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Magazin/Historisch-Stadtteile

Bayreuths Stadtteil Burg: Vom Herrschaftshaus zur Arbeitersiedlung

Woher kommen eigentlich die siedlungsgeschichtlichen Namen der Bayreuther Ortsteile? In Teil 13 der Stadtteil-Serie widmet sich bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller der „Burg“.

Nach dem Hussitensturm im Jahr 1430 erwähnte der Burggraf in einem Freibrief die Brücken im „Neuen Weg“, die zu einem „Herrschafts-Haus vor den Brücken“ führen.

Dr. Wilhelm Müller kam in den 60er Jahren zur der Erkenntnis, dass dieses Haus „unbedingt auf einem befestigten Platz“ stehen musste. Möglicherweise auf einen Burghügel. So könne die Ortsbestimmung „vor den Brücken“ nur für die heutige „Burg“ zutreffen. Damit könnte er ein altes Rätsel über die Herkunft des ehemaligen Flurnamens „Burg“ gelöst haben:

„Es handelt sich offenbar um eine Turmhügelburg, die vielleicht bis ins 14. Jahrhundert eine Besatzung hatte, mindesten aber eine Wache. In der Markgrafenzeit stand dort nach den Aufzeichnungen des Stadthistorikers Friedrich König ein viereckiger Pulverturm mit Schilderhaus. Noch im 19. Jahrhundert lautete der Flurname „Am Pulverturm“, schreibt Dr. Wilhelm Müller. 

Cosima Wagner beschrieb die Wohnung in den Arbeiterhäuschen so: „Die Wohnung, zwei Stübchen, die fünf Kinder darin, sieht sauber aus, an den Fenstern der Arbeiterhäuser und vor den Türen viel Menschheit, die Fenster sehen aber auf die Gärten und Berge.“ Cosima vermerkt aber auch, dass sie sehr gerührt waren: „O dieses furchtbare, furchtbare Dasein“. Foto: Bernd Mayer Archiv.

Richard Wagner wird Pate

Ein denkwürdiges Ereignis aus dem Stadtteil „Burg“ hält Cosima Wagner im Jahr 1872 in ihrem Tagebuch fest. Barbara Meyer, die eben eine Tochter zur Welt gebracht hatte, beschäftigte eine ungewöhnliche Idee. Könnte nicht Richard Wagner die Patenschaft ihrer Tochter übernehmen? Der Versuch wurde gewagt. Die Familie schrieb dem Meister einen Brief.

Mit Datum vom 26. Mai 1872 antwortete Richard Wagner „mit Hochachtung ergebenst“, dass er und seine Frau die angetragene Patenschaft gern übernehmen. Er „erwarte“ demnach nur, dass die Familie Meyer ihm das Nähere über die erwartete Taufe mitteilen werde.

Richardis Cosima Meyer

Die Taufe fand am 2. Juni 1872 in der Ordenskirche statt. Das Kind wurde von dem evangelischen Pfarrer Hoffer im Beisein von Richard und Cosima Wagner auf den Namen Richardis Cosima Meyer getauft.

Natürlich hatte sich in und vor der Kirche eine große Menschenmenge von Schaulustigen versammelt, an denen sich die Familie Meyer und das Ehepaar auf dem Weg zur kleinen Wohnung in der Burg „vorbeikämpfen“ mussten.

Die sehr „gerührte“ Cosima Wagner schreibt später in ihr Tagebuch von einem „furchtbaren Dasein“ der „tüchtigen Volksmenschen“, die sie in ihre Wohnung zu Wein, Kaffee und Kuchen eingeladen haben: „Die Wohnung, zwei Stübchen, die fünf Kinder darin, sieht sauber aus, an den Fenstern der Arbeiterhäuser und vor den Türen viel Menschheit, die Fenster sehen aber auf die Gärten und Berge.“

Das Foto zeigt die „Schweizer-Häuschen“ in der Burg im Jahr 1975. Die Arbeiterhäuschen fielen im Jahr 1981 der Spitzhacke zum Opfer. Foto: Archiv Bernd Mayer.

Cosima vermerkt aber auch, dass sie sehr gerührt waren: „O dieses furchtbare, furchtbare Dasein“.

Als Richard und Cosima Wagner die Arbeiterhäuschen (auch Schweizer-Häuschen) besucht haben, handelte es sich noch um eine Neubausiedlung: Die Mechanische Baumwoll-Spinnerei ließ diese Sozialsiedlung im Jahr 1861 für ihre Arbeiter „im „Schweizer Stil“ bauen. Bis 1909 entstanden insgesamt fast 300 Wohnungen für die Spinnereiarbeiter. Die ersten Häuser wurden in den 70er Jahren abgerissen, die letzten fielen im Jahr 1981 der Spitzhacke zum Opfer.

Stephan Müller

Stephan Müller

Stephan Müller (54) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.

Ein Festzug zieht an einem Ein Festzug zieht an einem "Siebener"-Kasernengebäude in der Hartmannstraße (heute Ludwig-Thoma-Straße) vorbei. Im Hintergrund ist der Justizpalast zu erkennen. Foto: Archiv Bernd Mayer.
Das Versorgungskrankenhaus heißt heute Das Versorgungskrankenhaus heißt heute "Krankenhaus Hohe Warte". Foto: Archiv Elfriede Müller
Wenige Tage, nachdem in der deutschen Kolonie Kamerun die deutsche Fahne gehisst wurde, benannten Festspielmitwirkende das Forsthaus um: Wenige Tage, nachdem in der deutschen Kolonie Kamerun die deutsche Fahne gehisst wurde, benannten Festspielmitwirkende das Forsthaus um: "Dort ka ma ruhn". Foto: Archiv Bernd Mayer.
Die Stadtansicht zeigt Bayreuth um 1680. Der Hof-Musikus Georg Carl war 1675 am Hofe des Markgrafen Christian Ernst im Stadtschloss (links) in Anstellung. Foto: Archiv Bernd MayerDie Stadtansicht zeigt Bayreuth um 1680. Der Hof-Musikus Georg Carl war 1675 am Hofe des Markgrafen Christian Ernst im Stadtschloss (links) in Anstellung. Foto: Archiv Bernd Mayer
Ein beliebte Ausflugsgaststätte war das Ein beliebte Ausflugsgaststätte war das "Restaurant am Stuckberg". Foto: Archiv Ernst-Rüdiger Kettel.
Wagnerianer und Kenner des Wagnerianer und Kenner des "Rheingold" wissen was gemeint ist: "Zur Burg führt die Brücke" heißt es im letzten Akt von Wagners "Rheingold". Auch hinter dem Hauptbahnhof führt eine Brücke zur Burg. Foto: Stephan Müller.
Das Gelände zwischen den Ortsteilen Meyernberg und Oberpreuschwitz hat den Flurnamen Das Gelände zwischen den Ortsteilen Meyernberg und Oberpreuschwitz hat den Flurnamen "Österreich", das "ein Gebiet nach Osten begrenzt". Der ungewöhnliche Blickwinkel auf die Reha-Klinik und das Neubaugebiet von Oberpreuschwitz wurde durch einen Hub-Kran auf dem Gelände des Stadtgartenamtes bei einem "Tag der offenen Tür" möglich. Foto: Stephan Müller.
Die Brauerei J. Friedel. Foto: Archiv Bernd Mayer Stiftung.Die Brauerei J. Friedel. Foto: Archiv Bernd Mayer Stiftung.
Bayreuths Stadtteil Moritzhöfen mit dem Wilhelm-Leuschner-Geburtshaus. Foto: Susanne MonzBayreuths Stadtteil Moritzhöfen mit dem Wilhelm-Leuschner-Geburtshaus. Foto: Susanne Monz
Blick auf das Festspielhaus im Jahr 1880. Im Vordergrund ist das alte Bahnhofsgebäude und das Bahnhofshotel zu sehen. Foto: Archiv Bernd Mayer.Blick auf das Festspielhaus im Jahr 1880. Im Vordergrund ist das alte Bahnhofsgebäude und das Bahnhofshotel zu sehen. Foto: Archiv Bernd Mayer.