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Nachruf
Trauer um Bayreuther Schwimmlegende – Ein Nachruf für Helmut Künzel
Bayreuth trauert um den ehemaligen Jugendpfleger und Ehrenvorsitzenden des Schwimmvereins Helmut Künzel, der im Alter von 93 Jahren verstorben ist.
Die Stadt Bayreuth trauert um ihren ehemaligen hochverdienten Jugendpfleger, der Schwimmverein um seinen Ehrenvorsitzenden. Helmut Künzel ist im Alter von 93 Jahren verstorben. Als „Funktionär“ beim SVB war er bis in diesen Tagen voller Elan in der Arbeitsgruppe zum „100-jährigen Jubiläum des Schwimmvereins im Jahr 2021“ aktiv. Mit all seiner Erfahrung: Helmut Künzel hatte bereits das Jubiläumsheft „40 Jahre Schwimmverein“ herausausgebracht!
Bayreuther Schwimmer Helmut Künzel mit 93 Jahren verstorben
Der Schwimmverein hat das Leben von Helmut Künzel – als Sportler und Funktionär – begleitet. Sein Vater Wilhelm war im Jahr 1921 Gründungsmitglied und mit der Eröffnung des Stadtbades 1929 dort der erste Schwimmmeister. Klar, dass Helmut Künzel, geboren am 14. Juni 1927, fast jeden Tag im Stadtbad war und schon mit vier Jahren schwimmen konnte. Im Jahr 1941 wurde er in Breslau als 14-Jähriger in einer Minute und 21 Sekunden deutscher Meister über 100 Meter Rücken. Im Fachjargon hieß das damals: „Reichssieger bei den Pimpfen über 100 Meter Rücken“. Zwei Jahre später wiederholte er den Erfolg (in 1:13:00 Min.) in der Altersklasse der 15- bis 18-Jährigen, ehe er im Dezember 1944, fünf Monate vor Kriegsende, noch eingezogen wurde. Sein Glück: „Ich musste nicht nach Russland, sondern wurde im Westen eingesetzt.“
Helmut Künzel – Jugendpfleger der Stadt Bayreuth
Mit dem Einmarsch der Alliierten wurde er verhaftet und verbrachte ein Jahr in Amerika in Gefangenschaft. Dort verbessert er sein englisch, was ihm 1946 bei seiner Rückkehr nach Bayreuth und einem Bewerbungsgespräch bei der US-Army sehr entgegen kommt. Dort arbeitet er in der Verwaltung, ehe er 1952 zur Justiz und schließlich 1965 als Jugendpfleger in die Stadtverwaltung wechselt und mit vielen publikums- und jugendfreundlichen Aktionen auf sich aufmerksam macht:
„Rund um den Oschenberg“, „Durch den Hummelgau“, „Über die Königsheide“, „Durchs Rotmaintal“ oder „Vom Roten Main zum Siegesturm“ hießen fünf der elf „Bayreuther Wandertage“, die von 1965 bis 1975 in Bayreuth vom Bayreuther Jugendamt und den Mitgliedsverbänden des Stadtjugendrings durchgeführt wurden. Organisator war der neue Jugendpfleger Helmut Künzel, der sich 1965 („Rund um den Ochsenkopf“) schon über 2.400 Teilnehmer freuen konnte. Jahr für Jahr stiegen die Teilnehmerzahlen. Der Rekord wurde im Jahr 1971 registriert, als über 4.000 Wanderer die Wegstrecke „Über den Pensen“ in Angriff nahmen. Im Stadtjugendring Bayreuth waren damals 31 Jugendverbände mit insgesamt 7573 Mitglieder zusammengeschlossen. An der Durchführung der Bayreuther Volkswandertage haben sich unter anderem die Bergwacht, der Alpenverein, die Naturfreunde und der Fichtelgebirgsverein, alle Pfadfinderverbände, die Evangelische Jugend, der Schwimmverein und das Jugendrotkreuz beteiligt.
Künzel bringt Lokomotive auf Bayreuther Spielplatz
Zwei Jahre nach dem ersten „Bayreuther Wandertag“ bekam Helmut Künzel vom damaligen Oberbürgermeister den nächsten Sonderauftrag. Hans Walter Wild hatte am 28. April 1967 den 12.000 Quadratmeter großen Kinderspielplatz an der Hindenburgstraße eingeweiht. „Wir müssen den Spielplatz noch attraktiver machen”, war der Auftrag des Oberbürgermeisters, bis die Idee geboren wurde, eine Lokomotive zum Klettern aufzustellen. Helmut Künzel hörte sich im ganzen Bundesgebiet um, bis er 1970 fündig wurde. Im Auftrag von Hans Walter Wild setze er sich ins Auto und fuhr nach Kassel-Bettenhausen und fand die Tender-Lokomotive mit der Nummer 89 7296, eine sogenannte „Preußische T3″, die ab 1882 von dem Kasseler Maschinen- und Fahrzeugbaukonzern Henschel & Sohn für die preußischen Staatsbahnen gebaut wurde und fortan viele Jahrzehnte die Kinder an der Hindenburgstraße erfreute. Ebenfalls auf seine Initiative gehen das städtische Ferienprogramm und das Bolzplatzturnier in den 70er Jahren zurück.
Vom Sportler zum Funktionär im Bayerischen Schwimmverband
Im Schwimmverein und beim Bayerischen Schwimmverband wird der Sportler, immer unterstützt von seiner Frau Hilde, zum Funktionär: Fast fünfzig Jahre – von 1957 bis 2003 ist er beim SVB zweiter Vorsitzender und wird anschließend Ehrenvorsitzender. Beim Bayerischen Schwimmverband ist er Landesjugendwart, Pressewart (1977 bis 1992) und von 1992 bis 1999 Vizepräsident des BSV. Ebenfalls das Amt des stellvertretenden Vorsitzenden hatte er von 1972 bis 1992 bei der Bayerischen Sportjugend.
Einer der Höhepunkte in dieser Verbandsarbeit war sicher seine Tätigkeit bei den Olympischen Spielen 1992 in München. Dort wurde er – ausgebildet von dem Schauspieler und Moderator Joachim „Blacky“ Fuchsberger – Hallensprecher bei den Schwimmwettkämpfen.
Erfolgreich bei Europa- und Weltmeistermeisterschaften
Aber auch als Schwimmer war Helmut Künzel noch viele Jahre unterwegs. Als „Seniorenschwimmer“ sammelt er in den 90er Jahren noch viele Titel und Rekorde. Er wird Deutscher Meister, Europameister und wird im Jahr 2000 – er ist 73 Jahre – in „seiner“ Olympia-Halle in München dreifacher Weltmeister über 50, 100 und 200 Meter Rücken. In seiner Paradedisziplin, in der er schon als 14-jähriger „Pimpf“ Reichsmeister wurde. Damals, vor fast 60 Jahren, schwamm er nur sieben Sekunden schneller.
Stephan Müller
Stephan Müller (54) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.