Serien, Kolumen und Formate  aus Bayreuth und für Bayreuth

2.500 Einäscherungen im Jahr: Mittendrin in Bayreuths Krematorium

Das Krematorium ist ein Ort, an dem die wenigsten Bayreuther schon mal waren. Auch hingehen wollen dort wahrscheinlich die Wenigsten. Sich mit dem Tod auseinanderzusetzen ist vielen Menschen unangenehm. Das Bayreuther Tagblatt hat sich dennoch im Rahmen der Serie “bt öffnet Türen” dort umgesehen.

Eine interessante Arbeit

Wie kann jemand auf die Idee kommen, im Krematorium zu arbeiten? Die beiden Mitarbeiter des Krematoriums, Walter und Ron (Namen von der Redaktion geändert) klären das bt auf. “Ich habe vorher normal bei der Stadt gearbeitet. Irgendwann wurde ich gefragt, ob ich interessiert bin, mir das mal anzuschauen, weil ich in der Nähe des Friedhofs wohne”, sagt Ron. Dann hat er sich das ganze auch wirklich mal angesehen und fand es “eigentlich ganz interessant”. Das ist inzwischen 18 Jahre her. In dieser Zeit hat er im Wechsel entweder oben am Friedhof oder unten im Krematorium gearbeitet. “Seit fünf oder sechs Jahren bin ich fest hier unten”, also im Krematorium, sagt Ron.

Man darf sich keine Gedanken machen

Die Arbeit war für ihn nie seltsam. “Das einzige was mir von meinem ersten Arbeitstag in Erinnerung geblieben ist, ist die erste Leiche die der Bestatter gebracht hat”, sagt Ron. “Jetzt ist es eine ganz normale Arbeit. Man macht sich wenig Gedanken darüber, wie weshalb und warum der verstorben ist, sondern macht einfach seinen Job.” Sein Kollege Walter ergänzt: “Bei circa 2.500 Kremierungen im Jahr, würde man ja irre werden, wenn man sich bei jedem Gedanken macht.” Er arbeitet seit 30 Jahren am Friedhof und seit 20 Jahren im Krematorium. Auch er hatte vorher einen anderen Job bei der Stadt. Allerdings gibt es auch jetzt noch Momente, in denen die Männer kurz ins Grübeln kommen. Wenn Kinder betroffen sind. Aber lange können sie sich damit nicht aufhalten.

Wie läuft die Einäscherung ab?

Es gibt die Möglichkeit, den Sarg bei der Trauerfeier in der Aussegnungshalle direkt abzulassen.

An dieser Stelle kann der Sarg direkt ein Stockwerk tiefer gefahren werden. Foto: Katharina Adler.

Der Sarg kommt in diesem Aufzug ein Stockwerk tiefer wieder an. Gegenüber dieses Aufzugs ist der Kühlraum. Dort wird die Leiche aufbewahrt, bis sie letztendlich verbrannt wird.

In diesem Aufzug kommt der Sarg unten an. Foto: Katharina Adler.

Eine Kremierung darf allerdings nur dann durchgeführt werden, wenn alle erforderlichen Dokumente da sind, die Polizei einverstanden ist und 48 Stunden seit dem Tod vergangen sind. Denn nach dieser Zeit könnten Anzeichen sichtbar werden, die auf einen nicht natürlichen Tod hindeuten könnten, erklärt Walter.

Der Kühlraum ist gegenüber vom Aufzug. Foto: Katharina Adler.

Wenn alle bürokratischen Anforderungen erfüllt sind, können Ron und Walter zur Tat schreiten. Sie holen den nächsten Sarg aus dem Kühlraum und bringen ihn zu einem der beiden Öfen. Die Öfen werden elektrisch beheizt und müssen eine Mindesttemperatur von 800 Grad Celsius haben. Liegt die Temperatur darunter, darf auch nicht kremiert werden.

Einer der beide Öfen im Krematorium. Foto: Katharina Adler.

“Die Temperatur liegt so zwischen 800 und 1400 Grad”, sagt Walter. Ein normales Thermometer hängt natürlich nicht an der Außenseite der Öfen. Die beiden Mitarbeiter des Krematoriums kontrollieren die Temperatur mit einem Computer-Programm. Mit diesem können sie auch reagieren, wenn einer der Öfen zu heiß werden sollte.

Mit diesem Programm haben die Mitarbeiter den Ofen im Blick. Jeder Mitarbeiter kontrolliert einen Ofen. Foto: Katharina Adler.

Wie lange der Verbrennungsvorgang dauert, ist unterschiedlich. “Das kommt darauf an, wie viel derjenige wiegt”, sagt Ron. Als grobe Faustregel gilt: Pro Kilo eine Minute. Doch das trifft nicht immer zu. “Es kann auch sein, dass es länger dauert oder nicht richtig klappt. Woran genau das liegt, wissen wir nicht”, sagt Walter.

“Jeder Mensch nimmt andere Umwelteinflüsse auf, die dann in den Gelenken stecken”, ergänzt Ron. Auch Krankheiten würden mit reinspielen, die den Prozess verzögern könnten. Durch ein kleines Loch auf der Rückseite des Ofens, können Walter und Ron nachsehen, wie weit die Leiche ist. Wenn der Vorgang abgeschlossen ist, geht ihre Arbeit noch ein Stockwerk tiefer weiter.

So schaut es unterhalb eines Ofens aus. Foto: Katharina Adler.

Mit einem langen Schaber schieben Ron und Walter die Asche bis kurz vor die Tür. Dort muss sie abkühlen, bis sie ganz kalt ist. Dann wird sie in einen Behälter gekehrt und mit einem starken Magneten auf Metallteile untersucht. Die werden entfernt. Die beiden Männer müssen auch oft Prothesen wie Hüft- oder Kniegelenke aus den Überresten ziehen. Nach diesem Arbeitsschritt kommen die Überreste in eine Mühle. Denn bei der Kremierung verbrennen nicht alle Knochen. Die, die übrig geblieben sind, müssen irgendwie klein gemacht werden und dazu braucht es die Mühle. Die fein gemahlene Asche fällt dann direkt in die Urne.

Irrtümer und Unterstellungen

“Wir lassen nicht einfach zwischendurch eine Leiche verschwinden”, sagt Ron. Denn das wäre ihnen schon unterstellt worden. Aber da alles vom Computer überwacht wird, kann auch genau verfolgt werden, wie viele Kremierungen durchgeführt wurden. “Uns wurde auch schon unterstellt, wir würden alle Särge nacheinander verbrennen und dann aus einem großen Haufen die Asche willkürlich in die Urnen verteilen”, sagt Walter. “Das ist natürlich Quatsch.” Es wird ein Sarg nach dem anderen verbrannt.

Auf den Särgen liegt ein Stein mit einer Nummer. Der Stein verbrennt nicht mit, sodass am Ende die Asche durch die Nummer immer einem Namen zugeordnet werden kann. Die Nummerierung der Steine ist fortlaufend. Das heißt, seitdem es das Bayreuther Krematorium gibt, wurden 79.208 Leichen verbrannt. Und ganz wichtig: “Ohne Sarg wird hier keiner verbrannt”, sagt Ron. Das sei nämlich noch so ein Gerücht.

So ein Stein kommt auf den Sarg mit in den Ofen. Foto: Katharina Adler.

Die Mitarbeiter des Krematoriums haben bt-Redakteurin Katharina Adler gebeten, ihre Namen nicht zu veröffentlichen. Deswegen hat die Redaktion die Namen geändert. 

Traumberuf Bestatter: “Wir sind doch ganz normale Leute”

Die Thematik Tod ist für viele Menschen ein schwieriges Thema. Nicht so für Maximilian Christ. Mit 19 Jahren ist er Bayerns bester Bestatter. Doch wie kommt man eigentlich zu diesem außergewöhnlichen Beruf? Im bt-Interview spricht Christ über die Besonderheiten seiner Arbeit.

Am Freitag (31.1.2020) wurde Bestattungsfachkraft Maximilian Christ von der Handwerkskammer als Landessieger des Leistungswettbewerbs des Deutschen Handwerks auf Kammerebene ausgezeichnet.

“Berührungsängste hatte ich nie”

Berührungsängste mit dem Job Bestatter hatte Maximilian Christ nie. Da seine Großeltern und Eltern bereits in der Branche arbeiteten, hatte der heute 19-Jährige keine Berührungsängste. Bestatter ist für ihn ein Beruf wie jeder andere auch. Wirklich greifbar war die Arbeit anfangs dennoch nicht.

Mit 15 Jahren machte er dann seine ersten Schritte als Bestatter. Bei einem Praktikum kam er zum ersten Mal in Kontakt mit Verstorbenen. Kurz darauf begann er mit der Ausbildung. Im November schloss er dann als “bester Bestatter Bayerns” ab.

Es ist komisch zu sagen “Mir macht das Spaß”. Aber es ist so. Ich bereue die Entscheidung Bestatter zu werden nicht.

(Maximilian Christ)

Einzigartige und abwechslungsreiche Arbeit

Neben der einzigartigen Arbeit mit den Verstorbenen mache vor allem die Abwechslung seinen Job so besonders. Während der Ausbildung zum Bestatter durchlaufe man sämtliche Stationen – angefangen von der Arbeit im Büro und den Trauergesprächen bis hin zum Außendienst, der Arbeit am Friedhof und der Versorgung der Verstorbenen.

Danach habe jeder im Betrieb sein Aufgaben. Die Versorgung der Verstorbenen wurde zum Spezialgebiet von Maximilian Christ. In diesem Bereich fühlt sich der 19-Jährige am wohlsten.

Es ist eine Arbeit bei der man sich sehr konzentrieren muss. Es gibt nur eine Möglichkeit und da darfst du nichts falsch machen. Gleichzeitig vermittelt es aber auch Ruhe.

(Maximilian Christ)

“Ich schätze auch die Arbeit mit den Angehörigen”

Neben der Versorgung der Verstorbenen sei aber auch die Arbeit mit den Angehörigen etwas ganz besonderes. Das Entgegenkommen der Leute, wenn sie den Bestattern ihre Angehörigen anvertrauen, sei ein schönes Gefühl.

Von der Beratung der Angehörigen bis hin zur Versorgung der Verstorbenen – die Aufgabe eines Bestatters ist vielseitig. Foto: Susanne Monz

Wenn man nach all dem Aufwand ein “Dankeschön” hört und die Erleichterung in den Augen der Angehörigen, dann ist das ein toller Moment.

(Maximilian Christ)

Neben viel Interesse an seiner Arbeit, stoße der 19-Jährige aber auch in manchen Fällen auf Abneigung. “Manche Menschen möchten nicht, dass wir Ihnen “Auf Wiedersehen” sagen. Das ist schon komisch. Wir sind doch ganz normale Leute”, so Maximilian Christ.

“Man fühlt immer mit den Menschen mit”

Trotz der Routine sei die Arbeit aber trotzdem oft emotional. Da komme es schon auch einmal vor, dass man neben den Angehörigen am Friedhof stehe und die Tränen nicht mehr zurückhalten könne. Umso wichtiger sei es, danach mit den Kollegen über die Schicksale zu sprechen und sich gegenseitig Halt zu geben. Für die Arbeit brauche man einfach innere Stärke, müsse aber auch zwischen der Arbeit und dem Privatleben differenzieren, so Maximilian Christ.

Man fühlt immer mit den Menschen mit. Aber man muss auch realistisch sein: Der Tod gehört zum Leben dazu. Das ist ganz normal. Wenn er kommt, dann kommt er.

(Maximilian Christ)

Vor kurzem hat bt-Redakteurin Susanne Monz sich auch den Beruf des Piloten eines Rettungshubschraubers genauer angesehen.

Bayreuther Ortsteil Oberkonnersreuth: Als Dorf gegründet und an Bamberg verschenkt

In Teil elf der Bayreuther Stadtteil-Serie verrät Stephan Müller dass Oberkonnersreuth einst ein Geschenk an Bamberg war und schildert die Hintergründe.

Trainerin in Bayreuths Frauen-Fitness-Studio: “Hier gaffen keine Männer”

Fitness-Studios gibt es wie Sand am Meer. Doch Elke Engelhardt und ihr Team setzen mit dem Mrs. Sporty in Bayreuth auf ein ganz besonderes Konzept. Im Gespräch mit bt-Redakteurin Susanne Monz verrät die Fitness-Trainerin die Vorteile von einem reinen Frauen-Fitness-Studio und erklärt, was ihre Betreuung so besonders macht. Um auch im Büro fit zu bleiben, zeigt das Video über dem Text drei kleine Übungen für Zwischendurch. 

Persönliche Betreuung bei Mrs. Sporty Bayreuth

“Der Grund warum viele Frauen zu uns kommen? Hier gaffen keine Männer”, verrät Elke Engelhardt mit einem Augenzwinkern. Seit gut sieben Jahren leitet die Bayreutherin das Fitness-Studio in der Dammallee. Dabei liegt der 54-Jährigen vor allem die persönliche Betreuung am Herzen.

“In vielen Fitness-Studios ist man auf sich alleine gestellt. Aber wir versuchen zusammen mit den Frauen die Ursachen der Schmerzen herauszufinden, die passenden Übungen zu erarbeiten und achten dann auch auf die richtige Umzusetzung”, beschreibt Engelhardt. Dabei setzt die 54-Jährige auf Hydraulik-Geräte und vermeidet Gewichte. “Das eigene Körpergewicht reicht zum Trainieren oft schon aus.”

Elke Engelhardt und Nadine Seidler vom Mrs. Sporty Bayreuth. Foto: Susanne Monz

Auch außerhalb des Studios voll dabei

Engelhardt sieht sich selbst nicht nur als Trainerin. “Eigentlich sind wir Psychologe, Arzt, Seelenverwandte und Familie in einem. Wir sind keine Zauberer, aber wir können die Frauen immer wieder motivieren am Ball zu bleiben.”

Neben der sportlichen Betreuung kommt es bei Trainerin Elke Engelhardt auch schon einmal vor, dass sie ihren Mitgliedern auch außerhalb des Fitness-Studios unter die Arme greift. “Die Frauen wachsen einem einfach ans Herz. Wir wollen das Beste für jeden. Jeder Mensch ist unterschiedlich und oft liegt die Ursache tiefer. Dann begleite ich meine Frauen auch mal zum Arzt und unterstütze sie dort.”

Sport mit Sport ausgleichen

Und was macht ein Fitness-Trainer in seiner Freizeit? Natürlich auch Sport! “Mit 15 habe ich als Aerobic-Trainerin angefangen, habe dann Jazz-Dance gemacht und war Fußballerin”, erzählt Elke Engelhardt. Mit dem Traum des eigenen Fitness-Studios musste die 54-Jährige allerdings den privaten Sport hinten anstellen. “Ich kann aber nicht ruhig bleiben. Ich brauche den Ausgleich zu meiner Arbeit. Wenn ich zum Beispiel im Winter Skifahren gehe, dann spüre ich, wie die Glückshormone in meinem Körper ausgeschüttet werden”.


Seit einigen Wochen blickt bt-Redakteurin Susanne Monz Menschen aus Bayreuth und Umgebung bei ihrer Arbeit über die Schulter.

Trikotfabrik Glashütten: Hier wurden die Trikots der Weltmeister gemacht

Weltmeister und große Vereine wie der FC Bayern München sind lange Zeit in den Baumwolltrikots der Firma Palme aufgelaufen. Trotz des Wandels hin zu Synthetik-Trikots und Produktion im Ausland, kann sich die kleine Firma in Glashütten immer noch halten. Der Grund dafür: Nostalgie!

Produkte und Produktion mit Nostalgie-Charme

Christian Kurrent, der Geschäftsführer der Trikotfabrik, wie das Geschäft heute heißt, hat den Betrieb bereits in den 80ern von seinem Großvater geerbt. Der Aufbau des Betriebs begann allerdings schon 1948. Damals produzierte die Firma im Landkreis Bayreuth unter anderem die Trikots für die Weltmeister 1954. Auch die Pokalsieger und Meister vom FC Bayern München bekamen ihre Trikots von hier.

Vom einzelnen Faden bis zum fertigen Trikot wird bei uns hier im Haus alles produziert. Unsere Trikots bestehen noch aus reiner Baumwolle, so wie es früher eben üblich war.

(Christian Kurrent, Geschäftsführer Trikotfabrik)

Nicht nur die Trikots haben den Charme vergangener Zeiten. Auch die Produktionsstätte arbeitet noch mit den Original Strickmaschinen aus den 50er Jahren. Vor Ort werden die Stoffe auch aufgebügelt und auf die jeweiligen Schnitte angepasst. Danach werden sie mit Etiketten, Wappen oder Kragen zusammengenäht.

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Zu den Hochzeiten des Betriebs in den den 60er und 80er Jahren, arbeiteten rund 100 Näherinnen im ehemaligen Palme-Betrieb. Heute beschäftigt Kurrent nur noch zwei Mitarbeiter.

“Die Nachfrage steigt”

Der Betrieb produziert heute vor allem für Vereine, Stiftungen, aber auch einzelne Sammler.

Zuletzt haben wir für die Kurt-Landauer-Stiftung 600 Bayern-Trikots hergestellt. Aber auch das Museum von Borussia Mönchengladbach hat nach dem Original-Trikot gefragt.

(Christian Kurrent, Geschäftsführer Trikotfabrik)

Die Nachfrage nach Nostalgie-Hemden wachse stetig an. Und genau dieses Konzept macht den Betrieb so einzigartig. Die Trikotfabrik sei die einzige Fabrik in Deutschland, die diese Nostalgie-Hemden nach den Originalmustern herstelle, so Christian Kurrent.

Wir produzieren noch Hemden aus 100 Prozent Baumwolle. Vielen Menschen ist es wichtig, dass alles in Deutschland produziert wird. Für diese Menschen arbeiten wir. Es macht Freude zu sehen, wie Sammler und Vereine unsere Arbeit würdigen.

(Christian Kurrent, Geschäftsführer Trikotfabrik)

Warum Moritzhöfen in der Bayreuther Stadtgeschichte eine ganz besondere Bedeutung hat

In Teil zehn der Bayreuther Stadtteil-Serie verrät Stephan Müller warum Moritzhöfen eine besondere Bedeutung für die Bayreuther Stadtgeschichte hat.

IFAB-Chef Lukas Brud: Ein Bayreuther in der großen Welt des Fußballs

War der Ball hinter der Linie oder nicht? Hat der Schiedsrichter eine wichtige Szene nicht gesehen oder falsch bewertet? Diese Fragen können dank Videobeweis inzwischen genau beantwortet werden. Zuständig für den Videobeweis und alle Regeln des Fußballs ist das International Football Association Board, kurz IFAB. Leiter dieser höchsten Regelbehörde im Fußball ist ein Bayreuther.

Das Bayreuther Tagblatt stellt den 39-Jährigen im Porträt vor. In Teil 1 geht es um seinen Aufstieg in der Fußballwelt.  

Für einen Tag Fußballer

Mit zehn Jahren stand Lukas Brud das erste Mal auf einem Fußballfeld und nahm an einem Training teil. Nass, kalt und windig war es. Daher beschloss der Bayreuther auch noch am gleichen Tag, dass Fußball nichts für ihn sei und hängte die Fußballschuhe an den Nagel. Stattdessen widmete er sich einer anderen Sportart: dem Basketball. Fußball verfolgte Brud aber trotzdem.

Meine Freunde waren alle in einem Fußballverein. Da habe ich schon mal zugeschaut. Ich selbst habe aber nie im Verein gespielt.

(Lukas Brud)

Der Bayreuther ist allerdings bis heute bekennender Bayern-Fan. Doch dass er einmal Chef der höchsten Behörde im Fußball sein würde, war damals undenkbar.

Durch Zufall zur FIFA

Der heute 39-Jährige studierte Bauingenieurwesen in Leipzig. Durch einen Freund wurde er darauf aufmerksam gemacht, dass für den Confed-Cup 2005 in Leipzig noch freiwillige Helfer gesucht wurden. Brud bewarb sich und wurde genommen. So rutschte er – mehr durch Zufall – in das Profigeschäft des Fußballs und arbeitete eng mit der FIFA zusammen.

Drei Dinge sind in meinem Job wichtig: Gesunder Menschenverstand, engagiertes Arbeiten und etwas Fingerspitzengefühl.

(Lukas Brud)

Die fragten ihn auch ein Jahr später für die Heim-WM 2006 an. Lukas Brud nahm die Chance wahr, betreute fünf Mannschaften während des Turniers und erarbeitete sich so innerhalb der FIFA einen Namen.

Lukas Brud, Chef der höchsten Behörde im Fußball. Foto: Susanne Monz

Aufstieg zum IFAB-Boss

Seit knapp 134 Jahren gibt es das IFAB. Gegründet wurde es von den vier britischen Ur-Fußballverbänden 1886. Die FIFA kam als fünftes Mitglied knapp 30 Jahre später dazu. Früher tagte das Gremium allerdings nur einmal im Jahr. Nach der Einführung der Torlinien-Technologie strukturierte sich das IFAB allerdings um und wurde zu einer unabhängigen, nicht-kommerziellen Behörde. Seit 2014 steht Lukas Brud der IFAB vor und kümmert sich seither um die Regeln im Fußball. Für die Durchsetzung und Einhaltung ist dann allerdings die FIFA zuständig. 17 Spielregeln gibt es. Diese haben dann allerdings weitere Unterkategorien. Möchte man das gesamte Regelwerk einmal lesen, so muss man sich durch 150 Seiten kämpfen.

Wir sind die Spielregelhüter. Die FIFA stellt sicher, dass unser Regelwerk dann weltweit angewandt wird.

(Lukas Brud)

Von Zürich in die ganze Welt

Sitz der IFAB ist in Zürich. Dort lebt Brud auch seit über zehn Jahren. Doch eigentlich ist der 39-Jährige in der ganzen Welt zuhause. Umso schöner ist es für den Bayreuther in seine alte Heimat zurückzukehren. Wenn man einmal alle Länder und Leute gesehen habe, so wisse man, dass im Grunde doch alle gleich interessant sind. Dann freue man sich auch wieder auf Zuhause, so Brud.

Ich habe einmal ein Jahr lang in Manchester gelebt. Allerdings kam ich nie dazu meine Umzugskartons auszupacken, weil ich ständig unterwegs war.

(Lukas Brud)


Welche Regeländerungen Lukas Brud mit seinem Team veranlasst hat und welche Projekte des IFAB noch geplant sind, verrät der Bayreuth in Teil 2. 

Ein Bayreuther mit Geschlechtskrankheiten als Hobby

Max Tetzner (29) ist Fitnesstrainer und hat ein eher ungewöhnliches Hobby. Er befasst sich ehrenamtlich mit Geschlechtskrankheiten, denn er ist auch bei der Aids-Beratungsstelle in Bayreuth tätig. Wie er dazu kam und wie die Arbeit dort aussieht, verrät er hier.

Ein ungewöhnliches Hobby

Der 29-Jährige ist in Bayreuth aufgewachsen und ist dann für einige Zeit nach Hamburg gezogen. Als es ihn wieder zurück in die Heimat zog, suchte er Anschluss. Während andere zur Feuerwehr, in der Fußballverein oder zum THW gehen, hat er sich ein ungewöhnliches Ehrenamt ausgesucht. Aber warum auch nicht? Er wolle einfach nur helfen und kenne aus Hamburg auch viele HIV-Positive, erklärt Tetzner. Deswegen wusste er, dass dies eine gute Möglichkeit sei, um Anschluss zu finden.

Tetzner hatte von Anfang an keine Berührungsängste. Bei anderen Mitarbeitern in der Aids-Beratungsstelle hätten sich diese auch schnell in Luft aufgelöst, sobald diese sich mit dem Thema etwas mehr beschäftigt hatten, erzählt er. “Wir haben jetzt nicht unbedingt das Bedürfnis uns die Geschlechtskrankheiten auch wirklich anzuschauen”, sagt er und lacht. Aber das gehöre eben dazu. Bei einem Blutschnelltest müsse man sich dann eben Handschuhe anziehen und dann könne auch nichts passieren.

HIV-Therapie stoppt die Übertragung

2018 haben 97 HIV positive Personen die Aids-Beratungsstelle in Bayreuth aufgesucht. Dadurch, dass alles anonym ist, kann niemand sagen, woher die Menschen kommen und ob auch “nur” 97 Menschen in und um Bayreuth diese Krankheit haben. “In ganz Deutschland sind etwa 88.000 Menschen HIV positiv”, sagt Tetzner. Das sei jeder tausendste Deutsche.

“Wer heute in erfolgreicher HIV-Therapie ist, kann das Virus nicht mehr weitergeben. Also weder durch Küssen, ungeschützten Geschlechtsverkehr oder alle anderen möglichen Übertragungswege”, sagt der 29-Jährige. Denn das Virus werde durch die Therapie im Körper so verdünnt, dass es nicht mehr übertragen werden könne. Allerdings sei es nach wie vor nicht heilbar.

Beratungsstelle in Bayreuth

“Allgemein lässt sich sagen, dass wir uns um den größten Teil der sexuell übertragbaren Krankheiten kümmern”, sagt Max Tetzner. In der Beratungsstelle werden auch sämtliche Schnelltests für Geschlechtskrankheiten angeboten. In Bayreuth arbeiten zwei Menschen hauptamtlich in der Beratungsstelle und acht ehrenamtlich. “Die ehrenamtliche Arbeit hat sich verändert. Es ist jetzt nicht mehr so, dass man sich einmal im Monat fest trifft”, sagt Tetzner.

Es seien eher private Unterstützer, die die Beratungsstelle mit ihrem ehrenamtlichen Engagement unterstützen. Also nicht unbedingt vor Ort sitzen und warten, dass jemand kommt der beraten werden will. Es gehe zum Beispiel um öffentliche Auftritte bei Veranstaltungen wie den Welt-Aids-Tag oder um das Verteilen von Kondomen auf Partys. “Oder man begleitet und unterstützt Klienten die sich frisch infiziert haben auf ihren Wegen zum Facharzt”, erklärt Tetzner. So würde die ehrenamtliche Arbeit heute aussehen.

Was der Grüne Hügel in Bayreuth mit Zürich zu tun hat

Wie kommt der Grüne Hügel in Bayreuth zu seinen Namen? Und was hat Zürich damit zu tun? bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller geht der Sache auf den Grund.

Es fuhr von Kulmbach nach Bayreuth: Das erste Elektroauto Deutschlands

Von Bayreuth nach Kulmbach. Das ist die Strecke, die Deutschlands erstes Elektroauto zurückgelegt hatte. bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller hat sich auf die Suche nach Konstrukteur und Auto begeben.

Bayreuth: Erstes E-Auto in den 70ern

Die erste Eisenbahn fuhr am 7. Dezember 1835 von Nürnberg nach Fürth. Im August 1888 bewies Bertha Benz mit dem “Benz Motorwagen 3” auf ihrer Fahrt von Mannheim nach Pforzheim die Tauglichkeit des Automobils und in den 70er Jahren fuhr das erste verkehrstaugliche Elektrofahrzeug mit TÜV-Abnahme. Wo? Auf der Strecke von Kulmbach nach Bayreuth.

Am 28. Mai 2008 brach der damals 75-jährige geniale Erfinder Erich Pöhlmann mit seiner selbst gebauten Segelyacht “Motu” von Neuseeland in nördlicher Richtung auf, um allein zur über 1.000 Kilometer entfernten Pazifikinsel Neukaledonien zu segeln. Was sich auf dem offenen Meer ereignet hat, wird man wohl nie mehr klären können. Jedenfalls entdeckte ein Fischer drei Wochen später, am 19. Juni, nur 200 Kilometer nördlich von Neuseeland Pöhlmanns verlassene Yacht. Der Rettungsgurt, mit dem sich Pöhlmann während der Fahrt gesichert hat, hing außen über die Bordwand, an der Schleifspuren zu erkennen waren. Rutschte er von Bord und schaffte es nicht mehr, sich zurück in das Boot zu ziehen? Pöhlmann blieb verschollen. Die Amtsgerichte in Neuseeland und Deutschland erklärten ihn im April 2012 für tot.

Das schnellste Elektroauto

Als Erfinder ist Erich Pöhlmann unvergessen: Im Jahr 1983, also vor fast 40 Jahren, entwickelte der Ingenieur in Kulmbach in Zusammenarbeit mit dem Essener Stromkonzern RWE das Elektroauto “Pöhlmann EL”. Der stromlinienförmige Prototyp mit einem zweimotorigen Direktantrieb auf der Hinterachsen und der Kunststoffkarosserie war mit über 120 Stundenkilometern das schnellste Elektroauto der Welt. Problemlos siegte der damals berühmte deutsche Rennfahrer Hans Herrmann 1986 im “Pöhlmann EL” beim ersten Grand Prix der “Formel E” in der Schweiz.

Stromlinienförmig: Der Rennfahrer Hans Herrmann siegte mit dem Pöhlmann EL beim ersten “Formel-E-Rennen” in der Schweiz. Repro: Stephan Müller.

Auf der Rennstrecke in Veltheim zwischen Zürich und Basel siegte er überlegen vor der Konkurrenz. Herrmann, der die Erfahrung von vielen Formel-1-Rennen im Mercedes-Rennstall mitbrachte, in einem Porsche die 24 Stunden von Le Mans fuhr und auch bei vielen Rallyes am Steuer saß, testete den “Pöhlmann EL” auf dem Porsche-Testgelände. Er war sich schon vor dem Rennen sicher: “Mit dem Auto gewinne ich!”

Der “Pöhlmann EL” zeichnete sich auch als Rennwagen aus. Foto: Stadt Recklinghausen.

Pöhlmann gründete bereits 1981 in Kulmbach die Firma “Pöhlmann Anwendungstechnik GmbH & Co KG” zur Entwicklung von Elektroautos. In dem Unternehmen wurden von den sechs Mitarbeitern insgesamt 18 Exemplare des “Pöhlmann EL” hergestellt. Nach dem Bau von vier Fahrzeugen unter der Bezeichnung “Pöhlmann EL I” im Februar 1982 wurde dieses kleinere Modell recht schnell vom “Pöhlmann II” abgelöst.

Der Pöhlmann EL. Repro: Stephan Müller.

Dabei wirkte auch der Kraftfahrzeugmechaniker-Meister Siegfried Müller, ein Freund und früherer Arbeitskollege von Erich Pöhlmann, als technischer Berater mit. Das Elektroauto kostete damals mit der Blei-Säure-Batterie in der Entwicklung gut 78.000 Mark. Ohne Nachladen zu müssen, fuhr Pöhlmann mit dem “EL” die 200 Kilometer von Kulmbach nach Nürnberg locker hin und zurück. Allein deshalb gab damals so gut wie keine Motorsportzeitung, die nicht seitenlange Berichte über den Pöhlmann EL veröffentlichte.

Einer der Pioniere in der Entwicklung von Elektroautos ist der Kraftfahrzeugmechaniker-Meister Siegfried Müller. Zusammen mit Erich Pöhlmann baute der Bayreuther in den 70er Jahren einen Elektromotor in eine Isetta ein und schuf das erste TÜV-geprüfte verkehrstaugliche Elektrofahrzeug in Deutschland. Foto: Stephan Müller.

Das Auto war 3,77 Meter lang, hatte ein Leergewicht von 1.380 Kilogramm und erreichte mit einer Maximalleistung von 24 Kilowatt eine Geschwindigkeit von 125 Stundenkilometern. Pöhlmann sprach damals schon von “seinem wartungsfreien Umweltauto”, weil weder Öl noch Auspuff gewechselt werden müssen. Der Kulmbacher betonte damals, dass “das Auto vergleichsweise wenig Strom benötigt und wegen der Edelstahlrahmen und der Kunststoffkarosserie mindestens doppelt so lange wie ein herkömmliches Fahrzeug hält.”

Erich Pöhlmann nannte sein Elektrofahrzeug schon Anfang der 90er Jahre sein “Umweltauto”. Im Prospekt hieß es schon damals: “Ein Auto das aufatmen lässt”. Repro: Stephan Müller

Darüber hinaus rüstete die “Pöhlmann KG” zwei Omnibusse auf Elektroantrieb um, entwickelte das “King-Car”, ein Elektrodreirad für den Personen- und Lastentransport, ein Elektrofahrrad und ein Elektro-Kettcar für Kinder. Im Hinblick darauf, dass er bei einer Großserie den Preis auf rund 20.000 Mark drücken wollte, sagte der Erfinder damals: “Unterm Strich geht die Rechnung mit den Elektromotoren in all diesen Bereichen in einigen Jahren sicher auf.” Wie wir wissen, lag Erich Pöhlmann mit dieser Prophezeiung gründlich daneben.

Im Fichtelberger Automobilmuseum

Sicher, Pöhlmanns Entwicklungen, vor allem der “EL”, hatten allesamt durchaus “Marktreife”. Aber: Der über viele Jahre niedrige Benzinpreis, die rückständige Batterietechnik und eine gewisse “Lustlosigkeit” der Automobilhersteller stellten die weitere Entwicklung aufs Abstellgleis. Siegfried Müller bedauert das sehr:

Hätten Erich Pöhlmann damals mehr Unterstützung gehabt, wäre Deutschland in Sachen E-Mobilität heute wahrscheinlich Marktführer.

(Siegfried Müller)

So landeten die Exemplare des “Pöhlmann EL”, den die Kulmbacher nur “das Ei” nannten, in den Museen. Eine quietschgelbe Variante des Autos aus dem Jahr 1984, die Ralf M. Ospel aus Untermerzbach gehörte, kann heute neben 250 weiteren Autos und gut 350 Motorrädern im Deutschen Automobilmuseum in Fichtelberg bewundert werden.

Eine quietschgelbe Variante des “Pöhlmann EL” kann heute im (übrigens riesigen) Deutschen Automobilmuseum in Fichtelberg bewundert werden. Foto: Stephan Müller

Weitere Exemplare stehen im Deutschen Museum München oder sogar im Museum der Firma Mitsubishi in Japan. Im Museum “Strom und Leben” in Recklinghausen ist man stolz darauf, dass man seit 2016 mit dem “Pöhlmann EL I” und dem “Pöhlmann EL II” beide Modelle in der Sammlung hat. Lob gab es auch von Bundeskanzleramt und der Bayerischen Staatskanzlei, die in einem Brief an Siegfried Müller “gebührenden Respekt vor der Ingenieursleistung” zollte.

Dass das Deutsche Museum ein Exemplar in seine Sammlung aufgenommen hat, weist ihr Fahrzeug als Meilenstein in der technologischen Entwicklung der Elektromobilität aus, worauf Sie stolz sein können.

(Die Bayerischen Staatskanzlei in einem Brief an Siegfried Müller)

Nur winzige Schritte weitergekommen

Bis heute haben nur wenige Elektroautos eine Reichweite über 400 Kilometer. Genau genommen waren es also nur winzige Schritte, die die Ingenieure und Hersteller moderner Elektroautos in den vergangenen Jahrzehnten weitergekommen sind.

Erstes verkehrstaugliches E-Mobil: Eine Isetta

Wenn man so will, entwickelten Pöhlmann und Müller schon in den 70er Jahren das erste Elektroauto in Deutschland. Die beiden Tüftler bauten in eine BMW-Isetta einen 10-PS-Elektromotor mit schweren Bleibatterien ein. “Das Ding ist tatsächlich spitze gefahren” erinnert sich Müller und lacht noch heute, wenn er sich daran erinnert, wie er 1974 die Isetta dem TÜV-Mitarbeiter in Kulmbach zur Abnahme vorstellte.

Der Erfinder Erich Pöhlmann mit seiner roten BMW-Isetta. Der TÜV hat das Fahrzeug als erste Elektroauto in Deutschland problemlos für die Nutzung im Straßenverkehr abgenommen. Foto: Archiv Siegfried Müller.

Der TÜV hat die rote Isetta, deren Rahmen allerdings deutlich verstärkt werden musste, problemlos für die Nutzung im Straßenverkehr abgenommen. “Kulmbach – Bayreuth hin und zurück war ohne Nachzuladen überhaupt kein Problem”, erinnert sich Müller.

Bei einer Spitzengeschwindigkeit von 50 Stundenkilometer kamen wir mit den drei eingebauten, aber recht schweren Bleibatterien 60 Kilometer weit.

(Siegfried Müller)

Damit hat das Duo Mitte der 70er Jahre das erste verkehrstaugliche Elektrofahrzeug in Deutschland gebaut.


Text: Stephan Müller

Stephan Müller (53) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.

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