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Gessn werd dahaam

Auf Porzellansuche: Die Kaffeekanne vom Grünen Hügel

In Folge 5 von „Gessn werd dahaam!“ ist Christoph Scholz auf der Suche nach der perfekten Porzellanschale für seinen Shake-Shack-Hotdog. Dazu besucht er die Porzellanfabrik Walküre in Bayreuth. Ein Besuch, der seine künftigen Pläne durcheinander bringen wird.

Meine Suche nach den besten regionalen Zutaten für einen Hot Dog nach Chicagoer Art – also mit Zwiebeln, Senf und Gurken drauf, wichtig mit Senf und bloß keinem Ketchup – nähert sich dem Ende.

Zwei, drei Zutaten fehlen noch. Im Juni werden wir ein Test-Essen machen und uns anschließend auf die Suche nach den Zutaten fürs Weihnachts-Menü begeben. Ich habe diesen uramerikanischen Imbiss
für diese oberfränkische Fress-Kolumne ausgewählt, weil der Hot Dog, der Legende nach, bayerische Wurzeln hat. Auch wenn Franken nicht sehr gerne zu Bayern gehört, will ich diese bayerische Erfindung in dieser Kolumne würdigen und vielleicht ist es derzeit, wo es einen fränkischen Chef in München hat, auch für die Franken ganz in Ordnung, zu Bayern zu gehören.

Es gibt verschiedene Entstehungsgeschichten des Hot Dogs, man kann diese in Büchern und Blogs nachlesen. Aber diese eine Geschichte, die man immer wieder hört, gefällt mir am besten: 1904 verteilte ein bayerischer Schlachter in St. Louis weiße Handschuhe an die Kunden, damit diese seine begehrten heißen Würstchen halten konnten. (Vielleicht war der Schlachter sogar ein Franke? Oder was meint bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller? )

Weil seine Kunden die Handschuhe jedoch oft nicht zurückgaben, was zu hohen Kosten führte, schlug ihm sein Schwager, ein Bäcker, vor, die Würstchen einfach in Brötchen zu legen.

Foto: Walküre Porzellan

1896, acht Jahre bevor in St. Louis der Hot Dog erfunden wurde, eröffnete Siegmund Paul Meyer am Fuße des Bayreuther Festspielhügels eine Porzellanmalerei, die er rasch zu einer bedeutenden Porzellanfabrik ausbauen konnte. Vor allem wegen des damals gerade erfundenen feuerfesten Kochgeschirrs, welches er nach dem Feuerzauber in Richard Wagners „Walküre“ benannte. Und so heißt die Firma auch heute noch.

Der Urenkel von Siegmund Paul Meyer und heutige Firmenchef, Wolfgang Meyer, erzählt mir von einem anderen, einem alten Bayreuth, wo die Stadtgrenze etwa am Bahnhof verlief und Festspielhaus und Porzellanfabrik noch außerhalb lagen, umgeben von einigen Gärten.

Gemeinsam mit seinem Bruder Siegmund, der für Produktion und Technik zuständig ist, leitet Wolfgang Meyer, der sich um Vertrieb und Finanzen kümmert, eine Belegschaft von über 100 Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern.

Wolfgang Meyer , Foto: Christoph Scholz

Der große Brennofen läuft das ganze Jahr, nur einmal im Sommer wird dieser für Wartungsarbeiten kurz heruntergefahren. Die Porzellanfabrik Walküre ist einer dieser deutschen „Hidden Champions“, ein Unternehmen, das in der Öffentlichkeit nicht sehr bekannt, aber mit hochspezialisierten Produkten in aller Welt vertreten ist.

Die Fabrik beliefert vor allem große Hotels und Gastronomiebetriebe, die Produkte sind in Asien stark gefragt. Produziert wird ausschließlich am Standort Bayreuth, hier entstehen auch die meisten Designs.

Walküre Porzellan aus Bayreuth , Foto: Christoph Scholz

Das Unternehmen Walküre hat den Niedergang der europäischen
Porzellanindustrie gut überstanden. „Ristretto kannte niemand in Deutschland“, sagt Meyer, als sein Haus vor über 20 Jahren die Geschirrserie „Alta“ auf den Markt brachte und damit, als erster
Porzellanproduzent überhaupt, eine einheitliche Tassenserie für alle italienischen Kaffeespezialitäten vom Ristretto bis hin zum Latte Macchiato entwickelte. Die Serie sei noch heute ein Verkaufsschlager, so Meyer.

„Wir wollen Klassiker von morgen machen“, erzählt mir Meyer im großen Schauraum des Porzellanmuseums, das zum Werk gehört. Wenn man durch die Ausstellung wandert, nehmen einen die Kannen und Tassen, die Schalen und Becher, die Patengeschenke und Hochzeitsservice mit auf eine Zeitreise durch über hundert Jahre deutschen Zeitgeist.

Man versteht in der Ausstellung, dass die Walkürianer sich schon so lange am Markt halten, weil sie den Geschmack von Privatleuten ebenso
wie Gastronomie- und Designtrends früh erkennen und bedienen.

Eigentlich wollte ich im Werksverkauf der Walküre eine Porzellanschale ausfindig machen, auf der wir den Hot Dog servieren. Aber als ich Wolfgang Meyer frage, was es nur in der Walküre gibt, zeigt er mir die sogenannte Karlsbader Kanne, eine Filterkaffeekannen-Maschine mit Dauerfilter aus Porzellan.

Diese Kanne gehört schon immer zum Sortiment und mittlerweile besitzt auch nur noch die Porzellanfabrik Walküre das Know-how, diese Kanne herzustellen. Sie heißt deshalb auch Bayreuther Kanne, ist in hippen Kaffeebars von Tokio bis Paris daheim und in den Labors von
Kaffeetestern.

Ich beschließe, den Hot Dog nicht auf Porzellan zu präsentieren (er wird ja ohnehin in den leckeren Brötchen aus der Bäckerei Lang verpackt sein), sondern neben dem SuperAle aus Schönbrunn auch Kaffee zu servieren.

Und zwar aufs aufwändigste zelebriert, frisch aus der Bayreuther Kanne. Somit schmeiße ich auch meine Planung für die nächste Kolumne, am 22. Mai, um und werde stattdessen einen Kaffeeröster aus der Region besuchen.

Foto: Walküre Porzellan

Die Alte Malerei, wo Siegmund Paul Meyer den Grundstein legte, wird oft im Sommer, wenn Festspiele sind, zu einem Ort für Malerei, Ausstellungen und Performances.

Renommierte Künstler wie Mariano Goni, der in Berlin lebende argentinische Maler, oder der Wiener Tausendsassa Ernst
Friedrich, sind dann zu Gast. Der kreative Geist von Urgroßvater Siegmund Paul Meyer lebt also bis heute fort.

Ich werde mit der Alten Lady, unserem Mercedes-Oldtimer, bestimmt einmal vor der Alten Malerei vorfahren, wenn dort wieder ein Kunst-Event im Kalender steht …

Foto: Christoph Scholz

Als ich nach dem Interview nach Hause komme, koche ich eine ganz schnelle Curry-Sahnesauce mit Shrimps nach einem Rezept von Alfred Biolek. Eines seiner Bücher war mein allererstes Kochbuch, in dem ich noch heute gerne schmökere, denn: Gessn werd dahaam. Bei uns übrigens auf Geschirr aus der Walküre, vor Jahren gekauft und immer noch tadellos.


In Folge 6 dreht sich alles um den Kaffee aus der Bayreuther Kanne.

Christoph Scholz

Christoph Scholz

Christoph Scholz ist 45 Jahre alt und Familienvater. Sein Geld verdient er als Projektleiter bei Semmel Concerts. Privat beschäftigt er sich gerne mit den Themen Essen, Trinken, Kochen, Gastronomie und Hotellerie.

Sie erreichen Robert Babutzka unter www.edictum-mobilar.de und info@edictum-mobiliar.de. Foto: Florian MiedlSie erreichen Robert Babutzka unter www.edictum-mobilar.de und info@edictum-mobiliar.de. Foto: Florian Miedl
Eine vegane Brotzeit á la Bleed (Link zum Rezept gibt es unten im Text). Foto: Kristoffer Schwetje/BleedEine vegane Brotzeit á la Bleed (Link zum Rezept gibt es unten im Text). Foto: Kristoffer Schwetje/Bleed
Christoph Scholz zu Besuch im Unverpacktladen Hamsterbacke in Bayreuth. Foto: Christoph ScholzChristoph Scholz zu Besuch im Unverpacktladen Hamsterbacke in Bayreuth. Foto: Christoph Scholz
Verkaufsraum der Geseeser Landbäckerei. Foto: Geseeser LandbäckereiVerkaufsraum der Geseeser Landbäckerei. Foto: Geseeser Landbäckerei
Rapsody of Spices in Kulmbach wird von den Azubis der Firma Raps geführt. Hier im Bild: Natalie Hofmann (links) und Maria Limmer (rechts). Foto: Christoph ScholzRapsody of Spices in Kulmbach wird von den Azubis der Firma Raps geführt. Hier im Bild: Natalie Hofmann (links) und Maria Limmer (rechts). Foto: Christoph Scholz
Swagman im Industriegebiet. Foto: Christoph Scholz
Möbel
Foto: Christoph Scholz