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Gessn werd dahaam

Gessn werd dahaam: Auf der Texas Longhorn Ranch

In Folge 18 ist Christoph Scholz auf der Texas Longhorn Ranch in Altcreußen.

Mit der Feststellung, dass Deutschland berühmt dafür ist, „einige der besten Biere der Welt
herzustellen“, begann die „New York Times“ vor einigen Wochen einen ganzseitigen Artikel über
deutschen Whiskey. Viele Weine aus deutschen Landen genössen „unter Weinliebhabern Kultstatus“.
Auch der „German schnapps“ sei über die Landesgrenzen hinaus bekannt und beliebt.
„But German Whiskey?“, fragt die Times. Deutscher Whiskey? Selbstverständlich, denn es gäbe
hierzulande laut einer von der Bundesregierung betriebenen Internetseite rund 250 Brennereien, die
Schotten käme da gerade einmal auf „über 130“. Und außerdem sei die deutsche Gerste von
exzellenter Qualität, zum Bierbrauen und zum Whiskeybrennen bestens geeignet. Whiskey habe
ohnehin auch deutsche Wurzeln, so käme die Jim-Beam-Familie aus Deutschland. Und landauf,
landab gäbe es außergewöhnliche Brennereien mit Verkostungsräumen und Besucherführungen, es
sei regelrecht eine deutsche Whiskeyroute entstanden, weiß die einflussreiche New Yorker Zeitung
zu berichten.

Die Texas Longhorn Ranch. Foto: Christoph Scholz.

Die Texas Longhorn Ranch

Ganz in der Nähe von Bayreuth befindet sich eine solch außergewöhnliche Brennerei auf einem
Bauernhof, auf den ich Sie, liebe Leserin und Sie, lieber Leser, in dieser 18. Folge von „Gessn werd
dahaam“ mitnehmen möchte. Vor zwölf Jahren erfüllte sich das Unternehmerehepaar Anna und
Alexander Leichtenstern in Altencreußen einen Lebenstraum mit dem Erwerb und der Sanierung
eines damals seit Jahren aufgegebenen Hofes. Eine ökologisch ausgerichtete Landwirtschaft wollten
sie dort aufbauen, fränkische Obstbrände, Whiskey und gutes Fleisch produzieren. Gesagt, getan.
Und weil die Leichtensterns große Amerikafans und begeisterte Westernreiter sind, züchten sie seit
2011 das texanische Longhorn-Rind. Die Rinder mit den imposanten langen Hörnern gehören, wie die
Cowboys, zum Mythos vom Wilden Westen und gaben dem Betrieb in Altencreußen schließlich auch
seinem Namen: Texas Longhorn Ranch.

Nach traditioneller amerikanischer Art

Ziemlich durchfroren erscheine ich zum Interview, denn zuvor habe ich viele Stunden mit Architekt
Georg Schilling aus Hollfeld (den ich durch „Gessn wird dahaam“ kennengelernt habe, denn Wolfgang
Bornschlegel, der den Frängischen Exbresso aus Folge 6 röstet, hat uns einander vorgestellt) im kalten Gemäuer der alten Dorfwirtschaft in Unternschreez verbracht, die meine Frau und ich sanieren wollen. Wie wohlig warm es nun in der Brennerei ist, wo Alexander Leichtenstern gerade Whiskey destilliert. Während
ich auftaue, erfahre ich, dass in der Longhorn Distillery die Whiskeys zum größten Teil nach
„traditioneller amerikanischer Art“ aus über fünfzig Prozent Mais (in Bioqualität) und etwas Gerste
gewonnen werden. Aber auch ein Single Malt, ein Whiskey aus Gerste, oder ein „High Rye Bourbon“,
gewonnen aus Roggen, fließen in Altencreußen durch die geheimnisvolle Kupferapparatur des
Brennereianlagenherstellers Adrian aus Mainfranken.

Whiskey. Foto: Christoph Scholz.

Wohin mit dem Streuobst?

Seine Liebe zum Whiskeybrennen entdeckte der vielseitige Unternehmer, der das Bäckerhandwerk
gelernt hat und neben Hof und Brennerei noch ein Exportunternehmen führt, weil auf der Ranch
immer so viel Streuobst anfiel, dass er irgendwann einen Nachbarn fragte, ob man nicht gemeinsam
Obstbrände herstellen könne. Seine ersten Erfahrungen sammelte er dann in einer Brennerei in der
Region, bald aber startete er eine eigene Produktion.

Eine Jahresmenge von 300 Litern reinen Alkohols erlaubt der Zoll den Leichtensterns; zehn bis
fünfzehn Mal pro Jahr wird gebrannt. Jeweils etwa 600 Liter Whiskeys und Obstbrände entstehen
dann zwischen morgens 6 und abends 20 Uhr.

Mondschein in den USA

Als in den USA von 1919 bis 1933 die Prohibition herrschte, in der Alkohol verboten war, wurden
schwarzgebrannte Spirituosen auch „Moonshine“ genannt. Man brannte sie nachts, bei Mondschein
quasi. Oft füllte man die Produktion in Einweckgläser, weil Flaschenkäufe in größeren Mengen
Verdacht erregt hätten. Weil die Leichtensterns Sympathie für ihre alten Brennerkollegen in Amerika
und den „Geist der Gesetzlosen“, so einer der Werbeslogans auf den Flyern der Brennerei,
empfinden, füllen sie ihre Whiskeys, Obstbrände und Gins in schicke Gläser in moderner Einweckglas-
Optik unter der Marke „Longhorn Moonshine“.

Dieser Whiskey wird noch verdünnt. Foto: Christoph Scholz.

So kommt die Farbe in den Whiskey

Alexander Leichtenstern misst den Alkoholgehalt, der bei unglaublichen 83,76% liegt. „Den
verdünnen wir aber noch …“, sagt er schmunzelnd. Nicht nur der Alkoholgehalt überrascht mich,
sondern auch der Umstand, dass der Whiskey farblos ist. Anna Leichtenstern führt mich in einen
Sandsteinkeller, wo die Whiskeyfässer, die eigens aus Texas von der befreundeten Brennerei der
Garrison Brothers importiert werden, lagern: „Seine Farbe bekommt Whiskey durch die Lagerung in
Holzfässern. Man sagt, dass der Geschmack eines Whiskeys nur zu dreißig Prozent aus seiner
Rezeptur und dem Brennvorgang, aber zu siebzig Prozent aus der Fasslagerung und der Umgebung,
in der das Holz atmet, stammt.“

Whiskeyfässer. Foto: Christoph Scholz.

Europas größte Longhorn-Herde

Hinter der Brennerei weidet mit etwa 80 Tieren Europas größte Longhorn-Herde. Stolze Tiere,
hauptsächlich zur Zucht. Weil den Leichtensterns Respekt vor und artgerechter Umgang mit ihren
Tieren sehr am Herzen liegen, bleiben die Kälber bei ihren Müttern und die Herden weiden auf
ökologisch geführten Wiesen. Gewirtschaftet wird nach „Naturland“-Richtlinien. Geschlachtet wird
möglichst stressfrei in einer nahegelegenen Landmetzgerei, beliefert werden ausgewählte Köche wie
Alexander Herrmann.

Für den Endverbraucher gibt es Burgerpatties, weil für das Burgerhackfleisch
aufgrund des notwendigen Fettanteils alle Fleischteile eines Tieres verarbeitet werden können. Und
drei- bis viermal im Jahr gibt es auch Fleisch in Genusspaketen vom Bioweiderind. „Wir füttern
unseren Tieren nur, was der Mensch nicht verwerten kann“, erklärt Anna Leichtenstern, also Gras.
Der Zukauf von Getreide oder anderen Futtermitteln kommt für sie nicht in Frage.

Longhorn Rinder in Altcreußen. Foto: Christoph Scholz.

Was es sonst noch so gibt

Die „gute Stube“ von Ranch und Brennerei ist der supergemütliche Besucherraum, der in der Regel
Freitagnachmittags geöffnet hat. Dort sind die Whiskeys, Obstbrände und Gins präsentiert, dazu
gibt’s die passenden Gläser, allerlei Zubehör, Geschenkboxen und interessante Literatur. Rund um
die Uhr können Sie online bestellen. Die Gewürze für den Gin kommen aus dem Tropenhaus in
Kleintettau. Ich bin immer wieder erstaunt, was unsere Genussregion Oberfranken alles zu bieten hat
und freue mich auf die letzten beiden Folgen von „Gessn werd dahaam“ am 4. November und am
18. Dezember.

Christoph Scholz

Christoph Scholz

Christoph Scholz ist 45 Jahre alt und Familienvater. Sein Geld verdient er als Projektleiter bei Semmel Concerts. Privat beschäftigt er sich gerne mit den Themen Essen, Trinken, Kochen, Gastronomie und Hotellerie.

Sie erreichen Robert Babutzka unter www.edictum-mobilar.de und info@edictum-mobiliar.de. Foto: Florian MiedlSie erreichen Robert Babutzka unter www.edictum-mobilar.de und info@edictum-mobiliar.de. Foto: Florian Miedl
Eine vegane Brotzeit á la Bleed (Link zum Rezept gibt es unten im Text). Foto: Kristoffer Schwetje/BleedEine vegane Brotzeit á la Bleed (Link zum Rezept gibt es unten im Text). Foto: Kristoffer Schwetje/Bleed
Christoph Scholz zu Besuch im Unverpacktladen Hamsterbacke in Bayreuth. Foto: Christoph ScholzChristoph Scholz zu Besuch im Unverpacktladen Hamsterbacke in Bayreuth. Foto: Christoph Scholz
Verkaufsraum der Geseeser Landbäckerei. Foto: Geseeser LandbäckereiVerkaufsraum der Geseeser Landbäckerei. Foto: Geseeser Landbäckerei
Rapsody of Spices in Kulmbach wird von den Azubis der Firma Raps geführt. Hier im Bild: Natalie Hofmann (links) und Maria Limmer (rechts). Foto: Christoph ScholzRapsody of Spices in Kulmbach wird von den Azubis der Firma Raps geführt. Hier im Bild: Natalie Hofmann (links) und Maria Limmer (rechts). Foto: Christoph Scholz
Swagman im Industriegebiet. Foto: Christoph Scholz
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Foto: Christoph Scholz