Gessn werd dahaam

Mit Liefer- und Abholservices von Genussbetrieben aus der Region: Gessn werd dahaam

Christoph Scholz geht auch 2020 wieder auf Entdeckungstour durch Oberfranken. Doch in der Zeit von Corona und Ausgangsbeschränkungen heißt es: Gessn werd dahaam!

Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen. In Zeiten von Corona heißt das: Gessn werd dahaam – und zwar mit Lieferservice. Christoph Scholz stellt einige Lieferservices in der Region vor.

Corona bedeutet: Gessn werd dahaam!

Alte Leutchen sollen ja in diesen ausgangsbeschränkten Tagen besser dahaam bleiben. Unsere Alte Lady, unser agavengrüner Mercedes 250, wird heuer 40, was in Menschenjahren noch recht jung ist, in Autojahren aber schon alt. Also lasse ich unsere liebe alte Oldtimerin in der Garage stehen und fahre nicht nach Kulmbach in die Gewürzfabrik Raps, wo ich im Azubi-Laden „Rapsody of Spices“ die leckeren Marinaden für den Beginn der Grillsaison holen wollte. Hoffentlich kann ich im April diese Tour nachholen und Ihnen davon berichten.

Es sind ja nicht nur ausgangsbeschränkte Tage jetzt, sondern, meine ich, auch Tage, an denen wir alle uns vielleicht alle etwas zu beschränkt im Geist verhalten, wenn wir ohne ausreichende kritische Debatte einer für meinen Geschmack deutlich zu autoritär agierenden Politik und Virenwissenschaft folgen.

Wie gehen die Genussbetriebe der Region mit der Krise um?

Treue Leser von „Gessn werd dahaam“ erinnern sich vielleicht, dass wir im März letzten Jahres diese Kolumne aus der Idee heraus starteten, ein New Yorker Hot-Dog-Rezept mit Zutaten nur hier aus der Region nachzukochen. Der Mann hinter diesem Rezept ist der überaus erfolgreiche New Yorker Restaurantmogul Danny Meyer. Als ich vor wenigen Tagen in der New York Times las, dass Meyer 2000 Leute seiner New Yorker Betriebe entlassen muss, war ich schockiert. Wie steht’s um unsere „Genussbetriebe“ hier in der Region jetzt in der Krise, fragte ich mich?

In Coronazeiten: Essen zum Mitnehmen für Zuhause. Foto: Christoph Scholz.

Frische Brötchen dank kostenlosem Lieferservice

Ich rufe Thomas Zimmer an. Seine Frau, seine Tochter und er sind hier in Bayreuth Vordenker und Vormacher, was Handwerk, Genuss und regionale Lebensart betrifft, mit ihren Backspezialitäten aus der Bäckerei Lang (wo ich in der allerersten Folge zu Gast war, um die Hot-Dog-Brötchen zu holen), der kultigen Buschenschänke oder dem rollenden Café in einem französischen Oldtimerbus. „Wir bieten jetzt einen kostenlosen Lieferservice an“, sagt Zimmer. „Unser gesamtes Backsortiment kann bestellt werden, unsere Marmeladen, die Wurstgläser von der Metzgerei Max, Käse von Ene Mene Muh, die Säfte von Lehen.“ Und: „Die Kunden können bei uns mit PayPal bezahlen, was sehr gut angenommen wird. Wir liefern auch auf Rechnung, in Ausnahmefällen auch mit Barzahlung.“ Die Bäckerei hat weiterhin geöffnet. Ich spüre, wie stolz Zimmer auf sein Team ist.

Bestellung online oder telefonisch

Ich freue mich zu hören, dass Direktvermarktung weiterhin möglich ist. Bei „Schwarzbrennerehepaar“ Leichtenstern auf der Texas Longhorn Ranch in Altencreußen (in meinen Gedanken ist die Ranch ein magischer Ort fernab der Krise) ist weiterhin jeden Freitag offen, es kann online und telefonisch bestellt werden. Die guten Burgerpatties und der Whiskey, von dem wir alle jetzt hin und wieder einen guten Schluck brauchen.

Christian Schmauß, den ich im vergangenen Jahr besuchte, um Schinken für einen Toast Hawaii zu kaufen, verrät mir am Telefon, dass unser Bayreuther Wochenmarkt auch weiterhin geöffnet sein wird. Auch sein Laden in der Ludwig-Thoma-Straße hat, wie immer, freitags geöffnet.

Metzger und Bäcker sichern Versorgung

Bayreuths Metzgerkönig Helmut Parzen, bei dem ich Grillfleisch holen wollte (ist Grillen eigentlich auch verboten?), sagt: „Für uns Fleischer heißt ‚Corona‘, dass wir mit dafür sorgen, dass die Menschen auch in dieser Situation alles haben, was sie zum Leben brauchen. In unseren Betrieben arbeiten die Unternehmer und viele Mitarbeiter hart dafür, dass die Menschen jeden Tag gute Lebensmittel haben.“ Und: „Uns Unternehmer aus dem Fleischerhandwerk und aus dem Bäckerhandwerk ärgert es deswegen sehr, dass in Presse, Radio und Öffentlichkeit meist nur von den Supermärkten die Rede ist, wenn es um die Sicherung der Versorgung geht. Was viel zu wenig Beachtung findet ist, dass es gerade das Fleischer- und das Bäckerhandwerk sind, die für eine verbrauchernahe Versorgung stehen.“ Ob sich die Parzens gedacht hätten, dass ihr rund um die Uhr geöffneter „Fleischomat“ (direkt am Hauptgeschäft in der Bayreuther Königsallee) mal ein richtiger „Krisengewinnler“ werden würde?

Regionale Betriebe unterstützen

Der Dorfladen in Emtmannsberg betreibt auch so einen Warenautomaten und bietet im Gemeindegebiet einen kostenlosen Lieferservice ab 15 Euro Bestellwert an. Zur Zeit sitze auch ich im Homeoffice. Weil ich der Koch bei uns im Haus bin, aber arbeitsbedingt nicht jeden Tag kochen kann, holen wir jetzt zwei, drei Mal die Woche mittags was. Hier empfehle ich ganz besonders den Swagman mit seinen Wohlfühlkreationen aus Kartoffelbrei, langsam geschmortem Fleisch und allerlei Gemüsen. Essen für die Seele in merkwürdigen Zeiten. Das Swagman-Roadhouse im Gewerbegebiet hat für Abholer geöffnet. Während er mir vier Portionen „Pulled Pork“ über die Theke reicht, sagt Chef Peter Appel: „Unterstützt die kleinen Betriebe aus Eurer Stadt, damit diese auch nach der Krise noch da sein werden. Wir kleinen Unternehmen haben meistens weniger Ressourcen, um eine derartige Krise über einen längeren Zeitraum durchzustehen.“

Im Goldenen Löwen in Gesees gibt es Braten zum Mitnehmen. Foto: Christoph Scholz.

Landratsamt bietet Übersicht über Lieferservices

Im Landratsamt erreiche ich Jana-Lisa Kirsch, sie kümmert sich dort unter anderem um das Vermarktungsprojekt „Bayreuther Land“. Der Landkreis betreibt eine laufend aktualisierte Liste mit Lieferservices in unserer Region.

Frischer Sonntagsbraten to go

Mein Lieblingsrestaurant, der Goldene Löwe, ist im vergangenen Herbst nach Gesees umgezogen. Die Wirtsleut‘ Diana und Jörg Schöner haben dort die alte Dorfwirtschaft liebevoll saniert und ein Gastronomiekonzept geschaffen, wie es sich am Land durchsetzen könnte: Urgemütlich, nicht zu viele Plätze, eine wohlüberlegte und nicht zu große Karte mit vielen Abwechslungen. Wann immer wir dort sind, ist es proppenvoll.

Am kommenden Sonntag kocht Jörg Schöner einen „ofenfrischen Bierkrustenbraten vom Schwein mit einer Dunkelbiersoße und zwei Hausmacher-Klößen“ für neun Euro neunzig. Da wollen Sie, liebe Leser, doch bitte nicht dahaam kochen, oder? Per WhatsApp 09201-9173111, per E-Mail unter info@goldener-loewe.de oder am Telefon. „Wartezeit bei Vorbestellung fast keine, bei sofortiger Abholung circa 15 Minuten“, ruft mir Diana Schöner zu, als ich unseren Bierkrustenbraten für diesen Sonntag schon mal bestelle.

Gessn werd dahaam mit Gerichten von Genusshandwerkern im Bayreuther Land

Bleiben Sie derzeit lieber mal dahaam, nutzen Sie die Liefer- und Abholservices all unserer tollen Genusshandwerker hier im Bayreuther Land. Dahinter stehen Menschen, Familien, die die Unterstützung von uns, den Konsumenten, brauchen. Dahinter stehen auch Orte, mit denen wir Erinnerungen an Familienfeste und andere wichtige Anlässe verbinden. Für meine Familie und mich sind das zum Beispiel die Erinnerungen an die Erstkommunionen und Firmungen unserer Söhne, die wir immer im alten „Löwen“ feierten. Helfen wir diesen Orten durch die schwere Zeit. Bleiben Sie kritisch im Denken – und bleiben Sie vor allem gesund. Vielleicht sehen wir uns im Mai in der ersten Buschenschänke des Jahres? Zu hoffen wage ich es.

Christoph Scholz

Christoph Scholz

Christoph Scholz ist 45 Jahre alt und Familienvater. Sein Geld verdient er als Projektleiter bei Semmel Concerts. Privat beschäftigt er sich gerne mit den Themen Essen, Trinken, Kochen, Gastronomie und Hotellerie.

Sie erreichen Robert Babutzka unter www.edictum-mobilar.de und info@edictum-mobiliar.de. Foto: Florian MiedlSie erreichen Robert Babutzka unter www.edictum-mobilar.de und info@edictum-mobiliar.de. Foto: Florian Miedl
Eine vegane Brotzeit á la Bleed (Link zum Rezept gibt es unten im Text). Foto: Kristoffer Schwetje/BleedEine vegane Brotzeit á la Bleed (Link zum Rezept gibt es unten im Text). Foto: Kristoffer Schwetje/Bleed
Christoph Scholz zu Besuch im Unverpacktladen Hamsterbacke in Bayreuth. Foto: Christoph ScholzChristoph Scholz zu Besuch im Unverpacktladen Hamsterbacke in Bayreuth. Foto: Christoph Scholz
Verkaufsraum der Geseeser Landbäckerei. Foto: Geseeser LandbäckereiVerkaufsraum der Geseeser Landbäckerei. Foto: Geseeser Landbäckerei
Rapsody of Spices in Kulmbach wird von den Azubis der Firma Raps geführt. Hier im Bild: Natalie Hofmann (links) und Maria Limmer (rechts). Foto: Christoph ScholzRapsody of Spices in Kulmbach wird von den Azubis der Firma Raps geführt. Hier im Bild: Natalie Hofmann (links) und Maria Limmer (rechts). Foto: Christoph Scholz
Swagman im Industriegebiet. Foto: Christoph Scholz
Möbel
Foto: Christoph Scholz