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Magazin/Historisch-Stadtteile
Bayreuths Stadtteil Dürschnitz: Als mit Backsteinen nach Soldaten geworfen wurde
Woher kommen eigentlich die siedlungsgeschichtlichen Namen der Bayreuther Ortsteile? In Teil 14 der Stadtteil-Serie widmet sich bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller Dürschnitz.
Die “Dürschnitz” begann nach den Aufzeichnungen von Justizrat Friedrich König, der sich ab etwa 1775 mit einer Chronik große Verdienste um die Stadtgeschichte erwarb, gleich nach dem “Eremitager Tor”. In diesem Bereich ist heute die Bäckerei Hulinsky oder das Friseurgeschäft Haubner zu finden.
Der Dürschnitzhof selbst muss nach König ein “wendischer Hof” gewesen sein. Das würde bedeuten, dass sich die Siedlung an einem reich mit Schilf bewachsenen Wasserlauf befunden haben muss. Ob es sich dabei um das Flüsschen “Tappert” handelt, der bis heute irgendwo unterirdisch im Bereich der Dürschnitz durchfließt, und neben dem Sendelbach, der Mistel und der (Warme) Steinach (“warm als alter Grenzname) einer der Nebenflüsse des Roten Mains im Stadtgebiet ist, lässt sich nicht mehr klären.
Name abgeleitet von “heizbarem Zimmer”?
Das Ortsnamensbuch von 1920 Adam Ziegelhöfer und Gustav Hey (1920) betrachtet den “sch-Laut” der Dürschnitz als offenbar später eingeschoben. Es könnte also sein, dass der daraus resultierende Name “Dürnitz” von dem mittelhochdeutschen “durnitz” für ein “heizbares Zimmer” in der Bedeutung einer Gast-, Wohn- oder Ratsstube kommt. Eine endgültige Herkunft des Ortsnamens bleibt jedoch offen.
Zwischen 1626 und 1631 ging ein Teil der Dürschnitzer Besitzungen, darunter der “Hörnleinshof”, das äußere Wirtshaus und das “Parforce-Jägerhaus” in markgräflichen Besitz. Während der preußischen Zugehörigkeit (1792 bis 1806) war das Wirtshaus Station der preußischen Werber, die in der Region nach waffenfähigen Männern suchten, die das “Gardemaß” der “Langen Kerls” hatten.
Ehemalige Gaststätte “Backstaa”
Aus dieser Zeit stammt eine Geschichte, nach der die frühere Gaststätte “Backstaa” benannt war: Nach der Niederlage der Preußen bei Jena und Auerstädt galt für Frankreich auch das preußische Bayreuth als feindliche Stadt.
Am 7. Oktober 1806 rückte ein 30.000 Mann starkes französisches Heer in die Stadt ein. Die Vortruppen kamen vormittags zwischen zehn und elf Uhr in der Vorstadt Dürschnitz an. Ganz Bayreuth war hinausgeströmt, um die gefürchteten Truppen des berühmten Napoleon zu sehen. Marschall Soult und seine zahllosen Regimenter kamen mit kriegerischer Musik in der Dürschnitz an.
Soldaten werden mit Backsteinen beworfen
An der Abzweigung der Eremitager Straße und der Straße nach Creußen (heute Königsallee und Richard-Wagner-Straße) wurden zum großen Erstaunen der Volksmenge einige Backsteine gegen die Soldaten geschleudert. Die bestürzten Stadtväter versicherten, dass sie nicht an Widerstand denken. Doch soll es erst einer der damaligen Theatergesellschaft angehörigen Schauspielerin („einer hervorragenden Schönheit“) durch einen Fußfall gelungen sein, den feindlichen Marschall milder zu stimmen und die Stadt zu verschonen. Der Marschall wurde mit seinem Stab im Neuen Schloss einquartiert, die übrigen Soldaten wurden in der Stadt oder in den umliegenden Dörfern einquartiert. Einige Familien bekamen mehrere Offiziere und vierzig bis sechzig Mann! Auch der Dichter Jean Paul hat die Okkupation miterlebt. Aus Sicherheitsgründen war er unmittelbar vor dem bevorstehenden Einmarsch vorübergehend vom Stadtteil Dürschnitz (in einem nicht mehr existierenden Haus an der Richard-Wagner-Straße 58) in die Steinstraße (heute Kulmbacher Straße) gezogen.
Tanz in der Dürschnitz
Ab Mai 1829 residierte die im Jahr 1828 gegründete Bürgerressource im Örtel’schen Gut in der Dürschnitz (an der heutigen Wieland-Wagner-Straße 1 – 3). Es wurde eine Gartenanlage mit Kegelbahn, Küche, eine „Ökonomenwohnung“ und durch das Herausnehmen einer Mauer ein großer Saal errichtet. Nach dem Krieg gegen die Preußen besuchte König Ludwig II. am 11. November 1866 Bayreuth. Zu Ehren des Königs veranstaltete die Bürgerressource einen Ball, auf dem der „Kini“ völlig unerwartet und unangemeldet erschien: „Eines der denkwürdigsten Ereignisse in unserer Vereinsgeschichte“ schrieb ein Chronist. „Seine Majestät unterhielt sich leutselig mit den Mitgliedern, insbesondere mit mehreren jungen Bürgermädchen, und nahm bis nach Mitternacht rege am Tanz teil“.
Stephan Müller
Stephan Müller (54) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.