Serien, Kolumen und Formate  aus Bayreuth und für Bayreuth

Die bt-Leser haben abgestimmt: Die beste Pasta der Stadt

Immer wieder experimentieren, statt sich an Rezepte zu halten – so lautet die Devise von Restaurantinhaber Alfredo Aquenza – mit Erfolg. Bei einer Umfrage Mitte November via facebook, wählten die Leser des Bayreuther Tagblatts das Gott’s in der Dammallee zum Gewinner: Dort soll es die beste Pasta der Stadt geben! Auf was das Gott’s beim Pasta kochen Wert legt? Mehr dazu im Video:

Alfredo Aquenza war außerdem der erste richtige Pizzabäcker in Bayreuth. Damals gehörte ihm der Luculluskeller in der Maxstraße.

Die getrüffelten Parpadelle kommen bei den Gästen besonders gut an. Foto: Carolin Richter

Nie nach Rezept

“Wir kreieren immer eigene Ideen für Rezepte und möchten das anbieten, was man sich zuhause nicht selbst kocht”, sagt Gott’s-Inhaberin Patrizia Aquenza aus Bayreuth. Ihr Vater Alfredo experimentiere immer wieder mit neuen Soßen. “Ich koche nie einfach ein Rezept nach, sondern mache es so, wie ich es für richtig halte”, erklärt Alfredo Aquenza. Die Pasta koche normalerweise zwischen sieben und elf Minuten – allerdings hängt das auch von der Sorte ab. Wichtig sei es der Familie auch, dass alle Gerichte frisch zubereitet werden, fügt seine Tochter Patrizia hinzu.

Leute, die vor 30 Jahren in Bayreuth studiert haben, kommen immer noch zu uns, um ihre liebsten Pasta-Gerichte von damals zu essen. Deswegen haben wir die Klassiker weiterhin auf der Karte.

(Patrizia Aquenza, Restaurant Gott’s)

Das sind die Pasta-Klassiker im Gott’s

Zu den beliebten Klassikern gehören zum einen Penne Alfredo mit einer Soße aus Sahne, Speck und getrockneten Steinpilzen sowie Spaghetti Lucullus, benannt nach einem vorigen Restaurant der Familie: Die Soße wird dabei aus Tomaten, Sahne, Muscheln, Krabben und Pilzen gemacht. Und nicht zu vergessen: Parpadelle mit getrüffelten Egerlingen in einer Speck-Tomaten-Sahne-Soße.

Im Gott’s in Bayreuth. Foto: Redaktion

Das Gott’s möchte auch Vegetariern und Veganern eine Auswahl bieten. “Das wird immer mehr nachfragt”, so Patrizia Auqenza. Eines der neuen Gerichte sind zum Beispiel die Linguine Apulien: “Die Pasta wird mit Cherrytomaten, Artischocken, Walnüssen und Kapern serviert”, erklärt sie. Neben den Pasta-Gerichten bietet das Gott’s zum Beispiel auch Roastbeef mit Rosmarin und Chili auf Balsamico-Soße oder französische Bouillabaise an.

Das Gott’s in der Bayreuther Dammallee macht die beste Pasta Bayreuth’s – so das Urteil der bt-Leser. Foto: Carolin Richter

Schon seit den 60ern in Bayreuth

(v.l.) Alfredo Aquenza betreibt das Gott’s in Bayreuth gemeinsam mit Tochter Patrizia und Sohn Marco. Foto:privat

Nach dem Luculluskeller in der Maxstraße, eröffnete Alfredo Aquenza 1968 das Tanzlokal „Panorama“ im obersten Stockwerk des „Ring-Hochhauses“ am Josephsplatz. Zwischenzeitlich hatte er auch eine Mode-Boutique. Er hat sich immer wieder neu ausprobiert und Tipps gerne angenommen. Das Gott’s in der Dammallee betreibt der gebürtige Mailänder nun seit 1982 – gemeinsam mit Tochter Patrizia und Sohn Marco.

 

 

Mehr aus der Serie:

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Nass-graue Tristesse draußen, während sich Krankheitserreger in den beheizten Räumen pudelwohl fühlen. Jetzt ist Vorbeugen angesagt! Damit die Immunabwehr des Körpers gut funktioniert, benötigt er Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Zwei Experten aus der Bayreuther Rotmainhalle erklären, zu welchen regionalen Superfoods man im Dezember greifen sollte.

Florian Schmidt, Junior-Chef der Gärtnerei Schmidt in Bayreuth. Foto: Carolin Richter

Birnen können Gelenkschmerzen lindern

Über 2.500 Sorten gibt es weltweit. In Deutschland werden die Birnen meist im September und Oktober geerntet. Gart man sie kurz im Wasser, werden bestimmte Enzyme freigesetzt, die Gelenkschmerzen bei Rheuma oder Gicht lindern können. Außerdem enthalten Birnen viel Vitamin B2, das den Stoffwechsel unterstützt. Auch bei Diabetes sind Birnen hilfreich: einige der Sorten halten den Blutzuckerspiegel im Zaum. Die Finger lassen sollte man allerdings von Früchten, die noch nicht reif sind: Denn davon kann man Bauchkrämpfe oder Blähungen bekommen.

Birnen. Foto: Carolin Richter

Die Birnen sind im Oktober geerntet und lagern in den Wintermonaten kühl und dunkel. Sie kommen aus dem Nürnberger Raum und sind eher fest. Wenn man sie zuhause eine Woche in die Küche legt, werden sie aber nach und nach weicher und süßer.

Lecker schmecken die Birnen in einem Obstsalat oder zusammen mit Naturjoghurt.

(Florian Schmidt, Junior-Chef Gärtnerei Schmidt)

Rosenkohl tut dem Magen gut

Rosenkohl. Foto: Carolin Richter

Keine Scheu vor den kleinen Röschen – denn die neueren Züchtungen sind kaum noch bitter. Und wenn der Rosenkohl Frost abbekommt, lässt ihn das im Geschmack sogar noch süßer werden. Allerdings sind Bitterstoffe auch hilfreich, da sie eine gereizte Magenschleimhaut beruhigen können. Auch Verdauungssäfte in Leber, Galle und Bauspeicheldrüse werden damit aktiviert und regen die Verdauung an. Außerdem sind die Röschen eine echte Vitaminbombe: Auf 100 Gramm Kohl kommen 112 Milligramm Vitamin C – damit hätte man sogar mehr als die empfohlene Tagesdosis zu sich genommen.

Gärtnerei-Inhaberin Beate Gräbner. Foto: Carolin Richter

Den Rosenkohl haben wir im Mai gepflanzt. Er bleibt draußen stehen: Der Frost der vergangenen Woche macht ihm nichts aus. Wir bauen hier nicht nur grünen sondern auch blauen Rosenkohl an.

Besonders lecker wird er so: Zuerst putzt man ihn und schneidet bei den größeren Röschen ein Kreuz in den Strunk. In einem Topf würzt man ihn mit Salz, Pfeffer und etwas Muskat. Mit einem Becher Sahne und einem Becher Wasser kochen die Röschen dann etwa 15 bis 20 Minuten – so bleibt er mild im Geschmack.

(Beate Gräbner, Gärtnerei Gräber aus Harsdorf)

Den Rosenkohl gibt es bei der Gärtnerei Gräbner auch in Blau. Foto: Carolin Richter

Auch interessant:

Rotkohl schützt die Zellen

Ob Rotkohl, Rotkraut oder Blaukraut – je nach Region hat er eine andere Bezeichnung. Und die Farbe kann tatsächlich variieren: Bereitet man ihn eher süß zu, wird er blauviolett. Bereitet man ihn sauer zu, dann eher rötlicher, heißt es.

Rotkohl. Foto: Carolin Richter

Die enthaltenen Flavonoide im Rotkohl schützen die Zellen und können dem Alterungsprozess verlangsamen. Mit 100 Gramm Rotkohl lässt sich ein Drittel des Vitamin K Bedarfes abdecken – durch dessen blutverdünnende Wirkung, wirkt das unterstützend auf das Herz-Kreislauf-System. Einige Strukturen des Rotkohls sind unverdaulich und kurbeln so eine müde Verdauung an.

Das jetzige Rotkraut unterscheidet sich zu jenem in den Sommermonaten. Es ist eine spezielle Sorte, die sich besonders gut lagern lässt.

Rotkraut lässt sich ganz einfach selbst zubereiten: einfach in einer Pfanne Zwiebeln in Fett andünsten, das Kraut in feine Streifen schneiden und hinzugeben. Aufgegossen wird das ganze mit Glühwein und Essig. So köchelt es weiter. Wer möchte, kann noch ein Lorbeerblatt hinzu geben.

(Beate Gräbner, Gärtnerei Gräber aus Harsdorf)

Gessn werd dahaam: Die Kronacher Keramikwerkstatt

In Folge 19 ist Christoph Scholz zu Besuch in der Keramikwerkstatt in Kronach. 

Kunst, Humor und Freundschaft – das sind die Niederländter

Sie freuen sich auf ihren Festakt am 21. März 2020. Dann feiern die “Niederländter” ihr 150-jähriges Bestehen. Der Männerbund wurde vor 150 Jahren, am 7. Februar 1870, gegründet. bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller blickt auf die Geschichte der Niederländter zurück.


Einer der Höhepunkte der Feier zum 150. Geburtstag ist die Enthüllung eines Denkmals auf der Mainüberdachung, in direkter Nähe zur alten, im Krieg zerstörten, Kaserne: Ein großer Lindwurm, das Wappentier der Niederländter. Die Gesellschaft hat die Skulptur durch den Künstler Manfred Reinhart aus Rauhenebrach-Untersteinbach gestalten lassen und der Stadt Bayreuth geschenkt. Sie stellt das Symbol, den “Lindwurm” dar, so wie ihn von Nagel als den Bewacher des Niederländter Schatzes, der Pflege von Kunst, Humor und Freundschaft, ersonnen hat. Der Hauptausschuss des Stadtrates hat die Schenkung der rund 2,50 Meter hohen und drei Tonnen schweren Plastik im November mit großer Mehrheit angenommen und damit die Aufstellung der Skulptur genehmigt.

Ludwig von Nagel bzw. Adrian van Os. Foto: Stephan Müller

 Gründung der “Schwaabengesellschaft”

Im Jahr 1868 gründete Ludwig von Nagel, Oberleutnant des 6. Chevaulegersregiment in Bayreuth mit einigen Freunden die “Schwaaben­gesellschaft”. Der Name kam von den Wirtsleuten Schwaab, in deren Gaststätte sich die Männer regelmäßig trafen.

Es dauerte aber nicht lange, bis von Nagel und einigen Freunden der Ton bei den “Schwaaben” zu rau wurde. So trafen sich die Männer erneut, um “auf gepflegterer Ebene einen neuen Bund” zu gründen. Am 7. Februar 1870 kamen im Gasthaus “Zur Sonne” in der heutigen Richard-Wagner-Straße elf Männer zusammen, die unter dem Motto “Froh’ Gemüt, geschickte Hand” eine frohsinnige, keinesfalls elitären, aber geistvollen und vielleicht auch selbstironischen Bund ins Leben zu rufen. Neben dem Frohsinn sollten das Maltalent, das Musizieren, eigene Gedichte oder das Basteln im Mittelpunkt stehen. Beruf, Alltag und Politik blieben bei den Zusammenkünften ausgespart.

Foto: Stephan Müller

Nun fehlte nur noch ein Name für den Männerbund. Ludwig von Nagel, der auch ein begabter Kunstmaler war, erinnerte sich an ein Buch, das ihm zufällig in die Hände fiel. Ein Buch, das die Geschichte der altniederländischen Maler und Malergilden zum Thema hatte. Dabei kam ihm der Gedanke, dass doch seine musikalisch oder künstlerisch veranlagten Freunde sehr viel mit den niederländischen Gilden gemein haben.

“Froh’ Gemüt, geschickte Hand, Rathsherr und Lump, Hoch Niederlandt!”

Und so gaben sich die Männer der neuen Gesellschaft den Namen: “Societät der Niederländter”und “Mahlkasten”. Am Schluss der Veranstaltung wurde Ludwig von Nagel im Kreise der elf “Ur-Mynherrn” zum Vorsitzenden gewählt. Der Wahlspruch lautete nun: “Froh’ Gemüt, geschickte Hand, Rathsherr und Lump, Hoch Niederlandt.”

Ludwig von Nagel erhielt den niederländtischen Namen Adrian van Os, seine Freunde hießen van Dow, van Potter oder van Honthorst. Als Erkennungsruf hallte fortan “VAN” durch die Versammlungsstätten. VAN wie “vivat amicitia nostra”, “Es lebe unsere Freundschaft.”

Im Protokoll heißt es, dass sich “am 7. Februarius 1870, als dem Tag des Sankt Romuald bei gar kaltem Ostwind elf Stück der Niederländter versammelten. Sie aßen gesottenen Fisch neben welschem Salat. Es wurden viele Reden getan und Hochs ausgebracht, auch auf dem Spinett gar zierlich gespielet und man hat sich erlustieret bis gen Mitternacht.”

Foto: Stephan Müller

Die glückliche Zeit währte allerdings nicht lange. Der deutsch-französische Krieg 1870/71 rief die Soldaten in das Feld, viele Offiziere wurden versetzt, so dass der die Treffen des “Mahlkasten” ab 1874 nicht mehr stattfinden konnten. Im Jahr 1876 gründeten einige “Niederländter”, die früherdem Bayreuther “Mahlkasten” angehörten, eine eigene Societät in Würzburg.

Durch die Kriegswirren, die zahlreichen Versetzungen und wohl auch dadurch, dass Richard Wagner die Bayreuther von seinem Erscheinen im Jahr 1871 bis zu seinem Tod 1883 in seinen Bann zog und die “Richard-Wagner-Verbände” starke Mitgliederzuwächse hatten, erlebten die Niederländter in Bayreuth dagegen eine längere Durststrecke.

Bayreuth ist Niebelungenreuth

So kam es am eigentlichen Gründungsort erst nach Wagners Tod im Februar 1885 wieder zu einer Neugründung. Die neue Bayreuther Societät wurde selbst “Urstätt” getauft, der Sitz wurde als Hommage an Richard Wagner “Niebelungenreuth” genannt, das Wappentier der Lindwurm.

Die Societät traf sich zunächst in der “Sonne”, später in der Restauration “Angermann”, also der früheren Lieblingswirtschaft von Richard Wagner, die 1891 dem Neubau des Postgebäudes (heute Kanzleistraße) weichen musste. So zog es die Niederländter unter anderem in die Mainstraße in das Lokal “Preßlein”, das später als der “Frühhaber” oder das “Podium” zum Begriff wurde. Dann trafen sie sich über 60 Jahre in der Alexanderstraße, ehe nun vor ein paar Jahren das Prinzessinnenhaus in St. Georgen das neue Domizil wurde.

Foto: Stephan Müller

Zwei Bürgermeister waren Niederländter

Berühmte Bayreuther Niederländter früherer Jahre waren die Bürgermeister Leopold Casselmann als “Lukas van de Capelle” (1886) und Albert Preu (1898) als “Allart van Putterhoek”.

Ausgehend von Bayreuth und Würzburg erfuhr Niederlandt in Bayern und den damals zu Bayern gehörenden Gebieten eine weite Verbreitung. Heute gibt es über 400 “Niederländter” in 20 Städten in Bayern, der Pfalz und in Bonn. Der Gründungsort, die Urstätte bleibt aber Bayreuth, in der Sprache der Niederländter “Die Urstätt in dembe Niebelungenreuth”. Der Sinn und Zweck der Zusammenkünfte blieb über die fast 150 Jahre gleich. Auch heute treffen sich die Niederländter meist zweimal im Monat in ihrem urigen ,,Lokälyn“, um zu dichten, zu malen, zu musizieren und um die Geselligkeit zu pflegen. Unter anderem in Hallstadt (Geuszkanne in deme Babinbergh), Regensburg (Bruck´n ze Regansbourigh), München (Krug in der Mönchstätt), Nürnberg (Treekschuyten ze Norimberghe) oder in Landau/Pfalz (Hoogschans zu Landawen) Soziätäten.

Jährliche Treffen in Pappenheim

Höhepunkte im Jahreslauf der Niederländter Societäten sind in den letzten Maitagen das Treffen aller Niederländter zur “Großen Weltumsegelung” im festlich geschmückten Städtchen Pappenheim an der Altmühl und das traditionelle familiäre Weinfest Anfang September in Landau in der Pfalz.

Zahlreiche Herrengesellschaften

In Bayreuth gibt es neben den “Niederländtern” mit den “Wilden Indianern”, den vom damaligen Oberbürgermeister Hans Walter Wild gegründeten “Braunbierrittern”, dem “Orden des Waldvogels” oder der “Schlaraffia” immer noch mehrere Herrenbünde, die sich allesamt kreativ – und oft unbemerkt von der Bayreuther Bevölkerung – selbst auf die Schippe nehmen: Jenseits von hektischem Alltagsgewühl und strapaziösen Freizeitzwängen schaffen sie sich ein “Gegenreich” unbeschwerter Lebensfreude.

Foto: Stephan Müller

Älteste Herrengesellschaft in Bayreuth

Die 1870 gegründete “Societät der Niederländter” ist heute jedoch die älteste Herrengesellschaft in Bayreuth. Auch wenn zu den Treffen in “Niederlandt” Damen nicht zugelassen sind: Die Herren freuen sich, dass dies von den “Mynfrauen” toleriert wird. Dafür bedanken sich die Niederländter mit der “Mynfrauenwacht”, die dann in besonders festlichem Rahmen begangen wird.


Text: Stephan Müller


Warum die Bayreuther fast nackt durch die Gassen liefen

Hobby-Historiker Stephan Müller erklärt, was es mit den Badehäusern und Badestuben in Bayreuth auf sich hatte – und wo es diese gab.

Die bt-Leser haben abgestimmt: Der beste Döner Bayreuths

Die Leser des Bayreuther Tagblatts haben gesprochen: Hier gibt’s den besten Döner in ganz Bayreuth. Alle Infos dazu gibt’s hier!

Die Geschichte der Bayreuther Markgrafentochter – mit Briefen fing es an

August der Starke ist der wohl bekannteste sächsische Herrscher. Er wurde 1670, als zweiter Sohn des Kurfürsten Johann Georg III. geboren und 1694, nachdem sein älterer Bruder Johann Georg IV. an den Blattern verstorben war, Kurfürst von Sachsen. Weniger bekannt ist, dass seine Ehefrau Christiane Eberhardine, Tochter des Markgrafen Christian Ernst, eine Bayreutherin war. Zum ersten Mal sahen sich Friedrich August und Eberhardine, als Markgraf Christian Ernst dem sächsischen Hof in Dresden im Jahr 1687 einen Besuch abstattete. Die damals 15-jährige Prinzessin war ein ausnehmend anmutiges und hübsches Mädchen, war groß gewachsen, hatte eine “vornehme” blasser Haut und langes blondes Haar. Sie war bescheiden, sittsam und intelligent und machte somit mächtig Eindruck auf August. So wanderten immer häufiger Briefe und Geschenke zwischen Bayreuth und Dresden hin und her, bis schließlich Johann Georg III. für seinen Sohn beim Markgrafenpaar um Christiane Eberhardines Hand anhielt.

Doch in Bayreuth war August wahrlich nicht die erste Wahl. Mutter Sophie Louise hielt den lebenslustigen Wettiner für keinen soliden Ehemann. Nachdem mit Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg und einem dänischen Prinzen noch weitere Bewerber zur Auswahl standen, spielten die Bayreuther erst einmal auf Zeit. Schließlich hatte der Verehrer aus Dresden auch einen älteren Bruder und würde wohl kaum Regent werden.

“Ihr gedreister Knecht”

Nach langem Hin und Herr willigte der Markgraf aber doch ein und Friedrich August griff freudig zur Feder: Am 27. August 1692, schrieb er Eberhardine einen überschwänglichen Brief an die “scheenste Prinzessin von der ganzen Welt“, einen Brief, den der Bayreuther Historiker Karl Müssel als „verliebte(s) Gestammel eines jungen Mannes“ bezeichnete, das “von der sächsischen Mundart bestimmt wurde.“

Der Brautwerber erklärt seiner „Durchleichtigste princessin“ sein Entzücken über das „glickliche Jawohrt“ und verspricht: „Sie haben in ihren henden einen gehorstamsten schlafen (Sklaven) glicklich und unglicklich zu machen.“ Die Unterschrift: „Ihr gedreister Knecht Friedrich August Herzog von Sachsen.“

“Allhier hochfürstliches Beilager gehalten”

Die Trauung ging am Dienstag, den 10. Januar 1693 in Bayreuth über die Bühne. Im Kirchenbuch steht unter diesem Datum, dass die “Ehe geschlossen” und “allhier hochfürstliches Beilager gehalten” wurde. Es war das wohl festlichsten Ereignis des Bayreuther Hofes im 17. Jahrhundert. Anzumerken ist, dass es im Jahr 1700 eine Kalenderreform gab, so dass der Hochzeitstag sieben Jahre später nach dem neuen System auf den 20. Januar 1693 geändert wurde.

Die Festlichkeiten mit Banketten und Opernaufführungen dauerten vier Wochen. Einer der Höhepunkte war das Hochzeitsgeschenk von Markgraf Christian Ernst an seine Tochter. Es ist überliefert, dass Christiane Eberhardine eine riesige Torte gebracht wurde aus der der kleine Johann Tramm sprang. Der Hofzwerg war der “Liebling” von Christian Ernst. Er war etwa “zwei Schuh”, also nur etwas über 60 Zentimeter, groß. Der kleine Mann war sehr beliebt, er genoss am Bayreuther Hof “Narrenfreiheit” und vergnügte die Hofgesellschaft mit seinen Späßen.

Einzug in Dresden

Am 17. Februar 1693 kam die Hochzeitsgesellschaft in Dresden an. Als die Kutschen durch das Stadttor fuhren, begannen alle Kirchenglocken zu läuten. Das Brautpaar wurde von den prächtigen Hoftrompetern und der jubelnden Einwohnerschaft empfangen. Es folgte ein Bankett im Jägerhof und wie schon in Bayreuth Feste und Vergnügungen. Kurz nachdem die Prinzessin nach Dresden übergesiedelt war, zog August zunächst nach Norddeutschland in den Krieg, um Dänemark im Kampf um das Herzogtum Lauenburg beizustehen. Danach unternahm er, wie zuvor schon einmal als Junggeselle, eine sicherlich wenig langweilige Kavalierstour zum Karneval nach Venedig, nach Rom und Neapel.

Eberhardine blieb einsam zurück. Am 11. Februar 1694, also nur etwas über ein Jahr nach der Hochzeit, schrieb sie, immer noch in ihren Gemahl verliebt, ihrer Mutter:

„Der Hertzog würd stüntlich erwartet und verlanget mich gar ser, ihm wider hir zu wißen. Er ist alle zeit gesunt geweßen. Die lustparkeiten aber zu Venisse sollen gar Schlegt geweßen seyn, als glaube, es würd ihm wohl gereuen diese reise gethan zu haben, welche ich wünsche, so verbleibt er ein anter mahl bey mir.”

Die Markgrafentochter Christiane Eberhardine von Brandenburg. Foto: Bernd-Mayer-Stiftung.

Friedrich August wird Kurfürst

Am 27. April 1694 kam August dann überraschend an die Macht. Sein älterer Bruder, Kurfürst Johann Georg IV., war mit 27 Jahren an den Blattern gestorben. Plötzlich war August Herrscher von Sachsen. Auf ein Kondolenzschreiben ihrer Mutter zum Tod des kurfürstlichen Schwagers und ihrem plötzlichen Aufstieg zur Kurfürstin von Sachsen antwortete Christiane Eberhardine am 4. Mai 1994:

Welcher geschwinter Todt, wie Euer Gnaden leicht glauben können, eine ser große affligtion bey unß allerseitz verursagt hatt. … Viel mehr aber sage ich unterthenigsten Danck vor die freude, so Euer Gnaden mir temoingiren, daß es dem großen Gott gefahlen, die Chur nuemehro dem Hertzog als nun Churfürst mit zu theilen und ich auch dadurch zu einer größeren wührte gelanget.

Der Thronfolger kommt auf die Welt

Es dauerte noch bis in das vierte Ehejahr, ehe am 7. Oktober 1696 mit dem Kurprinzen Friedrich August (II.) der einzige Sohn des Paares geboren wurde. Anlässlich der Geburt schenkte August seiner Frau das Schloss Pretzsch, die an der Elbe – und war sie los … Aus der Hoffnung eines glücklichen Ehelebens wurde nichts. Sie hatte ihre dynastische Pflicht erfüllt und er kränkte sie maßlos damit, dass er als “unwiderstehlicher Liebhaber” wahrgenommen werden wollte und seine Zeit mit seinen zahlreichen Mätressen verbrachte. Mehrere Jahrzehnte später beurteilte die Bayreuther Markgräfin Wilhelmine, die in jungen Jahren selbst einmal in das Visier von August den Starken geriet, in ihren (geschwätzigen) Memoiren die Sachlage so:

„Er unterhielt eine Art Harem der schönsten Frauen seines Landes. Als er starb, berechnete man, dass er von seinen Maitressen 354 Kindern gehabt habe.“

Das scheint natürlich maßlos übertrieben. Belegt sind acht uneheliche Kinder von August dem Starken, die er mit sechs verschiedenen Mätressen gezeugt hat. Aber auch sonst ließ sie in ihren Memoiren kein gutes Haar an ihm:

(…) Sie kamen auf den Einfall, mich mit dem König August von Polen verheiraten zu wollen. Dieser zählte damals neunundvierzig Jahre. Seine Liebeshändel waren weltberühmt; er besaß große Eigenschaften, doch wurden sie von seinen zahlreichen Fehlern verdunkelt. Eine zu große Vergnügungssucht ließ ihn das Wohl seines Staates und seiner Untertanen vernachlässigen, und seine Trinksucht verleitete ihn zu Unwürdigkeiten, deren er sich im trunkenen Zustand schuldig machte und die auf immer seinen Namen schädigen werden.

Die Betsäule Sachsens

Zu einem handfesten Krach des jungen Ehepaars kam es ab dem Frühjahr 1697 aber aus einem anderen Grund: August wollte König von Polen werden. Um dafür überhaupt in Frage zu kommen, konvertierte er am 2. Juni 1697 in Baden bei Wien heimlich zum Katholizismus und verlanget dies auch von Christiane Eberhardine. Die strenggläubige Protestantin, die dreimal am Tag zur Kirche ging und sich auch beim Aussuchen von Liedern für das evangelische Gesangbuch beteiligte, lehnte es kategorisch ab, ihr lutherisches Bekenntnis aufzugeben. Damit gewann die die Sympathie des sächsischen Volkes, die für Augusts Handlungsweise nicht das geringste Verständnis aufbrachten. Mit ihrem Verhalten, dass ihr bis heute die (lobende) Bezeichnung “Die Betsäule Sachsens” einbrachte, wurde sie ungewollt zu einem Faktor der europäischen Politik. Letztlich musste Christiane Eberhardines Haltung auch Friedrich August akzeptieren. Eberhardine war auch nicht dabei, als August am 15. September 1697 gekrönt wurde, und sie hat Polen nie betreten.

Sie lebte zurückgezogen in Pretzsch, unterhielt dort einen großen Hofstaat, den August widerspruchslos finanzierte. Sie unternahm viele Reisen und kümmerte sich um die Erziehung verschiedener Prinzessinnen, darunter die Tochter ihres Bruders Markgraf Georg Wilhelm. Sie starb am 5. September 1727. An ihrer Beisetzung in der Stadtkirche Pretzsch nahmen wieder ihr Gatte noch ihr Sohn teil. Sie gilt bis heute als die tugendhafte unter allen Fürstinnen und aufgrund ihrer Charakterstärke gehört sie zu den großen Frauengestalten der Geschichte.


Text: Stephan Müller.


Die bt-Leser haben abgestimmt: Bayreuths bestes Sushi

Mitte des Jahres haben die Leser des Bayreuther Tagblatts auf Facebook über das beste Sushi der Wagnerstadt abgestimmt. Das Ergebnis: Im Restaurant Wagaya in der Richard Wagner Straße schmeckt es am Besten.

Aus diesem Grund war die bt-Redaktion im Wagaya vor Ort. Dort hat sich Redakteurin Carolin Richter zeigen lassen, wie das “beste Sushi Bayreuths” entsteht. Ein Video dazu gibt’s über dem Text.

Maki mit Lachs und Avocado und eine Crunchy Roll mit der gleichen Füllung.

Maki mit Lachs und Avocado und rechts daneben eine Crunchy Roll mit der gleichen Füllung. Foto: Carolin Richter

Sushi in Bayreuth

Tuan Anh Nguyen ist in Bayreuth und Nürnberg aufgewachsen. “Dass ich mich irgendwann mal mit einem eigenen Restaurant selbstständig machen wollte, war für mich klar”, sagt er. Im Großraum Nürnberg hat er in verschiedenen Sushi Restaurants gearbeitet und Erfahrungen gesammelt. Daraus hat er dann, gemeinsam mit Koch Kay Tanaka, ein eigenes Konzept entwickelt. “Ein Restaurant mit neuer asiatischer Küche hat Bayreuth damals gefehlt”, sagt er.

Außer ihm, arbeiten noch drei weitere Männer hinter der Theke, um das Sushi frisch auf Bestellung zuzubereiten. Außerdem gehören sechs weitere Mitarbeiter im Service und in der Küche zum Team. Sie alle stammen aus Asien: einige aus Japan, andere aus Vietnam oder Korea. Auch Tuan Anhs Mutter Thi Hiep Nguyen unterstützt ihren Sohn, wo sie nur kann. An erster Stelle stehe dabei immer die Gesundheit der Gäste, wie der Inhaber erklärt.

Tuan Anh Nguyen Wagaya

Inhaber des Wagaya, Tuan Anh Nguyen, Foto: red

Wir machen unsere Gerichte mit Herz und haben den Anspruch, dass es so köstlich wie bei Mama zuhause schmeckt.

(Tuan Anh Nguyen, Inhaber des Wagaya in Bayreuth)

Liebevoll verziert und angerichtet

Für gutes Sushi brauche man natürlich qualitative und frische Lebensmittel. Gekocht werde im Wagaya ohne Glutamat oder andere Geschmacksverstärker, erklärt der INhaber. Außerdem sei auch das Anrichten auf der Platte wichtig, damit es optisch gut aussieht, so Nguyen. “Wir geben uns wirklich viel Mühe, dass unsere Speisen ansprechend aussehen und schmecken”, sagt er.

(v.l.n.r.): Koch Kay Tanaka, daneben Thi Hiep Nguyen und ihr Sohn und Inhaberdes Wagaya, Tuan Anh Nguyen, sowie Sushi-Koch Dennis Lee. Foto: Carolin Richter.

 

Eine gute Verbindung zum Kunden zu haben sei essentiell. “Wir sprechen viel mit unseren Gästen”, sagt Nguyen. “Das größte Lob, dass wir bekommen haben war, dass es hier das beste Sushi gab, das der Kunde je gegessen hatte”, sagt Tuan Anh Nguyen und lächelt verlegen. “Wir möchten uns natürlich auch bei allen bedanken, die bei der Umfrage für das Wagaya gestimmt haben und uns unterstützen”, ergänzt er.

Die Bayreuther mögen vor allem die Crunchy Rolls

Für die Crunchy Roll wird das Sushi mit Reisflocken paniert und anschließend frittiert.

“Kochen ist eine Kunst und eine Wissenschaft. Man hört nie auf zu lernen”, sagt Koch Kay Tanaka, der gebürtig aus Tokyo kommt. Es mache ihm Spaß hier zu arbeiten. “Traditionell isst man Japan meist Nigiri. Also Reis mit frischem Fisch darauf”, sagt er. In Bayreuth wären dagegen eher die Crunchy Rolls mit Lachs und Avocado besonders gefragt.

Neben den Sushi-Variationen steht im Wagaya außer Reis- und Nudelgerichten, auch traditionell Ramen – eine japanische Nudelsuppe – auf der Karte. Alle Gerichte gibt es auch zum Mitnehmen.

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Fotos: Wagaya Bayreuth


Die bt-Leser haben abgestimmt:

Bayreuths Bürgermeister: Die vier Bayreuther Rathäuser

Im letzten Teil der Serie zu Bayreuths Bürgermeistern widmet sich bt-Historiker Stephan Müller den Rathäusern der Stadt.


Die beiden “alten”Rathäuser

“Die Stadt Bayreuth hat im Jahr 1721, weil die Stadtkammer nicht bei Kasse war, aus des Hospitals Mitteln das an der Brautgasse gelegene Haus der verwitweten Baronin von Sponheim erkauft und daraus das Rathaus gemacht”

So heißt es in dem Buch “Geschichte der Stadt Bayreuth” von Johann Wilhelm Holle von 1833. 

Das alte Rathaus, das 1446 erbaut und mitten auf dem Marktplatz stand, wurde durch den großen Stadtbrandes von 1621 vernichtet. Noch im selben Jahr wurde in dem Nebengebäude des Hospitals ein Rathaus eingerichtet, welches die Stadt schon 1558 von dem Sattler Hans Hamann um 400 Gulden und 5 Taler erkauft hatte.

Das erste Bayreuther Rathaus stand auf dem Marktplatz. Das Gebäude ist beim großen Stadtband von 1621 abgebrannt. Foto: Bernd-Mayer-Stiftung.

Mit dem Kauf des Sponheim’schen Hauses an der Brautgasse wurde dem Magistrate zugleich erlaubt, in demselben einen öffentlichen Rathskeller und eine Garküche anzurichten, um darin allerlei Weine, braunes und weisses Bier, sowie auch anderes Getränk auszuschenken, Speisen zu geben und die 1720 angerichtete weisse Bierbrauerei (mit Ausnahme der herrschaftlichen Haushaltungsämter St. Johannis, Schreez, Heinersreuth und St. Georgen am See) in dem Umkreise von einer Meile auszuüben. 

Das Sponheim’sche Haus, in dem sich heute das Kunstmuseum befindet, war von 1721 bis 1917 und von 1945 bis 1972 wegen der Zerstörung des Reitzenstein-Palais das Bayreuther Rathaus. Foto: Stephan Müller.

Das Reitzenstein-Palais

Im Jahr 1916 wurde das Reitzenstein-Palais am Bayreuther Luitpoldplatz zum neuen Rathaus umgebaut. Die Stadt Bayreuth erwarb das von Carl Gontard erbaute Gebäude (1761 bis 1768) schon am 1. Februar 1894 von Emilie von Meyernberg, der Witwe des 1881 verstorbenen Herzog Alexander von Württemberg für 100.000 Mark. Emilie von Meyernberg erhielt “für Lebzeiten das Wohnrecht”. In Zusammenhang mit unserer “Bürgermeisterserie” ist uns Emilie von Meyernberg einige Zeilen wert. 

Die Bayreuther “Madame Belle Époque” war jahrzehntelang der gesellschaftliche Mittelpunkt der Stadt. Geradezu märchenhaft war ihr Aufstieg von der Gänsemaid zur Gemahlin des Herzogs Alexander von Württemberg auf Schloss Fantaisie. “Ein Lächeln von ihr hat alle besiegt”, heißt es im Nachruf des Bayreuther Tagblatts. 

Als Waisenkind hütete Amalie Katharina Pfennigkäufer auf einem Bauernhof die Gänse. Der reiche Frankfurter Bäcker Kirsch lernte das hübsche 17-jährige Mädchen 1847 kennen und heiratete sie vom Fleck weg. Noch am gleichen Tag erschoss sich der Sohn des Bräutigams aus Liebeskummer. 

Aber auch der Bäcker Kirsch wurde nicht lange mit ihr glücklich. Eines Tages kam der damalige Stadt-Gouvaneur Herzog Alexander von Württemberg vorbei und spannte sie ihrem Ehemann für 25.000 Gulden aus. Aus Amalia wurde Emilie von Meyernberg. Sie überlebte ihren zweiten Ehemann um 34 Jahre. Sie starb am 31. März 1915 und liegt neben ihrem Mann im fürstlichen Mausoleum auf dem Stadtfriedhof begraben. Der Reitzenstein-Palais wurde im zweiten Weltkrieg zerstört und in den 60er Jahren endgültig abgerissen.

Das Reiztenstein-Palais war von 1916 bis 1945 das Bayreuther Rathaus. Foto: Bernd-Mayer-Stiftung.

Das Neue Rathaus

Das Neue Rathaus wurde im Jahr 1972 fertig gestellt und der Stadtverwaltung zur Verfügung gestellt. Während es heute nicht mehr den Geschmack vieler Bayreuther findet, war die Bevölkerung Anfang der 70er Jahre über den Neubau mehr als angetan.

Ein Beispiel für diese Begeisterung war das Programmheft für die Internationale Runde der TV-Serie “Spiel ohne Grenzen” am 4. Juli 1974, das das Neue Rathaus auf der Titelseite und das ebenfalls gerade neu errichtete Städtische Stadion mit seiner Tribüne auf der Rückseite zeigt.

Die Eurovision-Sendung vom Bayreuther Luitpoldplatz sahen bei europaweiten Einschaltquoten von bis zu 80 Prozent 100 Millionen Zuschauer. Umso ärgerlicher fand es so mancher Bayreuther, dass in dem Vorspann, in dem Bayreuth etwa eine Minute vorgestellt wurde, zwar das Festspielhaus, die Villa Wahnfried mit Wagner-Grab und die Eremitage gezeigt wurden, aber nicht die “modernen” Bayreuther Errungenschaften wie das Neue Rathaus und das Städtische Stadion. Na dann …

Rathausvorplatz

Rathausvorplatz, Foto: Carolin Richter


Text: Stephan Müller


Die bisherigen Teile der Serie

Hans Walter Wild: “Ich liebe es, in die Berge zu sch…”

Hans Walter Wild galt als ein glänzender Redner mit viel Überzeugungskraft. Anlässlich seines 100. Geburtstags am 27. November hat der geschichtsinteressierte Stephan Müller in den Geschichtsbüchern gestöbert und die besten Reden Wilds herausgesucht. Dabei ist er auch auf einen großen Fauxpax des Rhetorikers gestoßen.


Rede in Bayreuth: Oh lala!

Da saß Bayreuths Oberbürgermeiser nun in trauter Runde mit Stadträtinnen und Stadträten aus der neuen Partnerstadt Annecy und parlierte auch ein wenig in französischer Sprache.

Thema war das nahe Fichtelgebirge mit den Wintersportorten Warmensteinach und Bischofsgrün oder die Skipisten auf dem Ochsenkopf. Der Oberbürgermeister wollte der Runde mitteilen, dass er es liebt in den Bergen Ski zu fahren und sagte also:

I`aime chier dans les montagnes

Auch wenn das französische Wörtchen “chier” auf dem Papier dem Wörtchen “Schier” sehr ähnlich sieht und auch ein wenig ähnlich klingt: “Chier” heißt im Französischen nun einmal “scheißen”. Hans Walter Wild teilte seinen verwunderten Zuhörern also mit, dass er es liebt, in die Berge zu “sch …”.

Hans Walter Wild mit den ersten “Politessen” in Bayreuth. Foto: Bernd-Mayer-Stiftung

Eine französische Stadträtin kommentierte die von Hans Walter Wild ausgesprochene Vorliebe nach einer wohl gesetzten Pause mit einem tiefen: “Oh lala la!”

Hans Walter Wild: Zitate aus seinen Reden

Es ist wohltuend, dass solch ein “Fauxpas”, der nach der Richtigstellung des anwesenden Übersetzers an diesem Abend für Stimmung sorgte, auch einem Mann wie Hans Walter Wild passieren kann. Ein weiteres “Fettnäpfchen” ist uns auch nicht bekannt. Denn Hans Walter Wild war ein hervorragender Redner, der es in Sekundenschnelle verstand, sich auf seine Zuhörer, egal ob auf Politikprominenz, Bankdirektoren, einem Kegelclub oder bei einer Faschingsnarren, mit den richtigen Worten einzustellen.

Hier einige interessante Zitate aus seinen Reden und Interviews:

Es ist ermutigend, aber auch menschlich erhebend, dass wir 20 Jahre nach Beendigung dieses furchtbaren Krieges mit den Vertretern Annecys zusammen sein dürfen, um mit ihnen gemeinsam der Vergangenheit zu gedenken und mit ihnen über die Zukunft zu sprechen. (23.7.1966 zum Festakt der Städtepartnerschaft Bayreuth-Annecy)

Richard Wagner und Bayreuth – eines hat das Bild des anderen mitgeprägt. Ohne Bayreuth und seine Bürger wäre Wagners Festspielidee vielleicht nie und nirgends Wirklichkeit geworden, hätte der Name Richard Wagner nicht die volle theatergeschichtliche Bedeutung erreicht, die er heute hat. Aber ohne ihn, ohne seine Festspiele, wäre Bayreuth nicht Bayreuth. (23. Juli 1976).

Die Erfolge der Sportler der DDR kommen nicht nur aus der Küche des Staatssports mit seinen Möglichkeiten und Vorteilen. Sie sind auch getragen vom Selbstbewusstsein der Frauen und Männer aus dem Osten Deutschlands. Während wir in der Bundesrepublik Deutschland darauf verzichten, dass die eigene Fahne gezeigt und die Nationalhymne gespielt wird, bildet das Nationalbewusstsein der DDR, in übersteigerten Maße produziert, den Motor großartiger und ungewöhnlicher sportlicher Leistungen. (…). Auch wir Deutsche haben ein Recht auf dieses gesunde Selbstbewusstsein, ja ich meine sogar, wir haben auch die Pflicht zu solchem Selbstbewusstsein, wenn wir mit unseren westlichen Brudervölkern in einem künftig vereinten Europa bestehen wollen. (5. November 1968 zum Empfang der Schwimmerin Heidi Reineck, die in Mexico City Bronze gewann)

Mit seinen Hunden verbrachte Hans Walter Wild seinen Lebensabend in seinem Wohnsitz auf dem Gut Grunau. Foto: Stephan Müller

Mainz wie es singt und lacht, ist nicht Bareith, wie es schläft bei Nacht, und ein hiesiger Faschingsball ist noch lange kein rheinischer Karneval. Trotzdem keine Spur von Neid: Denn Köln ist zwar Köln, aber Bareith bleibt Bareith! Und wenn sie dort jubeln ihr “helau – alaaf”: Mir bleibn do Schwarz-Weiß und raunzen: “Awaaf!” (9. Januar 1978)

Wir lehnen es ab, auf die Dauer immer neue weiterführende Schulen zu bauen und auf unsere Kosten Schüler auszubilden, die zwangsläufig in die Ballungsräume auswandern, weil es die für sie geeigneten, qualifizierten Arbeitsplätze in Oberfranken nicht mehr gibt … Wir wollen nicht zu einem Altersheim der Bundesrepublik werden. Wir wollen die Kraft unserer noch unverbrauchten Jugend nicht ständig an andere abgeben, die sich spät darauf besinne, dass in Oberfranken die Luft rein, das Wasser sauber und das Klima nicht rauh, sondern gesund ist… (6. Juni 1969)