurch etwas Passendes in die Augen zu treiben, dass er mit ihnen sehr starr und weit offen blickte.


Frühprediger Flachs

Der Frühprediger Flachs sah aus wie ein reitender Betteljude, mit welchem ein Hengst durchgeht; indes hätt’ er mit seinem Herzen, das durch Haus- und Kirchenjammer schon die besten schwülsten Wolken um sich hatte, leicht wie eine Sonne vor elendem Wetter auf der Stelle das nötigste Wasser aufgezogen, wär’ ihm nur nicht das herschiffende Flöß-Haus immer dazwischengekommen als ein gar zu erfreulicher Anblick und Damm.


Kirchenrat Glanz

Der Kirchenrat Glanz, der seine Natur kannte aus Neujahrs- und Leichenpredigten, und der gewiss wusste, dass er sich selber zuerst erweiche, sobald er nur an andere Erweichungs-Reden halte, stand auf – da er sich und andere so lang am Trockenseile hängen sah – und sagte mit Würde, jeder, der seine gedruckten Werke gelesen, wisse gewiss, dass er ein Herz im Busen trage, das so heilige Zeichen, wie Tränen sind, eher zurückzudrängen, um keinem Nebenmenschen damit etwas zu entziehen, als mühsam hervorzureizen nötig habe aus Nebenabsichten. – »Dies Herz hat sie schon vergossen, aber heimlich, denn Kabel war ja mein Freund«, sagt’ er und sah umher. Mit Vergnügen bemerkte er, dass alle noch so trocken dasaßen wie Korkhölzer; besonders jetzt konnten Krokodile, Hirsche, Elefanten, Hexen, Reben leichter weinen als die Erben, von Glanzen so gestört und grimmig gemacht.


Bloß Flachsen schlugs heimlich zu; dieser hielt sich Kabels Wohltaten und die schlechten Röcke und grauen Haare seiner Zuhörerinnen des Frühgottesdienstes, den Lazarus mit seinen Hunden und seinen eigenen langen Sarg in der Eile vor, ferner das Köpfen so mancher Menschen, Werthers Leiden, ein kleines Schlachtfeld und sich selber, wie er sich da so erbärmlich um den Testaments-Artikel in seinen jungen Jahren abquäle und abringe – noch drei Stöße hatt’ er zu tun mit dem Pumpenstiefel, so hatte er sein Wasser und Haus.

Foto: Bernd-Mayer-Stiftung

»O Kabel, mein Kabel«, fuhr Glanz fort, fast vor Freude über nahe Trauertränen weinend: »Ich glaube, meine verehrtesten Herren«, sagte Flachs, betrübt aufstehend und überfließend umhersehend, »ich weine« – setzte sich darauf nieder und ließ es vergnügter laufen;  … Er war nun auf dem Trocknen.


Text: Stephan Müller


Wie eine Glocke: Was von der Bayreuther Stadtmauer noch übrig ist

Zugegeben: Mit der vollständigen erhaltenen Stadtmauer in Nördlingen oder den mittelalterlichen Wehranlagen in Rothenburg ob der Tauber kann die Bayreuther Stadtmauer nicht mithalten. Dennoch wären so manche Städte stolz darauf, wenn sie behaupten könnten, dass heute noch zwei Drittel der historischen Wehranlage erhalten sind. Von einem kreisrunden Mauer-“Ring” kann man in Bayreuth nicht sprechen. Der Mauerverlauf ähnelt in seiner an die Landschaft angepassten Form eher an eine Glocke. Die Wehranlage um die Stadt Bayreuth wurde um das Jahr 1300 errichtet und in den Jahren 1448, 1457 und 1660 verstärkt. Hobby-Historiker Stephan Müller hat sich die Stadtmauer genauer angesehen.


Foto: Stephan Müller

Ein Graben vor der Mauer

Ob der davor gelagerte Graben mit Wasser – möglicherweise vom Roten Main und dem Sendelbach – gespeist wurde, lässt sich heute nur noch vermuten. Dass es diese Gräben gab, beweisen der ehemalige Straßenname “Am Graben” und eindrucksvoll der Garten des Hauses Friedrichstraße 5. Ein Blick hinter das Sterbehaus von Jean Paul verdeutlicht den deutlichen Höhenunterschied, der zwischen der Straße und dem Graben bestand.

Mauer an der Opernstraße vor Errichtung des Wittelsbacher Brunnens 1914. Foto: Bernd-Mayer-Stiftung.

Neben dem Mühltürlein und dem “Schanztor” neben dem Alten Schloss (Schloßberglein), die nur für Fußgänger zugänglich waren, gab es mit dem Oberen Tor und dem Unteren Tor nur zwei große Tore, die im Rahmen einer markgräflichen “Stadtverschönerung” im Jahr 1752 abgerissen wurden.

Das waren die Tore der Stadt

Markgraf Friedrich vergrößerte die Stadt, in dem er neue Tore errichten ließ, die allerdings nur Kontroll- und Zollfunktionen hatten. Gedenktafeln an der Badstraße 30 (Ziegelgässer Tor) und an der Richard-Wagner-Straße 34 (Eremitager Tor) erinnern an den erweiterten Stadtkern. Darüber hinaus gab es unter anderem das Brandenburger Tor, das Erlanger Tor (Erlanger Straße), das Moritzhöfener Tor (an der heutigen Jean-Paul-Straße beim “Gänsehügel”) sowie das Röthgasser Türlein, das aber möglicherweise mit dem ebenfalls erwähnten Cottenbacher Tor (etwa am Güterbahnhof) identisch ist.

Das Obere Tor führte im Mittelalter vom Markt zum heutigen Sternplatz. Es bestand aus einem inneren und einem äußeren Tor, zwischen denen es mehrere kleine Gebäude gab, die als Läden und Werkstätten benutzt wurden. Der innere Torteil der Wehranlage stand zwischen dem Schloss und der Schmiedgasse (Kanzleistraße) und wird als ein viereckiges mit Schiefer gedecktes Gebäude mit Flügeltüren beschrieben. Erwähnt wurden auch ein “Fallgatter” und “Palisaden”. Es wurde 1736 auf Befehl von Markgraf Friedrich abgetragen.

Einiges lässt sich nur noch aus alten Chroniken, Skizzen und Stadt-Stichen erahnen: Die Lage der ehemaligen Tore, die Türme, der Schwertelturm, der Teufelsturm “mit je zwei Hackenbüchsen und einer Büchse im Gerüst”, der ehemalige Pfeilturm bei der Stadtkirche “mit Armbrüsten, Pfeilen, Böcken und Bänken gefüllt”, der Pulver- oder Gefängnisturm und die ebenfalls durch einen Turm gekrönte Wächterwohnung am Mühltürlein. Von den ehemals sechs Wehrbefestigungen ist nur noch eine, der Diebsturm hinter der von-Römer-Straße (Zugang neben dem Café Händel in der Dammallee), erhalten.

Das Untere Tor stand in der heutigen unteren Fußgängerzone und war mit einer gewölbten und einer “Schlagbrücke” versehen. Daneben standen ein “Wacht- und Schützenhaus” sowie der “Pulver- und Gefängnisturm”. Hinter dem Wohnhaus der Wagner-Freundin Malwida von Meysenburg (Gedenktafel an der Ecke Dammallee/Dammwäldchen) stand der starke “Teufelsturm”. Auf dem Stadtbild des Küffnerschen Epitaphs von 1615 (in der Stadtkirche) ist er als klobiger Eckpfeiler der Stadtmauer zu erkennen.

Das Gemälde auf dem Küffner‘schen  Epitaph von 1615 zeigt die zerstörte Stadtkirche (Stadtbrand 1605). Es ist aber noch das Rathaus (zerstört beim Stadtbrand 1621) zu sehen. Unmittelbar vor dem Schlossturm sieht man bereits ein Haus, dass auf die Stadtmauer gebaut wurde. Am ganz rechten Rand erkennt man den Teufelsturm.

Was von damals noch erhalten ist

Erhalten sind noch der viereckige “Schwertelturm” hinter dem ehemaligen Café Händel und zwei von drei Ravelins, die vor der Stadtmauer standen. Diese beiden Wachhäuser für die Soldaten, die die Tore schützen sollten, stehen noch heute in der Nähe der beiden Standorte des Unteren und Oberen Tores am Hohenzollernring (früher Firma Eisen-Ries) und im Garten des Hauses Maximilianstraße 9 (früher Siegelin und Buck), in dem Jean Paul seine erste Wohnstätte in Bayreuth fand.

Vom Garten des Miam Miam Glou Glou zu sehen. Der Rest eines Wappens der an einem Ravelin, also einem Wachhaus der Wachsoldaten hing. Foto: Stephan Müller.

Stadtmauer wird überflüssig

Mit der Einführung der Feuerwaffen verloren die Stadtmauern an Bedeutung. In Bayreuth führte dieser Umstand dazu, dass die komplette Wehranlage im Jahr 1745 an die Bürger verkauft wurde. In der heutigen Von-Römer-Straße (damals Judengasse) nutzten die Anwohner die Umschanzung als Außenmauer für ihre neuen Häuser.

Diese Idee war zu diesem Zeitpunkt nicht neu. Auf dem bereits erwähnten Stadtbild des Küffnerschen Epitaphs ist zu erkennen, dass schon mindestens 130 Jahre vorher ein einzelnes Haus auf die Stadtmauer gebaut wurde. Durch die Aufschüttung des Grabens wurden in Richtung Dammallee weitere Baugrundstücke geschaffen, die den immer noch vorhandenen Mauerring verschwinden ließen.

Foto: Stephan Müller

Reste werden wieder freigelegt

Erst der Bau des Hohenzollernrings in den siebziger Jahren und die Häuserabrisse in der Dammallee (Kegelbahn und Textilreinigung Wild) vor etwa 15 Jahren wurden wieder große Teile der Stadtmauer freigelegt. Damit endete das fast zwei Jahrhunderte lange Mauerblümchendasein der alten Wehranlage.

Ebenfalls umfunktioniert wurde die Stadtmauer im Bereich des Schloßbergleins und der Opernstraße. Das Mauerwerk bietet heute den Hintergrund für den Wittelsbacher Brunnen, der 1914 (mit vier Jahren Verspätung) zum 100-jährigen Anschluss Bayreuths an das Königreich Bayern errichtet wurde. Westlich neben dem mächtigen Alten Schloss, in dessen Bereich kein Mauerring notwendig war, zog sich die Befestigung entlang der heutigen Kanalstraße bis zum heutigen Hohenzollernring entlang. Dort könnte es – ähnlich wie am Hohenzollernring im Bereich der Frauengasse – teilweise eine in diesem Bereich wichtige Doppelmauer gegeben haben, die einen Verteidigungsgang möglich machte. Im Stadtbuch von 1464 heißt es, dass die “Viertelmeister” die Stadtmauer regelmäßig begehen mussten.

Foto: Stephan Müller

Dass diese jedoch nicht überall begehbar war, erkennt man bei einem Spaziergang durch den Hof der Regierung von Oberfranken zwischen der Ludwigstraße und der Kanzleistraße. Neben dem schönen Präsidentengarten und in den Hinterhöfen des evangelischen Dekanats und dem Pfarrhaus ist die hohe Wehranlage in über sechs Jahrhunderten unverändert geblieben.

Ein inzwischen abgerissener Teil der Stadtmauer im Hof der Regierung von Oberfranken. Foto: Archiv Stephan Müller.


Text: Stephan Müller

Stephan Müller (53) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.

Gessn werd dahaam: Zu Besuch in der Privatkelterei Lehen

In Folge 16 ist Christoph Scholz zu Besuch in der Saftkelterei Lehen.

Simpsons- und Opernregisseur: Das ist Matthias von Stegmann

Der Bayreuther Matthias von Stegmann ist ein Multitalent. Ein Blick auf seine Wikipediaseite bestätigt das. Dort wird er als Schauspieler, Synchronsprecher, Dialogbuchautor, Synchronregisseur, Autor und Opernregisseur bezeichnet. In seiner Arbeit bewegt sich der Sohn einer Japanerin und eines Deutschen zwischen den Simpsons und den Bayreuther Festspielen.

Das Bayreuther Tagblatt stellt den 50-Jährigen im Porträt vor. In Teil 1 geht es um seinen Start im Mediengeschäft, seine Verbundenheit zu Bayreuth und seine bekanntesten Projekte. 

Schon als Kind im TV-Geschäft

Stegmann stammt ursprünglich aus dem Raum München. Dort begann seine Karriere in jungen Jahren. Schon als Zehnjähriger synchronisierte er Sendungen wie “Unsere kleine Farm”, “Die Bären sind los” oder “Luzie, der Schrecken von der Straße”. Den Zugang zur Medienwelt bekam er durch seine Mutter, die selbst als Übersetzerin für das Fernsehen tätig war.

Die Zeit spielte Stegmann in die Karten. Gerade als er 18 wurde, brach in Deutschland der große Privatsenderboom aus, nachdem Mitte der 80er-Jahre der erste Privatsender der Bundesrepublik an den Start ging.

Plötzlich gab es in Deutschland so viele neue Sender und damit auch unglaublich viel Fernsehzeit zu füllen. Die Verantwortlichen haben händeringend nach Leuten gesucht.

(Matthias von Stegmann)

Matthias von Stegmann im Gespräch beim Bayreuther Tagblatt. Foto: Magdalena Dziajlo.

Quer durch die Medienlandschaft

Einer dieser neuen Medienmacher war Stegmann: Mit 19 Jahren schrieb er so sein erstes Synchrondrehbuch für das Fernsehen. Dabei geht es nicht bloß darum, den Inhalt der englischsprachigen Originale 1:1 zu übersetzen. Vielmehr müsse man dabei auch viel neu erfinden, Sprachebenen finden und Entscheidungen treffen. Ein Blick in Stegmanns Vita zeigt, dass er das zu beherrschen scheint.

Unter den von ihm betreuten Projekten finden sich der Blockbuster “The Sixth Sense” mit Bruce Willis oder auch das Phantom der Oper von Andrew Lloyd Webber. Daneben arbeitet er seit 2006 als Dialogbuchschreiber und Synchronregisseur für die Zeichentrickserien Die Simpsons, Family Guy und Futurama.

Man kann Dinge nicht einfach aus der Fremdsprache übernehmen und stur übersetzen. Man muss die Figur der Vorlage verstehen und ihren Charakter dann möglichst genau ins Deutsche übertragen.

(Matthias von Stegmann)

Herausforderungen

So könne man die englische Redewendung “it’s raining cats and dogs” nicht mit “es regnet Katzen und Hunde” übersetzen. Vielmehr müsse man hier zum Beispiel ein “es regnet in Strömen” daraus machen. Auch kulturelle Merkmale müsse man sich stets bewusst machen. Menschen in Thailand würden beispielsweise generell sehr laut sprechen. Bei der deutschen Adaption müsse man, um dieselben Aussagen zu treffen, die Lautstärke des jeweiligen Charakters herunterfahren.

Matthias von Stegmann im bt-Studio. Foto: Magdalena Dziajlo.

In Bayreuth zu Hause

Beruflich ist von Stegmann viel in der Bundesrepublik, aber auch im Ausland, unterwegs. Sein Heim hat er aber seit 15 Jahren in Bayreuth. Der Umzug in die Wagnerstadt erfolgte aus privaten Gründen, allerdings hatte er schon vorher Kontakte nach Bayreuth, weil er bei den Bayreuther Festspielen als Regieassistent und Spielleiter tätig gewesen ist. Daneben inszenierte er 2013 unter der musikalischen Leitung von Christian Thielemann Wagners Frühwerk Rienzi in der Oberfrankenhalle.

Stegmann genießt das Leben in Bayreuth. Insbesondere, weil er Oberfranken und die Menschen hier wahnsinnig gerne mag. Daneben sei die Region, bei schönem Wetter, in jedem Fall eine der schönsten Regionen Deutschlands.

Ich bin beruflich so viel in Großstädten unterwegs, dass ich es richtig genieße, wenn ich in eine schöne, übersichtliche Stadt wie Bayreuth zurückkomme.

(Matthias von Stegmann über Bayreuth)

Hinter den Kameras, abseits der Bühne

Ein Vorteil seiner Arbeit: Obwohl er im Mediengeschäft tätig ist, erkenne ihn auf der Straße kaum jemand. So könne er auch jedes Jahr freudig über das Oktoberfest laufen, ohne von den Leuten in Beschlag genommen zu werden. Darüber ist der 50-Jährige sehr froh.

Auch beim Inszenieren, dem Teil seiner Arbeit, der ihm am meisten Spaß macht, steht von Stegmann nicht im direkten Rampenlicht. Als Regisseur sei es für ihn das Schönste, dass er direkt mit den Menschen zusammenarbeiten kann. Dabei habe er sich natürlich in all den Jahren auch einen eigenen Stil geschaffen. Das sei ein bisschen wie bei einem Schreiner. Auch wenn viele dieselben Grundfertigkeiten hätten, würde am Ende jeder einen anderen Tisch machen.

In Teil 2 spricht das Bayreuther Tagblatt mit Matthias von Stegmann über seine Arbeit bei den Simpsons, Shitstorms und persönliche Vorlieben in der Fernsehwelt

Das ist Matthias von Stegmann

NameSteffen Berghammer
Geburtstag24. Februar 1987
VereinSchon immer und für immer HaSpo Bayreuth!
Lieblingsort in BayreuthDer Trimm-dich-Pfad 😉
Härtester GegenspielerIch bin mein eigener Endgegner
Größte ErrungenschaftIn einem Verein wie HaSpo Bayreuth Handball spielen zu dürfen
Mit diesen Mannschaftskameraden verstehe ich mich blindMit unseren Kreisläufern
Mein Ritual vor den SpielenMeine Nachbarskatze streicheln
Dieses Spiel würde ich gerne aus meinem Gedächtnis streichenDie Niederlagen gegen Team Jung beim Aufwärmkick (kommt aber seeeeeeehr selten vor)
Dieser Trainer war der härteste HundDefinitiv Berhard Müller
Bestes Lied aller ZeitenDas geheime, selbst komponierte Mannschaftsliedgut auf der Rückfahrt von Auswärtsfahrten
Das tue ich zum EntspannenSiehe Ritual vor dem Spiel
LieblingsessenHauptsache selbst gekocht
Meine Ziele mit HaSpoSpiel für Spiel gewinnen!
Mein VorbildMein Vater
LieblingsfilmIch schaue lieber Serien. Die Beste davon ist Shameless!

Kindheitstraum Tätowierer: “Geld ist mir nicht so wichtig, wie mein Gewissen”

Michael Müller aus Himmelkron hat ein Studio für Piercings und Tattoos und sich damit seinen Kindheitstraum erfüllt. Er ist gnadenlos ehrlich und sticht nur die Motive, die seiner Meinung nach zu den Personen passen und, die er technisch verwirklichen kann. An diesem Wochenende ist er Teil der International Tattoo Convention in Bindlach.

Mit Mutti-Zettel: Piercing ja, Tattoo nein

“Ich habe schon als Kind Menschen mit Tattoos bewundert”, sagt Michael Müller. Mit 15 Jahren hat er begonnen erste eigene Skizzen für Tattoos zu zeichnen. “Seitdem habe ich auch mein erstes Piercing. Damals habe ich sogar noch die Einverständnis meiner Eltern gebraucht”, erklärt er und lacht. Das Piercing an der Brustwarze sei kein Problem gewesen. Denn man hätte es ja leicht wieder herausnehmen können. Beim Thema Tattoo ist Michael allerdings erst einmal gegen eine Wand gelaufen: “Ein Tattoo bleibt eben für immer. Deswegen konnte ich meinen Wunsch erst mit 18 Jahren umsetzen”, so der heute 32-Jährige.

Wissen aus der Sanitäterausbildung

Um Piercings oder Tattoos zu stechen, gebe es keine offizielle Ausbildung. Er empfehle immer sich Feedback von Bekannten zu holen oder online nachzufragen, um herauszufinden, ob ein Studio taugt oder nicht. “Ich habe viel in anderen Studios  zugesehen und gelesen. Auch meine Sanitäter-Ausbildung hat mir da ein Stück weit geholfen, dass ich mich gut mit dem Körperaufbau und der Wundheilung auskenne.”

2007 hat sich Michael Müller seinen Traum erfüllt und sein Piercingstudio im Elternhaus eröffnet. In der Szene ist Müller als “Muli” bekannt. So heißt auch sein Studio: “crazy-muli-piercing”. Inzwischen hat er den Laden jetzt im eigenen Haus in Himmelkron.

Tattoos sind eine Vertrauenssache. Die Menschen legen dir ihre Haut in die Hände.

(Michael Müller)

Schriften und Geometrisches

“Ich habe so lange gezeichnet, bis die Qualität gut war und mich beim Tattoo Stechen erst einmal an Freunden ausprobiert”, sagt er. Seit 2009 tätowiert er selbst. Muli hat viele Anfragen: “Heute mache vor allem die Anfragen, die mir Spaß machen.” Er arbeitet mit einer Rotationsmaschine. Am liebsten sticht er Linien, Schriften oder Geometrisches in schwarz-grau. “Den Weg möchte ich beibehalten”, so Muli. Aber auch Oldschool und Newschool Motive, bei denen einzelne Flächen eingefärbt sind, gehören zu seinen Repertoire.

Foto: crazy muli piercing

Gewissen vor Cash

“Ich mache keine bunten Tattoos oder Realistik-Arbeiten”, gibt er zu. “Wenn jemand das möchte, verweise ich gerne auf einen meiner Tattoo-Kollegen”, erklärt er. Es bringe nichts das Geld einzusacken. So hätten seine Kollegen und die Kunden gleichermaßen etwas davon. Das Prinzip beruhe auf Gegenseitigkeit.

Geld ist mir nicht so wichtig wie mein Gewissen.

(Michael Müller)

Muli sticht außerdem nur die Piercings und Tattoos, die auch zu den Menschen passen. “Wenn ein Kunde einen Wunsch hat und ihm das rein gar nicht steht, sage ich das ehrlich”, fügt er hinzu. Wenn er im Gespräch merke, dass der Kunde noch unsicher sei, vereinbare er erst mal keinen Termin, ehe sich der Kunde wirklich sicher ist.

 

Foto: crazy muli piercing

Was mich befriedigt ist es, den Leuten eine Freude zu machen.

(Michael Müller)

Freunde weltweit: Auf Messen zuhause

Muli geht schon seit 20 Jahren auf Tattoo-Messen. “Es ist inzwischen wie ein Zuhause”, sagt er. Er treffe dort viele bekannte Tätowierer, die inzwischen zu Freunden geworden sind. Manche kommen aus Neuseeland, Australien, Amerika, der Türkei oder aus Japan. Am Samstag ist Michael Müller ab den Morgenstunden auf der International Tattoo Convention in der Bindlacher Bärenhalle. “Man kann sich dort spontan etwas stechen lassen oder einen Termin für die kommenden Wochen ausmachen”, erklärt er.