Bayreuth Historisch …

… ist eine Serie, die uns als Bayreuther Tagblatt sehr am Herzen liegt.
Wir freuen uns mit Stephan Müller einen enthusiastischen Hobbyhistoriker für dieses Projekt gewonnen zu haben, der sich auf Spurensuche begeben hat. Mit Kompetenz, Herzblut, Witz und Charme schreibt er über Geschichten und Ereignisse, die für ALLE Bayreuther und Bayreuthliebende interessant sind.

Die Altenstadt bei Bayreuth

Woher kommen eigentlich die siedlungsgeschichtlichen Namen der Bayreuther Ortsteile? In Teil 25 der Serie widmet sich bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller der Bayreuther Altstadt.

Jean Paul in Bayreuth: Ein unruhiger Mieter

Es gibt vielerlei Arten von Mietern. Auch solche, die es nicht lange an einem Ort aushalten. Jean Paul gehörte auch zu dieser Sorte. Nicht weniger als sieben Mal wechselte er in Bayreuth die Wohnung.

Erste Bleibe in der Maximilianstraße

Im Jahr 1804 entschloss sich der damals 40-jährige Schriftsteller Jean Paul in das damals preußische Bayreuth zu ziehen. Mit seiner Frau Caroline und seinen beiden Kindern Emma (zwei Jahre), Max (ein Jahr) und dem Spitz kam er am Sonntag, den 12. August 1804, gegen Abend mit dem Gepäckwagen an und bezog den ersten Stock im Palais der Justizratswitwe Münch, der heutigen Maximilianstraße 9.

Im Vorfeld zog sich über Monate ein Briefwechsel wegen einer geeigneten Wohnung hin. Caroline bestand wegen der beiden Kinder und ihrer dritten Schwangerschaft darauf, „eine untere Etage zu bewohnen, wo keine oder höchstens eine Treppe zu ersteigen ist.“ Erst am Tag nach ihrer Ankunft bemerken die Richters „wie herrlich das Logis“ mit den sechs hohen Zimmern und dem großen Garten ist. Sein Wunsch um Höhe und Blick auf die Berge mussten vorerst zurückstehen.

Heute zeigt sich das stattliche Gebäude mit dem markgräflichen Wappen, der Jahreszahl 1666 und den Initialen des Markgrafen Christian Ernst fast unverändert.

Die erste Bayreuther Wohnung der Familie Richter befand sich im ersten Stock im Palais der Justizratswitwe Münch, heute Maximilianstraße 9. Foto: Stephan Müller.

In der Dürschnitz

Seine “große Bedürfnislosigkeit” ließ ihn jedoch schon im Sommer darauf in der Dürschnitz eine alte, enge aber gemütliche Wohnung im Haus des Registrators Schramm beziehen. Ein „schlechtes Logis vor der Stadt“, von der er aber zumindest die Berge des Fichtelgebirges sehen konnte.

In diesem Haus, das längst abgerissen wurde, schrieb er den größten Teil der Erziehungslehre „Levana“. Über die Dürschnitz führte die ehrwürdige Königsallee zur Eremitage. Im Kriegsjahr 1806 wendete er sich aus Sicherheitsgründen wieder dem Stadtinneren zu und zog am 1. Oktober 1806 in die Steinstraße im Stadtteil Kreuz (heute Kulmbacher Straße / Brauerei Maisel). Gerade rechtzeitig: Denn am 7. Oktober treffen die französischen Truppen aus südlicher Richtung über die Dürschnitz nach Bayreuth ein.

Als sich die Lage wieder entspannt hatte, zog er erst zurück in die Dürschnitz und dann in ein Haus an der heutigen Richard-Wagner-Straße 23 (lange Zeit Spielwaren Wild). Die Umzüge fielen aufgrund des kleinen Hausrates nicht schwer. Erstaunlicherweise hatte der Dichter so gut wie keine Bücher. Er entlieh sich die Bücher lieber, um „die Last fremden Geistes nicht dauernd um sich zu haben“.

In der Friedrichstraße

Am Haus Friedrichstraße 10 (früher Jean-Paul-Cafe) erinnert eine Gedenktafel, dass Jean Paul auch hier wohnte. Am 15. November 1808 zog er in das Haus des Justizkommissars Fischer und damit in die Nähe seines Freundes Emanuel. In dieser Wohnung entstanden seine Werke „Feldprediger Schmelzle“, Dr. Katzenbergers Badereise“ und das „Leben Fibels“.


Die Gedenktafel am Haus Friedrichstraße 10. Foto: Stephan Müller

 Umzug mit Getöse

Am 26. September 1811 musste er die Wohnung räumen. Heute würde man sagen, dass der Vermieter Fischer für seine Schwägerin „Eigenbedarf” geltend gemacht hat. Jean Paul zieht verärgert und deshalb „mit großen Getöse“ in die heutige Maximilianstraße 16. In der Mansarde über der Schlossapotheke findet die Familie ein neues Quartier, das er „Groschengalerie“ nennt. Ein Stockwerk unter der Familie Richter wohnt eine Frau Seebeck mit Mann und acht Kindern, an deren Treiben Jean Paul regen Anteil nimmt.

Das Porträt von Jean Paul im Neuen Rathaus. Foto: Stephan Müller.

Streit mit dem Apotheker

Dagegen bekommt er Streit mit seinem Vermieter, dem Apotheker Braun. Als Jean Paul feststellt, dass dessen Hausmagd seinen Weinkeller plündert, fordert er Braun auf, der Magd „abzudanken“. Der Apotheker kam dieser Forderung nicht nach. Im Gegenteil: Statt der “Magd abzudanken” bekommt die Familie Richter die Kündigung. Jean Paul zahlt es dem Apotheker, dem “rachsüchtigen Schurken“ auf seine Weise heim: Im Roman „Komet“ spielt ein Apotheker eine bedeutende Rolle. Zu diesem Beruf merkt der Schriftsteller an, dass “Menschen am närrischsten würden, von denen es nicht viele in ihrem Stande gebe, wie die Apotheker”.

Im Schwabacher Haus

Im November 1813 kehrte der Schriftsteller in seine geliebte Friedrichstraße zurück, die ihm weit besser gefällt als das „Gassengedärm“ Nürnbergs. Das „Schwabacher Haus“ in der Friedrichstraße 5 (lange Zeit „Jean-Paul-Apotheke“) sollte seine letzte Wohnstätte werden. Das Gebäude wurde zwischen 1740 und 1750 von St. Pierre erbaut. Der Architekt errichtete für die Markgräfin Wilhelmine unter anderem das Markgräfliche Opernhaus und das Neue Schloss.

Zwölf Jahre lebte Jean Paul im „Schwabacher Haus“ Friedrichstraße 5 . Eine Gedenktafel weist auf das Sterbehaus des großen Schriftstellers in. Foto: Stephan Müller.

Im Jahr 1823 schreibt er: „Zu Ende des Januars ging ich von 12 bis 2 Uhr in Schwabachers Garten spazieren – besser für meine Lunge und meinen Kopf als jede Arznei.“ Jean Paul starb am 14. November 1825 im Schwabacher Haus. Eine Gedenktafel erinnert bis heute daran.

Jean Paul ging gerne im Schwabachers Garten spazieren: “Besser für meine Lunge und meinen Kopf als jede Arznei.“ Foto: Stephan Müller.

Jean Paul ging gerne im Schwabachers Garten spazieren: “Besser für meine Lunge und meinen Kopf als jede Arznei.“  Foto: Stephan Müller.

Texte von Jean Paul sind nicht immer trocken. Das beweist seine Erzählung “Testamentsvollstreckung”.


Text: Stephan Müller


Bayreuths Süden: Thiergarten, Wolfsbach, Rödensdorf und Destuben

Woher kommen eigentlich die siedlungsgeschichtlichen Namen der Bayreuther Ortsteile? In Teil 21 der Serie widmet sich bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller dem Bayreuther Süden.

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Der Bayreuther Osten: Aichig, Grunau und Wunau

Woher kommen eigentlich die siedlungsgeschichtlichen Namen der Bayreuther Ortsteile? In Teil 19 der Serie widmet sich bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller den Stadtteilen Aichig, Grunau und Wunau. 

So kamen Bayreuths Herzoghöhe und Herzogmühle zu ihrem Namen

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Karneval zu Wilhelmines Zeiten in Bayreuth: Jeden Tag ein Fest

Narrenzeit in Bayreuth! Ein Grund für bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller zurückzublicken. Wie hat die Markgräfin Wilhelmine eigentlich Fasching gefeiert?


Markgräfin Wilhelmine feiert Karneval

“Es war Karnevalszeit”, schreibt die Markgräfin Wilhelmine unter dem Jahr 1734 in ihren Memoiren. “Die Marwitz, die alles tat, um mich zu zerstreuen, schlug mir vor, eine Wirtschaft zu veranstalten.” Unterstützung erfuhr die Marwitz von Wilhelmines Gatten, dem Erbprinz Friedrich, der Wilhelmine sogar aufforderte, den Markgrafen Georg Friedrich Karl “dafür einzunehmen”.

Wilhelmines Schwiegervater, ein “fantastischer Pietist” war Vergnügungen überhaupt nicht zugeneigt, gestand ihr aber zu, dass sie die “Wirtschaft” so anordnen wie sie wolle, unter der Bedingung, dass “er selbst sich nicht maskieren muss”. Wilhelmine erzählt: ” Die Vergnügung einer “Wirtschaft” kannte man nur in Deutschland. Es gibt einen Wirt und eine Wirtin, die einladen. Die anderen Kostüme stellen die verschiedensten Gewerbe und Berufe dar, die es auf der Welt gibt.”

Die Prinzessin Wilhelmine in jungen Jahren. Ein Jahr vor ihrem Regierungsantritt im Jahr 1735 mussten sie beim amtierenden Markgraf noch um Erlaubnis fragen, ob sie im großen Stil “Karneval” feiern dürfen. Foto: Archiv Bernd Mayer.

Saal als großer Wald dekoriert

Wilhelmine ließ in einen “immens großen Saal” einen Wald dekorieren, an dessen Ende ein Dorf mit seinem Gasthof zu sehen war. Der Gasthof war ganz aus Baumrinde gebaut und sein Dach voller Lampions. Im Saal gab es eine Tafel mit hundert Gedecken, deren Mitte ein Beet mit verschiedenen Wasserstrahlen darstellte. Die Bauernhäuser enthielten Erfrischungsbuden.

In dieser tollen Dekoration begann nach dem Abendessen der Tanz:

“Alle waren von dem Fest begeistert und amüsierten sich köstlich. Ich war die einzige, die sich langweilte, denn der Markgraf unterhielt mich unaufhörlich mit seinen lästigen Moralpredigten und nahm mich den ganzen Abend so in Beschlag, dass ich mit niemandem sprechen konnte, obwohl es viele Fremde gab, mit denen ich gern ein Gespräch angefangen hätte.”

Lästige Moralpredigten

Es kam noch schlimmer. Am Sonntag darauf predigte der Hofkaplan in der Kirche öffentlich gegen Wilhelmines Kostümfest. Er prangerte die komplette Karnevalsgesellschaft ob ihrer Unsittlichkeit vor der ganzen Kirchgemeinde an. Etwas mehr Glück hatte der Markgraf selbst. Georg Friedrich Karl bekam sein Fett unter vier Augen weg. Der Hofkaplan machte ihm schwerste Vorwürfe, dass er “einer derartigen Sünde die Hand gereicht” hat. Der Markgraf hielt sich für alle Ewigkeit verdammt und schwor, “Stein und Bein”, dass er solche Vergnügungen in seinem Land nicht mehr dulden wird.

Hier feiert die Markgräfin Wilhelmine unter anderem ihre Faschingsfeste. Foto: Archiv Bernd Mayer.

Jeden Tag ein Fest

Lange hatte diese Aussage keinen Bestand. Markgraf Georg Friedrich Karl starb am 17. Mai 1735, die Regierungsgeschäfte übernahm Erbprinz Friedrich und seine bekanntlich sehr dominante Gattin Wilhelmine. Keine Frage, dass der “Carneval” nun in Bayreuth ausgiebig gefeiert wurde. Darauf deutet eine markgräfliche “Bekanntmachung” über eine “Carenevalswoche” hin, die der anscheinend wohl sehr “konditionsstarken” Bayreuther Hofgesellschaft mit Sicherheit einiges abverlangt hat ….

So wurde am 6. Februar 1749 durch “seine Hochfürstliche Durchlaucht”, also Markgraf Friedrich “durch einen Druck” bekannt gemacht:

“S. Hochf. Durchl. haben gnädigst resolvirt, bei denen Carnevals-Divertissements die Veränderung treffen zu lassen, daß Sonntags Courtag, Montag Comödie im Schloß, Dienstags Masquerade im Redouten Haus, Mittwoch Comödie im Opernhaus, Donnerstag Masquerade im Redouten-Saal, Freitag Opera und Sonnabend Comödie auf dem Schloß seyn sollen.”

Na dann: “Prost”.


Text: Stephan Müller



Stephan Müller (54) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.


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